Hardliner wird neuer Hongkong-Chef
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Bei der Frage, wer am 8. Mai zum neuen Regierungschef für die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong gewählt wird, sind die Würfel bereits gefallen. Am Mittwoch hat das Hong Kong Liaison Office der chinesischen Regierung wichtige Vertreter der Hongkonger Politik darüber informiert, dass der gegenwärtige Chief Secretary der Hongkonger Regierung John Lee den Segen der Pekinger Führung erhalten hat, um für den Posten zu kandidieren. Gleichzeitig ist Lee am Mittwoch von seinem Posten als Chief Secretary zurückgetreten, was notwendig ist, um zur Wahl für das höchste Regierungsamt anzutreten.
Das Prozedere am 8. Mai ist jetzt nur noch Formsache. Entgegen den bisherigen Usancen in der vormaligen britischen Kronkolonie, die vor 25 Jahren an die Volksrepublik zurückgegeben wurde und im Rahmen des Prinzips „Ein Land – Zwei Systeme“ über eine eigene Verfassung verfügt, wird es diesmal nicht zu einer echten Wahl mit mehreren Kandidaten kommen. Mit dem Erlass des chinesischen Sicherheitsgesetzes für Hongkong vom Juli 2020 als Reaktion auf eine lang andauernde Protestbewegung in Hongkong ist die Hongkonger Legislative komplett überworfen und das Parlament ausschließlich mit Loyalisten, also Peking-treuen Abgeordneten besetzt worden. Diese werden nun, wie bei allen Parlamentsprozeduren auf dem Festland üblich, einen einzigen Kandidaten feierlich willkommen heißen.
Dass nur Lee zur Wahl antreten darf, ist ein eindeutiges Signal dafür, dass Peking auf eine totale Unterwerfung des Hongkonger Regierungsapparates abstellt und eine harte Durchsetzung des Sicherheitsgesetzes mit der weiteren Verfolgung von Oppositionellen und Regimekritikern setzt. Mit Lee bekommen die Hongkonger für die nächsten fünf Jahre jedenfalls einen absoluten Hardliner als Regierungschef vorgesetzt. Der 64-Jährige ist ein Karrierebeamter der Hongkonger Polizeibehörde, der nach den Unruhen in eine politische Funktion wechselte, um als eine Art Sicherheitschef im Pekinger Auftrag zu fungieren.
Im Juni vergangenen Jahres wurde Lee dann von der gegenwärtigen Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam zum Chief Secretary und damit dem zweithöchsten Regierungsamt befördert. Damit stand Lee, der über keinerlei Erfahrung im Umgang mit Regierungsaufgaben zu den gegenwärtigen sozialen Brennpunkten in der Wohnungs- und Gesundheitspolitik verfügt, praktisch schon in der Pole-Position für die Lam-Nachfolge. Nun aber wird Gewissheit, was vor allem die Finanzgemeinde in Hongkong befürchtet hat, nämlich, dass Hongkongs Regierung in den kommenden fünf Jahren mit der für den Finanzplatz so wichtigen Wahrung von Restfreiheiten und der Zuwendung zum Ausland nichts am Hut hat, sondern voll und ganz auf „nationale Sicherheit“ abstellt.