Hamborner-Chef Karoff steuert unaufgeregt durch die Immobilienkrise
CEO Karoff steuert Hamborner unaufgeregt durch die Immobilienkrise
hek Frankfurt
Von Helmut Kipp, Frankfurt
Nach langen Jahren des Booms haben steigende Finanzierungskosten und herbe Abwertungen im Portfolio so manches Immobilienunternehmen kräftig durchgeschüttelt. Nicht so Hamborner Reit. Mit 0,48 Euro je Aktie, die die Hauptversammlung an diesem Donnerstag beschließen dürfte, erhalten die Anteilseigner weiter eine ordentliche Ausschüttung – die Dividendenrendite bewegt sich bei 7%. Die im Kleinwerte-Index SDax vertretene Aktie hat sich im Vergleich zu den Abstürzen diverser Konkurrenten gut gehalten, auch wenn die Einbußen gemessen an den Topwerten vor Ausbruch der Branchenkrise von rund einem Drittel schmerzen.
Raus aus der High Street
Bei Hamborner, einst ein Bergbauunternehmen, hält man viel von Verlässlichkeit und Unaufgeregtheit. Das heißt jedoch nicht, dass alles beim Alten bleibt. Der seit März 2020 amtierende Vorstandschef Niclas Karoff hat die Strategie nämlich neu justiert. Waren die Duisburger früher ein klassischer Bestandshalter, wird das Portfolio nun aktiver gemanagt. Das zeigt sich vor allem im Rückzug aus sogenannten High-Street-Immobilien, also innerstädtischen Einzelhandelsgebäuden. Dahinter stand die Überlegung, die Verwaltungskosten je Quadratmeter zu senken. High-Street-Läden haben zumeist wenig Fläche, verursachen aber ähnlich hohe Kosten wie größere Objekte.
Derzeit würde der 1971 geborene Karoff, der weiter in Berlin wohnt, gern mehr expandieren, aber höhere Zinsen und die Rückwirkungen des Homeoffice-Trends auf den Büroflächenbedarf lassen vorsichtiges Agieren sinnvoll erscheinen. Im vergangenen Jahr hat Hamborner lediglich zwei Handelsimmobilien für 23,6 Mill. Euro erworben und ein kleines Objekt für 1,5 Mill. Euro veräußert. Im Vergleich zum Gesamtportfolio von 1,47 Mrd. Euro sind das marginale Summen. Hamborner habe ihren Wachstumskurs unterbrechen müssen, „womit wir weniger zufrieden sind“, räumt Karoff im Geschäftsbericht ein.
Vertrag bis Februar 2029
Der Diplom-Kaufmann verfügt nicht nur über Immobilien-Know-how, sondern kennt sich auch im Finanz- und Bankwesen aus. Zunächst arbeitete er als Finanzberater für den Wirtschaftsprüfer BDO und ab 2003 in verschiedenen Positionen für die HSH Nordbank, die heutige Hamburg Commercial Bank. 2010 wechselte Karoff in die Immobilienwirtschaft im engeren Sinne. Er zog in die Geschäftsführung bzw. den Vorstand der Berliner TLG Immobilien ein, der einstigen Treuhand Liegenschaftsgesellschaft, die später vom Konkurrenten Aroundtown übernommen wurde. 2018 verließ er TLG, arbeitete kurze Zeit als selbständiger Berater und ging dann 2020 als CEO zu der seit 1954 börsennotierten Hamborner, wo er im zweiköpfigen Vorstand vor allem für Strategie, Finanzen, Nachhaltigkeit, Portfolio- und Risikomanagement, Investor Relations und Personal zuständig ist. Sein Vertrag läuft bis Februar 2029.
Zwei-Säulen-Strategie
An der Zwei-Säulen-Strategie hält der Firmenchef fest: Neben großflächigen Einzelhandelsimmobilien für die Nahversorgung wie Lebensmittel- und Baumärkten besitzt Hamborner Bürogebäude. Ergänzt wird die sektorale durch eine regionale Diversifizierung über große und mittelgroße deutsche Städte. Der konservative Ansatz zeigte sich auch in dem gemäßigten Verschuldungsgrad, der allerdings infolge der Bestandsabwertung um 10,5% im vergangenen Jahr auf 43,5% per Ende 2023 gestiegen ist. Und die Leerstandsquote ist mit zuletzt 3,0% für eine Gewerbeimmobilienfirma niedrig. Die hohe Dividende hängt mit dem Reit-Status (Real Estate Investment Trust) zusammen, der vorschreibt, dass mindestens 90% des ausschüttungsfähigen Gewinns an die Aktionäre fließen müssen und dort versteuert werden. Im Gegenzug zahlt die Firma keine Körperschaft- und Gewerbesteuer.