Ex-Meinl-Banker Weinzierl droht Auslieferung an die USA
Ex-Meinl-Banker Weinzierl droht Auslieferung an USA
Von Tobias Fischer, Frankfurt
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Seit gut dreieinhalb Jahren sitzt der frühere Vorstandschef der verblichenen Meinl Bank aus Wien, Peter Weinzierl, in Großbritannien fest. Nun soll seine Auslieferung an die USA bevorstehen. Aufgrund eines internationalen Haftbefehls der Amerikaner war er im Mai 2021 nach seiner Ankunft mit seinem Privatflugzeug auf einem Flughafen bei London verhaftet worden. Ein CIA-Agent soll ihn in die Falle gelockt haben, behauptet Weinzierl, der sich in Großbritannien aktuell gegen Auflagen auf freiem Fuß befindet.
Vorwurf der Geldwäsche
Die US-Justiz wirft ihm und seinem Vertrauten, dem Ex-Meinl-Bank-Prokuristen Alexander Waldstein, vor, in den Schmiergeldskandal des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht verwickelt gewesen zu sein und Geldwäsche betrieben zu haben. Von 2006 bis 2016 sollen sie über die Meinl Bank Antigua, eine Tochtergesellschaft des Wiener Stammhauses, insgesamt rund 170 Mill. Dollar durch das US-Finanzsystem bugsiert haben.
Bestechung angelastet
Der Anklageschrift vom Mai 2021 zufolge wurden „betrügerische Transaktionen und Scheinverträge“ genutzt, um Gelder von auf Odebrecht lautenden Bankkonten in New York über die Austrian Bank auf Offshore-Bankkonten zu verschieben, die heimlich dem Bauunternehmen gehörten. Diese Mittel seien dann zur Bestechung von Entscheidungsträgern verwendet worden, um so öffentliche Bauaufträge an Land zu ziehen. Auch wenn das Oberste Gericht Brasiliens im vergangenen Jahr Beweise in der Causa für nichtig erklärt hat, so ist Weinzierl nicht aus dem Schneider. Entscheidend ist das Verdikt des High Court, wo der Österreicher gegen seine Auslieferung Berufung eingelegt hatte. Zuvor hatten ein anderes Gericht sowie das britische Innenministerium dem US-Begehren zugestimmt. Die Entscheidung sei von Januar an zu erwarten, schreibt der Wiener „Standard“.
Weinzierl streitet sämtliche Vorwürfe ab. „Die ganze Sache ist absurd“, sagte er zur Tageszeitung „Kurier“. „Ich werde als Österreicher in England von den Amerikanern festgehalten für eine angebliche Steuerhinterziehung in Brasilien, für die in Brasilien selbst niemand verurteilt wurde.“ Würden die US-Vorwürfe stimmen, fuhr Weinzierl demnach fort, wären er und Waldstein „die blödesten Geldwäscher der Geschichte“. Geld hätten sie nämlich nicht gesehen.
Verfahren in Wien eingestellt
Es sind nicht die einzigen Beschuldigungen gegen den einstigen Spitzenbanker, auch wenn die Staatsanwaltschaft Wien 2024 ein seit gut 15 Jahren laufendes Verfahren wegen möglichen Anlegerbetrugs fallen ließ. Weinzierl gehörte von 1999 bis 2015 dem Vorstand der Meinl Bank an, die auf die altehrwürdige Kaffeerösterei zurückgeht und 1923 als „Spar- und Kreditverein der Freunde & Angestellten der Julius Meinl AG“ ins Leben gerufen worden war. Fast ein Jahrhundert nach der Gründung kam 2019, kurz nach der Umfirmierung in Anglo Austrian AAB Bank, das Ende. Die EZB entzog dem kleinen Institut die Lizenz für das Bankgeschäft, weil es die Wiener nach Ansicht der Aufseher mit der Geldwäscheprävention nicht so genau nahmen.
Ohnehin sind sich Aufseher, zumindest österreichische, und Weinzierl in herzlicher Abneigung verbunden. In seinem Heimatland lieferte er sich über viele Jahre Scharmützel mit der dortigen Finanzaufsicht FMA, die teils groteske Züge annahmen. Die FMA fühlte sich wiederholt genötigt, öffentliche Aussagen Weinzierls via Pressemitteilung klarzustellen. Einmal wies sie Vorwürfe „auf das Entschiedenste“ zurück, sie arbeite nicht korrekt und komme ihrem gesetzlichen Auftrag nicht vollumfänglich nach. Ein anderes Mal fühlte sie sich in einer länglichen Mitteilung genötigt, „wiederholt geäußerte falsche Tatsachenbehauptungen und Fehlinterpretationen von Fakten, wie sie von der Meinl Bank in Medien gemacht wurden“, richtigzustellen.
Rauswurf zuvorgekommen
Mehrfache Versuche der nationalen Aufseher, Weinzierl mangels fachlicher und persönlicher Qualifikation aus dem Bankvorstand zu entfernen, scheiterten am Bundesverwaltungsgericht, das formale Gründe für seine Entscheidungen anführte. 2015 schließlich kam er einer weiterhin drohenden Abberufung zuvor, wechselte aber in den Aufsichtsrat.
Fehden führte er auch mit Vertretern von Justiz und Medien. Nicht nur verbal teilte Weinzierl kräftig gegen sie aus, sondern er soll sie sogar bespitzelt haben lassen. Dass er versucht habe, über verschiedene Personen Informationen einzuholen, bestritt er 2015 in einem Interview im österreichischen Nachrichtenmagazin „Profil“ nicht. „Aber Gerüchte, wir hätten die Staatsanwaltschaft Wien verwanzen lassen oder Verfahrensbeteiligte mit Stalking-Anrufen behelligt, sind einfach absurd“, erklärte er. Journalisten wiederum stellte er als willige Werkzeuge der Aufsicht dar.
Die Staatsanwaltschaft warf ihm und dem früheren Vorstands- und Aufsichtsratschef Julius Meinl V. Untreue vor, da Detektive und Personenschützer zwar von der Bank bezahlt worden, aber für den persönlichen Einsatz bestimmt gewesen seien. Durch die Anschuldigungen, die er als Verzweiflungstat eines irregeleiteten Justizsystems brandmarkte, fühle er sich „verarscht“, kommentierte Weinzierl, der sich selbst als ehrlichen und friedfertigen Menschen beschreibt.
„Paranoia“ entwickelt
Die fortwährenden Streitigkeiten haben Weinzierl, der stets seine Unschuld beteuerte, jedenfalls zugesetzt. „Im Laufe der Jahre entwickelt man eine ziemliche Paranoia“, bekundete er 2015 in „Profil“. Weil er sich in der Alpenrepublik nicht mehr wohlgefühlt habe, zog es ihn schließlich nach Tschechien. Wann bzw. ob er seine Wahlheimat wiedersieht, steht in den Sternen. Wenn er an die USA ausgeliefert wird, drohen ihm dort bis zu 70 Jahre Haft.