Landesbanken

Ex-Nord/LB-Chef Bürkle wird 70

Ex-Nord/LB-Chef Thomas Bürkle wird 70. Langweilig ist ihm seit dem Ausscheiden aus der Bank, die 2019 mit Milliardenhilfen gestützt werden musste, noch nicht geworden, wie er mitteilt.

Ex-Nord/LB-Chef Bürkle wird 70

Ende 2021 nahm Thomas Bürkle Abschied von der Nord/LB. Rund 20 Jahre lang war der Diplom-Volkswirt im In- und Ausland für den Landesbank-Konzern tätig – die letzten acht Jahre im Vorstand. Anfang 2014 auf die Position des Risikovorstands befördert, rückte er drei Jahre später an die Vorstandsspitze in Hannover. Die fachliche Expertise des gebürtigen Freiburgers als Chief Risk Officer war gefragt. Die Schifffahrtskrise hatte infolge einer überbordenden Risikovorsorge gerade – im Jahr 2016 – zu einem Rekordverlust von 2 Mrd. Euro geführt. Die an den Abgrund geratene Tochter Bremer Landesbank musste aufgefangen und vollständig übernommen werden.

Damals ließ sich wohl in Umrissen, aber sicherlich nicht in allen Einzelheiten abschätzen, wie aufregend der Posten als Vorstandsvorsitzender der Nord/LB in den Folgejahren noch werden würde. Kaum zwei Jahre später hatte sich nach beendeten Gesprächen über eine Fusion mit der Helaba und einem neuerlichen Rekordverlust im Geschäftsjahr 2018 von fast 2,4 Mrd. Euro offenbart, dass die viertgrößte deutsche Landesbank zum Überleben dringend Unterstützung benötigte. Von mehr als 3 Mrd. Euro zusätzlichem Kapital war die Rede –  vor allem zur Abdeckung der Risiken im Schiffsportfolio, aber auch zur Restrukturierung und Redimensionierung der Bank sowie zur Etablierung eines zukunftsträchtigen Geschäftsmodells.

Bürkle hatte sich da Mitte 2018 vom Aufsichtsrat schon in die Pflicht nehmen lassen, bis Ende 2021 Bankchef zu bleiben und den Vertrag vorzeitig um zwei Jahre verlängert. In Zeiten des Umbruchs sei es wichtig, „personelle Kontinuität zu wahren“, erklärte der damalige niedersächsische Finanzminister und Nord/LB-Aufsichtsratsvorsitzende Reinhold Hilbers. Bürkle habe die grund­legende Transformation der Bank eingeleitet, mit ihm wolle man die „gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit“ fortsetzen.

Kurz vor Weihnachten 2019 war die Rekapitalisierung und damit den Erhalt der Nord/LB schließlich geglückt und unter Dach und Fach. Die EU-Kommission billigte die Stärkung der Kapitalbasis um 3,6 Mrd. Euro durch die Altträger sowie die Sparkassen-Finanzgruppe – verbunden mit Schrumpfkurs und Neuausrichtung der Landesbank, aber auch mit mittelfristigen Finanzzielen wie einer Eigenkapitalrendite von 7%. Der Geschäftsplan bis 2024 sah nun unter anderem vor, dass sich das Institut aus der Schiffsfinanzierung zurückzieht, die Bilanzsumme um rund 50 Mrd. Euro auf 95 Mrd. Euro reduziert und die Stellenzahl auf bis zu 2800 halbiert.

Plangemäß ist die Nord/LB seitdem nicht vorangekommen. Unter anderem bremste die Coronakrise auch in Hannover: Ende 2020 ließ Bürkle durchblicken, dass sich mögliche Gewinnausschüttungen voraussichtlich um zwei Jahre verzögern und die Bank erst von 2025 an dividendenfähig sein werde. Auch der im Jahr 2021 erreichte kleine Konzerngewinn von 19 Mill. Euro zeigte an, dass der Weg bis zur Genesung für die massiv in ihre IT-Infrastruktur investierende Landesbank noch ein weiter ist. Im Zuge des fortgeschrittenen Abbaus von Risiken bemüht sich das Institut zur Sicherung seiner Zukunft inzwischen verstärkt um profitables Neugeschäft in ihren Kernsegmenten. Nach Bürkle trägt heute der ehemalige HypoVereinsbank-Manager Jörg Frischholz die Verantwortung.

Wie erfolgreich kommt die Landesbank mit ihren Plänen voran? Kein Kommentar, lässt der frühere Bankchef Bürkle wissen. Er hat sich von seinen Aufgaben verabschiedet, daher wolle er sich auch keinerlei Einschätzungen zur Nord/LB von der Außenlinie erlauben. Die Entwicklungen der Bank verfolge er weiterhin interessiert, sagt er im Gespräch. Zugleich beschäftigen ihn aber auch eine Reihe von Mandaten, Projekten und persönlichen Interessen. Langweilig sei ihm seit dem Ausscheiden aus der Nord/LB jedenfalls noch nicht geworden.

So nimmt Bürkle seit Anfang vergangenen Jahres Aufgaben als Berater bei Boston Consulting wahr. Bereits seit 2018 gehört er dem Aufsichtsrat der in Hannover ansässigen VHV Versicherungen an. Weiterhin ist Bürkle als britischer Honorarkonsul in Hannover tätig. Bei der Niedersächsische Landesforsten, einem öffentlichen Unternehmen, das den niedersächsischen Landeswald be­wirtschaftet, gehört der Hobby-Jäger als Vertreter der Wirtschaft dem Verwaltungsrat an. Sachkenntnisse im Bereich Forstwissenschaften vertieft Bürkle seit dem Wintersemester als Gaststudent an der Universität in Göttingen.

Zwei- bis dreimal pro Woche gehe es ferner in einem Fitnessstudio in Hannover um den Erhalt der Gesundheit, teilt der Vater einer Tochter und zweier Söhne mit, der seit langem auch gerne mit dem Motorrad unterwegs ist. Nach dem Tod seiner Ehefrau vor mehr als drei Jahren ist Bürkle mittlerweile neu liiert. Gemeinsam mit seiner Partnerin beschäftigt ihn in der niedersächsischen Wahlheimat derzeit der Bau eines Hauses. Eine Pause von allen Verpflichtungen und Projekten steht, wie er hinzufügt, in den kommenden Tagen an. In Prag, wo Bürkle vor dem Wechsel zum Nord/LB-Konzern vor zwei Jahrzehnten mehrere Jahre beruflich für eine Bank tätig war, will er an diesem Montag seinen 70. Geburtstag verbringen.