Holger Tewes-Kampelmann

Der Kapital­manager von der Allianz Re

Früher haben Versicherer Risiken abgeschätzt und Policen verkauft. Das war´s. Heute steckt mehr drin. Beispielsweise wird Kapitalmanagement wichtiger. Holger Tewes-Kampelmann ist der richtige Mann dafür.

Der Kapital­manager von der Allianz Re

Von Michael Flämig, München

Kapitalmanagement ist ein großes Thema für die Allianz, wie die Mega-Deals mit Altbeständen in der Lebensversicherung belegen. Dies wird sich in der anbrechenden Woche auf andere Weise erneut zeigen. Denn rund um die Aufsichtsratssitzung am Donnerstag und die Bilanzpressekonferenz am Freitag könnte der Versicherer Farbe bekennen: Welche Mittelabflüsse bringen ein Vergleich mit US-Klägern und die Strafen der Justiz rund um fehlgeschlagene Investmentstrategien der Tochter AGI? Aus der Sicht mancher Investoren ist an der Antwort vor allem interessant, ob noch genügend Geld für wie versprochen steigende Ausschüttungen, für Aktienrückkäufe und schon auch für Investitionen vorhanden ist – eben ob das Kapitalmanagement dies sicherstellt.

Im Team von Helmut Perlet

Holger Tewes-Kampelmann hat mit den US-Klagen nichts zu tun. Schließlich leitet er seit Mai 2021 als CEO die Allianz Re. Trotzdem ist der 46-Jährige einer jener Manager, die dazu beitragen, dass der Versicherer Milliardenzahlungen gut abfedern kann. Natürlich steht dabei das operative Geschäft im Vordergrund, schließlich musste dort das Geld erwirtschaftet werden. Aber letztlich kann auch ein Kapitalmanagement dafür sorgen, dass Mittel frei werden.

Tewes-Kampelmann ist wie geschaffen für diese Aufgabe. „Ich mag Zahlen und Finanzen“, bekennt er. Ob nun die Hinterlassenschaft der ehemaligen US-Tochter Fireman’s Fund klug abgewickelt werden muss oder der Kapitaleinsatz in der Lebensversicherung optimiert werden soll – immer ist Tewes-Kampelmann mit Rat und Tat dabei.

Familiär geprägt, weil der Vater in einer Volks- und Raiffeisenbank aktiv war, stieg der Diplom-Kaufmann im Jahr 2002 als Risikoanalyst bei der damaligen WestLB ein. Zwei Jahre später wollte Tewes-Kampelmann nach München umziehen – und landete bei der Allianz in der Abteilung Group Planning & Controlling. Es war eine bewegte Zeit, nicht nur weil die Dresdner Bank zu lenken war. Der Versicherer, der wenige Jahre zuvor noch die Quartalszahlen auf nur einigen DIN-A-4-Seiten veröffentlicht hatte, erarbeitete sich ein umfassendes Steuerungssystem.

Mit dem damaligen Finanzvorstand Helmut Perlet, der später an die Spitze des Aufsichtsrats rücken sollte, arbeitete Tewes-Kampelmann sechs Jahre eng zusammen, um dann die Übergabe an dessen Nachfolger und heutigen Vorstandschef Oliver Bäte zu unterstützen. „Ich hatte relativ viel zu Kapitalmanagement und Risiko gearbeitet“, erinnert sich Tewes-Kampelmann. Seine Überlegung sei gewesen: „Man kann mit Rückversicherung noch mehr Kapitalmanagement machen.“

Der logische Schritt: Im Jahr 2012 wechselte Tewes-Kampelmann als Finanzvorstand zur Allianz Re, die für die Gruppe die Rückversicherung orchestriert – und trieb die Idee, Kapitalmanagement zu betreiben, weiter voran. Dies sei nach einiger Zeit etwas mehr als ein Hobby gewesen, erzählt Tewes-Kampelmann. Daher habe er es vier Jahre später zu seiner Hauptaufgabe gemacht.

Für die Führung der Allianz-Gesellschaft Resolution Management sei er in die USA gegangen, um dort die Altlasten von Fireman’s Fund und ehemaligen AGCS-Gesellschaften abzubauen. Ein langweiliges Zahlendrehergeschäft? Keineswegs. Er scherze gerne, so Tewes-Kampelmann: „Das ist der Stoff, aus dem Filme gemacht werden.“

Für die Menschen da

Tatsächlich haben sich erfolgreichen Hollywoodfilme wie „Erin Brockovich“ ähnlicher Sujets angenommen. Leider würden die Akteure auf der Finanzseite manchmal als Bösewicht dargestellt, sagt Tewes-Kampelmann. Dies entspreche aber nicht den Tatsachen: „Die Wirklichkeit bei solchen komplexen Schaden- und Streitfällen sieht oft anders aus.“

Versicherungen seien nicht die Bösen, die Geschädigten das Geld vorenthalten wollten: „Bei unserem aktiven Schadenmanagement des Run-off-Portfolios von Fireman’s Fund bemühen wir uns zum Beispiel immer um Lösungen, die auch im Interesse des Geschädigten sind.“ So habe zum Beispiel auf das Einwirken der Allianz hin ein Patient, der lange Zeit ohne entsprechende Indikation mit Opiaten behandelt worden sei – also mit Schmerzmitteln für Schwersterkrankte –,  durch den Wechsel auf einen anderen Behandlungsplan nach seinen eigenen Worten „sein Leben zurückgewonnen“.

Den Anspruch, für die Menschen da zu sein, verkörpert Tewes-Kampelmann tatsächlich. Er gehört einer Führungsgeneration in der Allianz an, die zwar Zahlen und Finanzen zugetan ist, aber darüber hinauszublicken vermag. Die Beförderung zum CEO ist die Anerkennung dafür.

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