Klage gegen Musk stellt US-Börsenaufsicht vor Unabhängigkeitsprobe
Klage gegen Musk stellt SEC vor Unabhängigkeitsprobe
xaw New York
Der Dauerkonflikt zwischen dem reichsten Mann der Welt und der US-Börsenaufsicht erreicht seinen vorläufigen Höhepunkt. So hat die SEC Elon Musk wegen mutmaßlicher Irreführung von Investoren rund um seine Übernahme des heute als X bekannten Kurznachrichtendienstes Twitter verklagt. Durch eine verspätete Offenlegung von Aktienkäufen habe der Milliardär unrechtmäßig über 150 Mill. Dollar eingespart. Dies habe wiederum Investoren geschadet, die Anteile zu künstlich niedrigen Preisen verkauft hätten, da sie nichts von Musks Akquisitionsplänen für Twitter gewusst hätten.
Neuem SEC-Chef droht zum Amtseinstieg Druck
Damit steuert die SEC auf eine Prüfung ihrer Unabhängigkeit vom Weißen Haus zu. Denn Musk hat sich im US-Wahlkampf als wichtigster Unterstützer des designierten Präsidenten Donald Trump hervorgetan und soll als Co-Leiter des neu geschaffenen, für Bürokratieabbau zuständigen Department of Government Efficiency aktiv in der neuen Regierung mitmischen.
Derweil tritt der aktuelle, für seinen harten regulatorischen Kurs bekannte SEC-Vorsitzenden Gary Gensler mit dem Ende der Amtszeit Joe Bidens ab. Der von Musk zum Feindbild hochstilisierte Demokrat macht damit den Weg für eine Neubesetzung des Postens mit einem Republikaner frei. Trump hat den regulierungsskeptischen Anwalt Paul Atkins nominiert – und es gilt in Washington und an der Wall Street als wahrscheinlich, dass Musk den neuen Behördenchef dazu drängen wird, die Klage fallen zu lassen.
Aktienkäufe vor Twitter-Deal im Fokus
Der Milliardär hat eine Untersuchung der SEC zu seinen Twitter-Aktienkäufen mehrfach verzögert, indem er nicht zu Befragungen erschien. Schließlich ließ die Behörde ihn durch richterliche Anordnung zu einer Aussage zwingen. Die im Mai 2022 angestoßenen Ermittlungen drehen sich konkreter sich um die Aktienkäufe Musks vor der Ende Oktober des gleichen Jahres abgeschlossenen Übernahme. In den USA müssen Aktionäre, die sich mehr als 5% der Anteile eines Unternehmens sichern, dies binnen zehn Tagen offenlegen. Musk hatte diese Schwelle wohl am 14. März 2022 überschritten, die Aktienkäufe aber erst am 4. April öffentlich gemacht.
Zudem legte der Milliardär seine Transaktionen als passiver Investor offen. Bei der SEC kamen aber Zweifel an diesem Status auf, nachdem sich Musk in Management-Belange von Twitter eingemischt hatte. Wer Anträge als passiver Investor stellt, dabei aber eine Übernahme plant, macht sich nach US-Recht des Betrugs schuldig. Musk änderte seinen Status noch im April 2022 auf aktiv. Der Milliardär sagte im Juli des gleichen Jahres in zwei Videokonferenzen vor der SEC aus. Die Aufsicht erhielt im Nachgang aber Tausende neue Dokumente zu dem Fall. Musk habe sich unter Verweis auf seine bereits getätigten Aussagen weiteren Befragungen verweigert und der SEC vorgeworfen, ihn zu belästigen, hieß es damals von der Behörde.
Milliardär fordert Reformen
Auf die Entscheidung der SEC, eine richterliche Anordnung zu ersuchen und die Vorladung so durchzusetzen, reagierte Musk scharf. „Eine umfassende Reform dieser Behörden ist dringend nötig“, schrieb er auf X. Zudem forderte er die Einsetzung einer Kommission, die „Strafmaßnahmen gegen die Individuen ergreift, die ihre regulatorische Macht missbraucht“ hätten, um sich „persönliche und politische Vorteile“ zu verschaffen.
Nun legte er nach: Die SEC sei eine „total kaputte Organisation“, schrieb der Milliardär in einem aktuellen Post. „Sie hält sich mit Scheiß wie diesem hier auf, während so viele echte Verbrechen ungesühnt bleiben“. Musks Anwalt Alex Spiro bezeichnete die Klage der Aufsicht wegen mutmaßlicher Irreführung von Investoren als „Lug und Betrug“. Die „jahrelange Belästigungskampagne“ der SEC gegen seinen Mandanten habe in der Einreichung einer einzigen, vor Gericht nicht haltbaren Beschwerde gegipfelt.
Langjähriger Konflikt mit den Behörden
Musk liegt mit der Aufsicht im Clinch, seit er 2018 per Tweet in Aussicht gestellt hatte, die von ihm geführte Tesla von der Börse zu nehmen. Bereits damals kamen Vorwürfe der Marktmanipulation auf. Seither ist kaum Ruhe eingekehrt: Laut Insidern prüften Ermittler, ob bei dem E-Autobauer Firmenmittel zum Bau eines Privathauses für Musk missbraucht wurden. Auch mögliche irreführende Äußerungen zum Tesla-Autopiloten sind in den Fokus des US-Justizministeriums und der SEC geraten.
Bei den Verstößen, die Musk nun zur Last gelegt werden, handelt es sich indes um mutmaßliche Verletzungen strikt ausgelegter Regeln, bei denen Marktteilnehmer für die Konsequenzen ihrer Handlungen büßen müssen, auch wenn sie dabei keine nachweislich unlauteren Absichten verfolgten. Regulierungsexperten betonen, dass ein konsequentes Vorgehen gegen Musk abschreckend bezüglich anderer potenzieller Versuche der Marktmanipulation wirken würde und die SEC damit tatsächlich ihre Unabhängigkeit vom Weißen Haus unter Beweis stellen könne.