Von Carsten Steevens, Hamburg

Nach langem Sondierungsverfahren hat Volkswagen offenbar die Frage geklärt, wer das neu zu schaffende IT-Ressort im Konzernvorstand von Europas größtem Fahrzeugbauer übernehmen soll. Nach Informationen der Börsen-Zeitung ist Hauke Stars, bis Mitte vorigen Jahres als bis dato einzige Frau im Vorstand der Deutschen Börse, für den Posten in Wolfsburg vorgesehen. Die 54 Jahre alte studierte Informatikerin habe in seit August laufenden Vorstellungsgesprächen überzeugt, so eine Person mit Kenntnis der Abläufe. Volkswagen erklärte, zu Personalspekulationen äußere man sich nicht. Sollte der Aufsichtsrat in seiner geplanten Sitzung am 9. Dezember die Berufung beschließen, würde Stars im Februar 2022 bei Volkswagen anfangen. Mit der Kandidatensuche war der Personaldienstleister Spencer Stuart beauftragt.

Im Raum steht, dass in gut drei Wochen über die Besetzung des IT-Ressorts und auch über weitere Vorstandspersonalien sowie über die Investitionspläne des Konzerns für die kommenden fünf Jahre entschieden wird. Ursprünglich wollte sich der Aufsichtsrat am 12. November mit der diesjährigen Planungsrunde befassen. Doch wurde der Termin infolge eines wieder aufgeflammten Machtkampfs zwischen der Arbeitnehmervertretung und Konzernchef Herbert Diess, in dem der Vermittlungsausschuss des Kontrollgremiums eine Lösung finden will, vertagt. Spekulationen zufolge steht die Zukunft von Vorstandschef Diess zur Diskussion, dessen Vertrag der Aufsichtsrat erst im Juli bis 2025 erneuert hatte.

Die Besetzung des IT-Ressorts ist seit längerem offen, Namen möglicher Kandidaten kursierten bereits. Im Frühjahr galt Katrin Suder als Favoritin für den Posten, doch kam die frühere McKinsey-Managerin und ehemalige Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium in Wolfsburg nicht zum Zug. Die Position des IT-Vorstands hat für den Fahrzeugbauer, der sich in den kommenden Jahren zum softwareorientierten Mobilitätsanbieter wandeln will, erhebliche Bedeutung. Die im Juli vorgestellte, auf das Jahr 2030 ausgerichtete „New Auto“-Strategie von Volkswagen rückt Technologie-Plattformen, etwa die Software-Plattform der neuen Einheit Cariad, und Softwaredienstleistungen als Prioritäten in den Vordergrund.

Stars bringt keine Branchenkenntnisse in der Autoindustrie, aber als ausgewiesene IT-Expertin langjährige Erfahrungen im Umgang mit Daten, Services und Plattformen mit. Ihren Wunsch, nach zwei Amtszeiten aus dem Vorstand der Deutschen Börse auszuscheiden, hatte der Aufsichtsrat des Marktbetreibers „mit großem Bedauern“ entgegengenommen. Zuvor als Landeschefin von Hewlett-Packard für das Geschäft in der Schweiz verantwortlich, war die aus Merseburg stammende Stars 2012 zur Deutschen Börse gewechselt, bei der sie die Verantwortung für das Ressort Information Technology und Market Data + Services Division übernahm. Im Zuge eines Umbaus der Führungsetage unter dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Börse, Carsten Kengeter, änderte sich ihr Verantwortungsbereich. Die IT-Zuständigkeit ging an den damaligen stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Andreas Preuß, Stars wurde für das wieder ins Leben gerufene Kassamarktressort verantwortlich. Im Juni 2018 übernahm sie zusätzlich das Amt der Arbeitsdirektorin des Unternehmens.

Ihre berufliche Laufbahn begann Stars 1992 bei Bertelsmann Mediasystems. Nach weiteren beruflichen Stationen unter anderem bei der Servicom GmbH und der Thyssenkrupp Information System GmbH kam sie 2004 zu Hewlett-Packard Netherlands. Stars, die Mandate in den Kontrollgremien von Fresenius, Kühne + Nagel International sowie RWE wahrnimmt, lebt mit ihrer Familie im Taunus.