Erfahrener Manager beim Energieversorger

Flavio Cattaneo ist Melonis Mann bei Enel

Seit mehr als einem Jahr ist Flavio Cattaneo CEO des Energieversorgers Enel. Dort setzt er klare Akzente und dürfte damit auch in Rom Anklang finden.

Flavio Cattaneo ist Melonis Mann bei Enel

Energieversorger Enel

Melonis „Mann“ bei Enel

Der erfahrene Manager setzt auf Rentabilität und den Heimatmarkt Italien

bl Mailand
Von Gerhard Bläske, Mailand

Die italienische Premierministerin Giorgia Meloni hat Flavio Cattaneo (60) im Mai des vergangenen Jahres zum CEO des italienischen Versorgers Enel ernannt: Er war ihr Wunschkandidat für den Posten an der Spitze des zweitteuersten Konzerns des Landes. So wie die anderen Manager, die sie an die Spitze der staatlichen oder halbstaatlichen Konzerne gesetzt hat, hat auch Cattaneo den richtigen politischen Stallgeruch. Und so wie einige seiner „Kollegen“ kam auch er kürzlich zum Parteikonvent der Meloni-Partei Fratelli d’Italia nach Pescara an der Mittleren Adria. Aber anders als etwa Leonardo-Präsident Stefano Pontecorvo wollte der in zweiter Ehe mit der politisch links stehenden Schauspielerin Sabrina Ferilli verheiratete Manager nicht mit dem T-Shirt „Italien verändert Europa“ für die Kamera posieren.

Neue Akzente bei Enel

Cattaneo, der in Rho bei Mailand geboren wurde und außer einem Architekturstudium auch einen Abschluss der Bocconi School of Management in der Tasche hat, ist ein alter Fahrensmann. Er war (erfolgreicher) Chef von Telecom Italia, der Mailänder Messe, des staatlichen Radio- und Fernsehsenders Rai und Ex-Vizepräsident des privaten Bahnhochgeschwindigkeitsbetreibers NTV. Außerdem hatte und hat er diverse Verwaltungsratsmandate – etwa bei der Versicherung Generali.

Bei Enel setzt er etwas andere Akzente. Vor seiner Zeit seien die Investitionen „etwas zu ideologisch“ erfolgt, sagte er vor einigen Monaten. Zwar führt er im neuen Strategieplan 2024 bis 2026 den Ansatz seines Vorgängers Francesco Starace weiter. Dazu gehören der Fokus auf sechs Kernmärkte und die Verkäufe zahlreicher Beteiligungen – gerade erst in Peru. Doch er geht bei neuen Investitionen selektiver vor, investiert weniger in erneuerbare Energien und mehr in den Ausbau der Netze – auch mithilfe von 3,5 Mrd. Euro aus dem Europäischen Wiederaufbauprogramm Next Generation und der Beteiligung von Partnern wie Investmentfonds.

Schwerpunkt auf die Rentabilität

Ferner legt Cattaneo den Schwerpunkt stärker auf die Erhöhung der Rentabilität sowie die Reduzierung der hohen Verschuldung auf das Niveau, das Konkurrenten haben. Außerdem ist der Heimatmarkt Italien wieder stärker in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Dahin fließt nun die Hälfte der geplanten Investitionen. Entscheidend sei die ökonomische Rentabilität, findet Cattaneo, der als Aktionär von NTV und durch diverse Abfindungen aus der Vergangenheit über ein erhebliches Privatvermögen verfügt. Ein solides Wirtschaften käme auch den Aktionären zugute, zu denen mit einem Anteil von 23,6% auch der Staat gehört.

Die gerade für das erste Quartal 2024 vorgelegten Zahlen bestätigen ihn. Der Nettogewinn ist trotz des massiven Umsatzrückgangs aufgrund eines Preisverfalls in der thermoelektrischen Stromerzeugung um 86% auf 1,9 Mrd. Euro gestiegen. Der Anteil der grünen Energie-Erzeugung am Umsatz hat sich massiv erhöht. Die Investitionen ins Netz betrugen mehr als 50% der Gesamtinvestitionen, und auch beim Schuldenabbau ist Enel vorangekommen. Die Verschuldung ist – inklusive der vor dem Abschluss stehenden Projekte – auf 54 Mrd. Euro zurückgegangen und soll weiter sinken. Das schaffe auch Transparenz für die Aktionäre. Dass dazu auch der Staat gehört, ist nicht ganz unwichtig. Denn Rom ist klamm und die Dividendenerlöse werden dringend benötigt.

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