Beziehungsklima

Hierarchie-Hickhack zwischen USA und China

Angesichts des immer eisigeren Beziehungsklimas zwischen China und den USA wird der in früheren Jahren rege bilaterale Meinungsaustausch auf Basis von persönlichen Gesprächen nun kniffliger denn je. Das fängt schon ganz oben an. Gegenwärtig scheinen...

Hierarchie-Hickhack zwischen USA und China

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Angesichts des immer eisigeren Beziehungsklimas zwischen China und den USA wird der in früheren Jahren rege bilaterale Meinungsaustausch auf Basis von persönlichen Gesprächen nun kniffliger denn je. Das fängt schon ganz oben an. Gegenwärtig scheinen sich die Präsidenten Joe Biden und Xi Jinping partout nichts zu sagen zu haben – jedenfalls nicht „face to face“.

Förmliche Staatsbesuche wie in der Anfangszeit der Trump-Regierung kommen nicht in Frage. Das hat wenig mit Covid-Protokollen zu tun, denn es reicht nicht einmal für Videokonferenzen. Beim jüngsten Treffen der in der Asian-Pacific Economic Cooperation (Apec) zusammengeschlossenen Pazifik-Anrainerstaaten war eigentlich eine Diskussionsrunde angesetzt, der Biden und Xi zugeschaltet sein sollten. Chinas Präsident aber blies den Auftritt wieder ab und beließ es bei einer staatstragend gehaltenen Videobotschaft ohne erkennbare Inhalte.

Gegenwärtig herrscht ein seit 50 Jahren nicht mehr gekanntes Dialogvakuum zwischen den beiden weltführenden Nationen. Die in Trump-Zeiten für globales Interesse sorgenden Handelsgespräche sind völlig versandet. Der traditionelle halbjährliche bilaterale Wirtschafts- und Finanzdialog wurde bis auf weiteres abgeschafft. Seit einem bizarr abgelaufenen Treffen im Januar in Alaska herrscht auch in der außenpolitischen „Senior Level Communication“ Funkstille. Am Sonntag soll jedoch ein neuer Anlauf gemacht werden, allerdings unter erheblichen protokollarischen Dissonanzen.

Die stellvertretende US-Außenministerin Wendy Sherman geht auf China-Besuch, wird aber bewusst nicht in Peking empfangen, sondern in der nahegelegenen, aber wenig reizvollen Hafenstadt Tianjin. Als Gesprächspartner wurde ihr zunächst nur Vizeaußenminister Xie Feng angeboten. Daraufhin stellte Sherman ihre Reisepläne wieder zurück. Xie ist nämlich nur einer von vier Vizeministern im Pekinger Außenministerium und hierarchisch gesehen gerade einmal mit einem Unterstaatssekretär vergleichbar.

Nach einigem Hin und Her hat sich Peking dann zu einem „Upgrade“ bequemt. Sherman soll Gespräche mit Xie führen, sich aber danach noch mit Außenminister Wang Yi treffen. Damit kommt es zu einem adäquateren Austarieren diplomatischer Ranghöhen. Wang nämlich ist zwar als Außenminister emsig in der Welt unterwegs, bestimmt aber keineswegs die Außenpolitik des Landes und fungiert gewissermaßen auch nur als ein Vize. Ihm übergeordnet ist zunächst einmal das Politbüromitglied Yang Jiechi. Er gilt als Chinas Top-Diplomat und durfte entsprechend beim Alaska-Treffen den Gegenpart zu US-Außenminister Antony Blinken spielen. Auch mit Yang landet man aber noch lange nicht im eigentlichen chinesischen Machtzirkel – zu dem niemand im Ausland auch nur entfernten Zugang hat –, nämlich dem Ständigen Ausschuss des Politbüros sowie dem Präsidenten und seiner geheimnisvollen Entourage.