Angebliche Komplizenschaft

Formelle Ermittlungen gegen Telegram-Chef Durow eingeleitet

Französische Behörden ermitteln gegen Telegram-Gründer Pawel Durow wegen mutmaßlicher Beihilfe zu Straftaten. Durow darf Frankreich nicht verlassen und muss sich regelmäßig bei der Polizei melden.

Formelle Ermittlungen gegen Telegram-Chef Durow eingeleitet

Wegen mutmaßlicher Beihilfe zu Straftaten haben die französischen Behörden formelle Ermittlungen gegen den Telegram-Gründer Pawel Durow eingeleitet. Der Ermittlungsrichter sah am Mittwoch ausreichende Anhaltspunkte hierfür, wie die Staatsanwaltschaft am Abend bekanntgab. Durow sei zwar gegen Zahlung einer Kaution von fünf Millionen Euro auf freien Fuß gesetzt worden. Er dürfe jedoch Frankreich nicht verlassen und müsse sich zwei Mal pro Woche bei der Polizei melden. Eine Stellungnahme von Durow lag zunächst nicht vor.

Der gebürtige Russe war am Samstagabend kurz nach seiner Landung auf dem Flughafen Le Bourget bei Paris festgenommen worden. Die Behörden werfen Telegram mangelnde Kooperation im Kampf gegen Internet- und Finanzkriminalität vor. Nach französischem Recht durfte Durow maximal 96 Stunden festgehalten werden, bis ein Richter über das weitere Vorgehen entscheidet. Formelle Ermittlungen sind weder ein Hinweis auf ein Vergehen noch führen sie zwangsläufig zu einem Prozess. Allerdings sehen Richter in solchen Fällen einen ausreichenden Anfangsverdacht, um weitere Untersuchungen anzuordnen, die sich mehrere Jahre hinziehen können.

Angebliche Komplizenschaft

Französischen Behörden zufolge leistet Telegram Beihilfe zu Straftaten wie Kinderpornografie und Drogenhandel. Außerdem weigere sich die Plattform, Informationen über Nutzer, die illegale Inhalte verbreiten, an Behörden weiterzuleiten. Diesen Vorwurf erhebt dem „Spiegel“ zufolge auch das Bundesinnenministerium.

Telegram hatte den Vorwurf der Mittäterschaft in einer Stellungnahme nach Durows Festnahme zurückgewiesen. Es sei absurd, ihn für den Missbrauch der Plattform verantwortlich zu machen. „Telegram hält sich an die EU-Gesetze, einschließlich des Digital Services Act (DSA).“ Der europäische DSA verpflichtet Online-Konzerne unter anderem dazu, verstärkt gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Kritiker werfen dem Messengerdienst dagegen vor, ungefiltert Hass, Hetze und Verschwörungstheorien zu verbreiten.

Von Russland nach Dubai

Der 39-jährige Durow residiert mit der von ihm gegründeten Firma Telegram in Dubai. Er hatte Russland 2014 verlassen, nachdem er sich geweigert hatte, Oppositionsgruppen von der Internetplattform VKontakte auszuschließen, die er damals leitete und die er inzwischen verkauft hat. Sein Vermögen wird vom Magazin „Forbes“ auf 15,5 Milliarden Dollar geschätzt. Telegram konkurriert mit anderen Online-Netzwerken wie WhatsApp, Instagram, WeChat oder TikTok. Der Messengerdienst ist unter anderem wegen der Verschlüsselung von Inhalten in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion besonders populär. Der Dienst gilt als wichtige Quelle für ungefilterte, manchmal irreführende Nachrichten zum Ukraine-Krieg. Daher wird Telegram auch „virtuelles Schlachtfeld“ genannt.

In den vergangenen Jahren haben Behörden das Unternehmen immer wieder ins Visier genommen. Russland etwa wollte 2018 den Zugang blockieren, weil sich das Unternehmen geweigert hatte, Sicherheitsbehörden den per Gericht verfügten Zugang zu verschlüsselten Nachrichten seiner Nutzer zu gewähren. Nach Massenprotesten verzichtete die Regierung in Moskau darauf. In einigen europäischen Ländern prüfen Behörden mögliche Datenschutz- und Sicherheitsrisiken. Im April beklagte sich Durow darüber, dass Regierungen versuchten, ihn unter Druck zu setzen. Die App solle aber eine „neutrale Plattform“ bleiben und kein „Akteur in der Geopolitik“ werden.