Eni-Chef Descalzi schwimmt obenauf
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Für Eni-CEO Claudio Descalzi, Jahrgang 1955, könnte es momentan kaum besser laufen. Nie stand der vierfache Vater, der seit 2014 an der Spitze des teilstaatlichen italienischen Energiekonzerns steht, so im Zentrum der Aufmerksamkeit. Kürzlich reiste er mit Außenminister Luigi Di Maio nach Algerien, um über höhere Gasbezüge zu verhandeln.
Und vor einigen Tagen gab Eni bekannt, mit dem lokalen Partner Sonatrach neue Öl- und Gasvorkommen in dem nordafrikanischen Land entdeckt zu haben. Descalzi verspricht in der wegen des Ukraine-Kriegs sehr angespannten Lage eine deutliche Erhöhung der Gasförderung. Vor allem in Afrika hat der mit einer Kongolesin verheiratete Mailänder, der im Kongo und in Nigeria für Eni gearbeitet hat und mehrere Jahre für deren Afrika-Geschäft verantwortlich war, ein enges Netzwerk. Im März 2021 wurde er in einem Prozess, in dem es um Korruptionsvorwürfe ging, freigesprochen.
Der promovierte Physiker ist gefragt wie nie. Eni hat für 2021 einen Nettogewinn von 4,7 Mrd. Euro bekannt gegeben – den höchsten seit zehn Jahren. Im neuen Strategieplan bis 2025 sind 1,1 Mrd. Euro für ein weiteres Aktienrückkaufprogramm vorgesehen. Außerdem verspricht das Unternehmen eine Dividende von 86 bis 88 Cent je Aktie.
Die Präsenz in Russland ist laut Descalzi, dessen Vertrag bis Frühjahr 2023 läuft, „nicht signifikativ“. Ein Joint Venture mit Rosneft ist seit 2014 eingefroren. Die Beteiligung an der Gaspipeline Blue Stream aus Russland durch das Schwarze Meer und die Türkei soll verkauft werden.
Descalzi hat auch sonst die Zeichen der Zeit erkannt. Er will die CO2-Emissionen bis 2040 gegenüber 2018 um 80% reduzieren und setzt auf den Ausbau erneuerbarer Energien. Die norwegische Tochter Vår Energi hat er erfolgreich an die Börse gebracht. Im Laufe des Jahres sollen 20 bis 30% von Plenitude, der Tochter für erneuerbare Energien, E-Mobilität und das Retail-Geschäft, an den Aktienmarkt gebracht werden. Deren Produktionskapazität im Bereich erneuerbarer Energien soll bis Ende 2022 von 1 auf 2 Gigawatt (GW) verdoppelt werden und bis 2025 auf 6 GW wachsen – mit einem Investitionsvolumen von 6 Mrd. Euro.
Obwohl Italiens Energieunternehmen einen Teil ihrer Gewinne zur Abfederung der gestiegenen Energiepreise an den Staat abführen müssen, läuft es an der Börse sehr gut: Der Aktienkurs ist binnen zwölf Monaten um 28,7% gestiegen. Descalzi hat also viel Grund zur Freude.