Der letzte Kampf von Gewerkschaftsführer Martinez
Von Gesche Wüpper, Paris
Das traurige Ende eines roten Königs, urteilt das französische Nachrichtenmagazin „Le Point“. Während in Frankreich die Gegner der Rentenreform über das weitere Vorgehen beraten, toben hinter den Kulissen der kommunistischen Gewerkschaft CGT (Confédération générale du travail) die Grabenkämpfe, wer in die Fußstapfen von Philippe Martinez treten darf. Der Einsatz dafür, dass das Renteneintrittsalter in Frankreich auch künftig bei 62 Jahren und nicht bei 64 liegen soll, ist sein letzter Kampf an der Spitze der Gewerkschaft.
Freitag, genau einen Tag bevor er selber 62 Jahre alt wird, will der gelernte Metallbauer die Führung der CGT abgeben. Die Frage an wen spielt auch bei den Protesten gegen die Rentenreform eine Rolle. Für seine Unterstützung der Forderung von Laurent Berger von der gemäßigten CFDT, Vermittlungsgespräche für die Rücknahme der Reform mit der Regierung zu führen, erntete Martinez heftige Kritik. „Kamerad Martinez, wer hat Dir das Mandat erteilt, von Mediation zu sprechen, während die Arbeiter auf die Straße gehen?“, stellte ihn eine Gewerkschaftskollegin zur Rede. Denn auf dem Kongress der CGT, der Montag in Clermont-Ferrand begann, bringen sich nun die Vertreter des radikalen Flügels in Stellung.
Martinez, der früher – inzwischen aber nicht mehr – Mitglied der kommunistischen Partei war und seine berufliche Karriere bei Renault in Boulogne-Billancourt begonnen hat, steht seit 2015 an der Spitze der 1895 gegründeten und damit ältesten Gewerkschaft Frankreichs. Trotz seines Alters kann er jetzt jedoch noch nicht in Rente gehen, da ihm noch Beitragszeiten fehlen, um seine vollen Rentenansprüche geltend zu machen. „Ich gehe zu Renault zurück, meinem ursprünglichen Arbeitgeber, ins Technocentre von Guyancourt“, sagte er „Le Monde“.
Der charismatische Gewerkschaftsführer, der mit seinem buschigen Schnauzbart ein wenig an ein Walross erinnert, hatte eigentlich Marie Buisson als seine Nachfolgerin auserkoren. Doch innerhalb der CGT gibt es heftigen Widerstand gegen die feministische Lehrerin, die sich für Umweltschutz starkmacht. Auf dem Kongress wurde der Tätigkeitsbericht von Martinez und seinem Team mit knapper Mehrheit abgelehnt. Beobachter in Frankreich werten das als Ohrfeige für den scheidenden Gewerkschaftsführer und vor allem als Absage an seine Wunschkandidatin.
Ihre Chancen scheinen immer mehr zu schwinden, denn Olivier Mateu, ein als ultraradikal eingestufter Gegenkandidat, hat Mittwoch der anderen Gegenkandidatin Céline Verzeletti ein Bündnis angeboten, gemeinsam die Führung zu übernehmen. Die Gefängniswärterin sieht Streiks als wichtigstes Mittel zur Durchsetzung von Forderungen.