Epic-CEO Tim Sweeney lehrt Tech-Riesen das Fürchten
CEO von Epic Games lehrt Tech-Riesen das Fürchten
xaw New York
Tim Sweeney lehrt die Tech-Riesen das Fürchten. Denn der CEO des Spieleentwicklers Epic Games zieht seit rund drei Jahren gegen Apple und Alphabet in den juristischen Kampf und hat dabei eine wichtige Schlacht für sich entschieden. So urteilte ein US-Gericht Anfang Dezember, dass Google in ihrem Play Store eine illegale Monopolstellung ausnutze und Entwicklern von Drittparteien-Software unmäßig hohe Gebühren abpresse. Bei Verkäufen von Apps für das Smartphone-Betriebssystem Android über seinen Marktplatz behält der Suchmaschinengigant bis zu 30% der Erlöse ein.
Als "Sieg für alle App-Entwickler und Nutzer rund um wie Welt" bezeichnete Epic Games das Urteil. CEO und Mehrheitsaktionär Sweeney sprach von einer "Wiederbelebung" der Potenziale auf Android. Sein Kampf ist damit aber noch nicht beendet. Denn während Alphabet nun in Berufung zu gehen plant, will Sweeney mit Apple den zweiten großen Betreiber von Software-Marktplätzen für das Smartphone vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten niederringen.
Unternehmensgründung im Keller
Die privat gehaltene Epic, im Jahr 1991 im Keller von Sweeneys Elternhaus gegründet und für das Ballerspiel "Fortnite" bekannt, klagte 2020 auch gegen die Praktiken im App Store. Ein Jahr später urteilte eine US-Bezirksrichterin, dass Apple die Zahlungsmöglichkeiten in Apps nicht mehr auf die eigene Plattform beschränken darf. Allerdings zwang sie den Konzern nicht wie von Sweeney angestrebt, Downloads auf das iPhone auch von Quellen außerhalb des App Stores zuzulassen. Ein Rückschlag für Epic, die nun gespannt auf eine Entscheidung des Supreme Court in dem Fall wartet.
Es mag nach einem Klischee der Tech-Szene klingen, doch Sweeney sieht tatsächlich Möglichkeiten, wo andere längst aufgegeben haben. Der 53-Jährige verfolgte den Rechtsstreit gegen Google auch weiter, nachdem andere an der Klage beteiligte Unternehmen sich zu Vergleichen breitschlagen ließen. Mit seinem Unternehmen, das er im Alter von 20 Jahren unter dem Einsatz von 4.000 Dollar an persönlichen Ersparnissen startete, brach er die über Jahrzehnte etablierten Strukturen der Videospielindustrie auf.
Strukturen aufgebrochen
Bevor Epic, die bei einer Finanzierungsrunde im April 2022 auf eine Bewertung von rund 32 Mrd. Dollar kam, mit "Fortnite" ihren Siegeszug startete, dominierten wenige große Franchises den Markt. Dazu zählten Reihen wie "Call of Duty", für deren aktuelle Versionen Zocker rund 60 Dollar bezahlten. Spielbar waren die Titel jeweils auf nur einem System – Nutzer trafen die Grundsatzentscheidung, ob sie sich eine X-Box von Microsoft, eine Playstation von Sony oder einen Computer anschafften und erwarben dann die ausschließlich für diese Endgeräte verfügbaren Discs oder Downloads.
Sweeneys Unternehmen legte 2018 hingegen eine kostenlose Battle-Royale-Version von "Fortnite" auf, die plattformübergreifend spielbar war. Playstation-Zocker konnten virtuell also X-Box-Käufer abknallen und umgekehrt. Das "Crossplay" brachte Epic ein rasantes Nutzerwachstum ein, die Zahl der "Fortnite"-Spieler sprang zwischen 2017 und 2020 von 20 auf 350 Millionen. Die Monetarisierung erfolgt dabei über In-Game-Erlöse: Spieler zahlen also stetig für neue Inhalte, statt eine Einmalinvestition in ein abgeschlossenes Spiel zu tätigen.
Doch auch für Sweeney, der mit elf Jahren das Programmieren lernte, schien die Erfolgsserie ein Ende zu haben. Spätere "Fortnite"-Saisons kamen bei den Zockern weniger gut an, neue Battle-Royale-Shooter zogen das Interesse auf sich. Und dann kam der Kampf mit Apple und Alphabet: Nachdem Epic eine Möglichkeit entwickelte, die Beteiligung der Tech-Riesen an In-Game-Käufen zu umgehen, schmissen die Konzerne "Fortnite" aus ihren Stores.
Einsparungen nötig
Der resultierende Nutzerschwund machte Einsparungen nötig: Im September setzte Epic 830 Mitarbeiter, also rund 16% der Belegschaft, vor die Tür. Kostenseitig machte sich auch eine 520 Mill. Dollar schwere Zahlung bemerkbar, zu der sich Epic 2022 im Rahmen eines Vergleichs mit der Verbraucherschutzbehörde FTC bereiterklärte. Der Vorwurf: Der Entwickler habe den Datenschutz von Kindern gefährdet und Nutzer zu unbeabsichtigten In-Game-Käufen getrieben.
Der Epic-Gründer, laut Bloomberg privat über 6 Mrd. Dollar schwer, arbeitete daran, die Sichtbarkeit seiner Marke durch Kooperationen mit Künstlern und anderen Unternehmen trotzdem zu erhöhen. Auch Updates für "Fortnite" bringen dem Entwickler wieder höheres Interesse ein. Im November verbrachten Nutzer der Streaming-Plattform Twitch mehr als 115 Millionen Stunden damit, anderen beim Zocken des Shooters zuzusehen. Im Oktober waren es rund 37 Millionen Stunden. Durch seinen Kampf gegen die Tech-Riesen will Sweeney zusätzliche Potenziale erschließen. Würde "Fortnite" wieder auf dem iPhone verfügbar, könnte Epic laut dem Gründer zusätzlich auf mehr als eine Milliarde potenzieller Kunden zugehen.