Andreas Helber im Porträt

Für den Finanzvorstand der Baywa ist die Luft dünner geworden

Der Langzeit-Finanzvorstand des insolvenzgefährdeten Agrarhandelskonzerns Baywa, Andreas Helber, steht massiv unter Druck. Portrait eines Topmanagers, der für das Desaster mitverantwortlich ist.

Für den Finanzvorstand der Baywa ist die Luft dünner geworden

Für den CFO der Baywa wird die Luft dünner

sck München

Am 8. Februar 2023 war die Welt von Andreas Helber noch in Ordnung. An diesem Tag feierte die Baywa mit großem Pomp ihr 100-jähriges Bestehen in einer provisorischen Münchner Kulturmehrzweckhalle unweit der Isar. Und der Finanzvorstand des größten deutschen Agrarhandelskonzerns feierte mit. Prominentester Gast aus der Politik war Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), die Sängerin Sarah Connor mit ihrer Band unterhielt geschätzt rund 1.000 Teilnehmer und sorgte für gute Stimmung. Der damalige Vorstandschef Klaus Josef Lutz (CEO von 2008 bis März 2023) machte aus der Veranstaltung fast eine One-Man-Show auf großer Bühne.

Die Baywa hat das vermutlich einige Millionen Euro gekostet. Im Nachhinein wirkt das Ganze wie ein Tanz auf dem heißen Vulkan. Denn danach ging es für das SDax-Mitglied rapide bergab. Seit Mitte 2023 häufte der Konzern einen Nettoverlust von über 200 Mill. Euro an. Die Zahlen für das zurückliegende zweite Quartal sind darin noch gar nicht eingerechnet. Diese wird Helber erst Ende September der Öffentlichkeit präsentieren. Und sie verheißen ebenfalls nichts Gutes.

Das Unternehmen hat sich mit einer fremdfinanzierten Expansionsstrategie verhoben. Der Schuldenberg beträgt nahezu 11 Mrd. Euro, davon machen Finanzverbindlichkeiten mehr als die Hälfte aus. Die Zinsaufwendungen wachsen dem Konzern über den Kopf. Hinzu kommen umfangreiche Abschreibungen im Geschäft mit Solarpanelen, seitdem China den Weltmarkt mit Dumpingangeboten flutet. Die Baywa ist zu einem Problemfall geworden. Ein finanzielles Rettungspaket der großen Eigentümer, der Kreditgenossen im Freistaat, und der Gläubigerbanken soll die Firma vor dem Untergang, sprich der Pleite bewahren.

Zu spät reagiert

Für das Debakel ist der 58-jährige Manager aufgrund seiner Schlüsselposition im Vorstand mitverantwortlich. Wie die anderen zwei Vorstandsmitglieder Marcus Pöllinger und Reinhard Wolf unterstützte er auch in den vergangenen Jahren den aggressiven Wachstumskurs von Lutz, obwohl die Schulden bereits ein bedenkliches Ausmaß annahmen. Als die Zinswende eintrat und die Marktzinsen nach einer langen Phase des billigen Geldes stiegen, war es für ein konsequentes Gegensteuern zu spät. Dass Helber nicht rechtzeitig Alarm schlug, war sein größter Fehler. Kein anderer hätte es besser wissen müssen.

Der hochgewachsene Diplom-Kaufmann ist ein ausgewiesener Fachmann. Helber ist seit 14 Jahren CFO der Baywa. Lutz sorgte damals entscheidend dafür, dass der Aufsichtsrat ihn in den Vorstand bestellte. Davor war der frühere KPMG-Mitarbeiter zehn Jahre lang Leiter der Konzernfinanzen. Helber, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, kennt das Unternehmen so gut wie kein anderer in der obersten Führungsetage. Und dennoch geriet die Baywa in eine Schieflage. Der Vorstand versagte auf ganzer Linie. Fehlte ihm etwa die Durchsetzungskraft eines CFO, die nötig gewesen wäre, wenn ein Unternehmen Gefahr läuft, aus eigenem Verschulden gegen die Wand zu fahren?

Heft des Handelns verloren

Helbers derzeitiger Vertrag läuft noch bis März 2026. Im Januar, und danach wiederholt, sprach ihm der Aufsichtsrat öffentlich das Vertrauen aus, nachdem Lutz nach einem Machtkampf mit dessen CEO-Nachfolger Pöllinger Anfang des Jahres plötzlich hingeschmissen hatte. Nach seiner Stabübergabe an der Konzernspitze wechselte Lutz in das Kontrollgremium, um dort nahtlos dessen Leitung zu übernehmen. Baywa-Chefaufseher war der 66-Jährige nur acht Monate.

Unter Pöllingers Regie fuhr der Vorstand zwar einen Restrukturierungskurs, doch die Ereignisse überschlugen sich. Am 12. Juli musste die Führung per Ad-hoc-Meldung eingestehen, mit ihrem Latein am Ende zu sein. Der Vorstand erklärte die Firma offiziell zum Sanierungsfall. Seitdem arbeitet Helber faktisch den auf Druck der Gläubigerbanken eingesetzten Unternehmensberatern von Roland Berger und dem Baywa-Sanierungskoordinator von Alix Partners zu. Das Heft des Handelns hat er längst verloren. Die Banken bestimmen nun über das Schicksal der Baywa. Im September soll das Sanierungsgutachten (inklusive Fortführungsprognose) von Roland Berger vorliegen.

Dass Helber trotz des Desasters überhaupt noch im Amt ist, ist dem Umstand geschuldet, dass die bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken ihn für die heiße Phase einer Auffanglösung aufgrund seiner Expertise dringend brauchen. Würden sie ihn vorzeitig austauschen, würde sich der Schaden womöglich noch vergrößern. Nichtsdestotrotz ist die Luft für ihn im obersten Führungsorgan dünner geworden. Es wäre überraschend, wenn der Manager sein Amt bis zum Ende seiner Vertragslaufzeit behielte.

Von Stefan Kroneck, München
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