Bundestagswahl 2021

Laschet will mit Mannschafts­stärke punkten

Armin Laschet, der Kanzlerkandidat der Union, hat knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl ein achtköpfiges „Zukunftsteam“ für den Wahlkampf vorgestellt. Angesichts seiner miserablen Persönlichkeitswerte in Umfragen hofft er, in Mannschaftsstärke gegen SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz anzukommen.

Laschet will mit Mannschafts­stärke punkten

Von Stefan Paravicini, Berlin

Kurz vor dem Ende der Vorstellung seines achtköpfigen „Zukunftsteams“ für den Bundestagswahlkampf im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin konnte sich CDU-Chef Armin Laschet am Freitag einen Seitenhieb auf seinen schärfsten Konkurrenten im Rennen um das Kanzleramt nicht verkneifen. „Ich freue mich zu sehen, welche weiteren Persönlichkeiten denn die SPD aufzubieten hat“, sagte der Kanzlerkandidat der Unionsparteien in Richtung Olaf Scholz, Spitzenkandidat der SPD. Wenig später forderte auch CSU-Chef Markus Söder in München die politischen Wettbewerber auf, eigene Teams für die Bundestagswahl aufzustellen. Spätestens da war klar, warum die Union drei Wochen vor dem Wahltermin plötzlich eine achtköpfige Wahlkampfmannschaft aus dem Hut zaubert, die ausdrücklich kein Schattenkabinett sein soll, um Mitglieder der Regierung und solche, die es werden wollen, nicht zu verprellen.

SPD im Politbarometer vorn

Für die Union geht es vor allem darum, die Frage nach dem Spitzenkandidaten, der das Land in den nächsten Jahren führen soll, angesichts der miserablen Persönlichkeitswerte von Laschet aus dem Zentrum der Wahlkampfauseinandersetzung zu rücken. Stattdessen soll die Frage in den Mittelpunkt geschoben werden, wer unter einem Kanzler Olaf Scholz eigentlich sonst noch das Sagen hätte. „Wir müssen einen Linksruck verhindern“, sagte Laschet. Das jetzt aufgefahrene Zukunftsteam dürfte Scholz, der in den Umfragen auf einer Sympathiewelle schwimmt und die SPD mit seinen Persönlichkeitswerten in dieser Woche zum ersten Mal seit 19 Jahren im Alleingang auch im Politbarometer des ZDF an CDU/CSU vorbei getragen hat, nach Einschätzung von Meinungsforschern allerdings kaum unter Druck bringen.

„Unterm Strich dürfte das keinen Aufschwung für die Union bringen, sondern eher negativ als Panikreaktion eingeschätzt werden“, sagte der Chef des Forsa-Instituts, Manfred Güllner, nach der Vorstellung des Zukunftsteams zu Reuters. Mit Ausnahme von Friedrich Merz, den Laschet bei der Vorstellung des Zukunftsteams als Erstes auf die Bühne holte, seien die Mitglieder bei den Wählern kaum bekannt, sagte Güllner. Merz, der Laschet im parteiinternen Wettbewerb um die CDU-Spitze unterlegen war und im Zukunftsteam die Themen Wirtschaft und Finanzen besetzen soll, verprelle aber gerade die liberalen Wählerschichten, die die Union zuletzt verloren habe. „In unserem Politiker-Ranking erhält er ähnlich schlechte Werte wie Laschet“, sagte der Forsa-Chef. Merz betonte bei seiner Vorstellung, dass die Union für die Schuldenbremse und einen ausgeglichenen Haushalt stehe sowie die Einhaltung der Regeln der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.

Zu den bundesweit bekannteren Namen im Zukunftsteam zählt Güllner auch den Sicherheitsexperten Peter Neumann vom King’s College in London sowie Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU). Zugkraft für den Wahlkampf dürften aber auch diese beiden nicht entwickeln. „Die Terrorismusbekämpfung ist durch Afghanistan wieder ein Angstthema, wird aber von den Menschen nicht als unmittelbare Bedrohung empfunden“, sagte Güllner. Bär wiederum könne die schleppende Digitalisierung in Deutschland als Teil der amtierenden Regierung mit angelastet werden. Neumann, dessen Berufung in das Zukunftsteam als Überraschung gilt, unterstützte bei seiner Vorstellung Laschets Forderung nach einem Nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt.

Die Bekanntheit des Zukunftsteams hält sich nach Einschätzung von Forsa-Chef Güllner sonst in Grenzen. Es seien viele Landesminister mit dabei, die aber selbst in ihren Heimatbundesländern kaum jemand kenne. Tatsächlich dürften weder Barbara Klepsch, die sächsische Kulturministerin, noch Karin Prien, Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Schleswig-Holstein, vielen Wählern ein Begriff sein. Komplettiert wird das Zukunftsteam von Silvia Breher, der stellvertretenden CDU-Parteivorsitzenden aus Niedersachsen, und vom CDU-Bundestagsfraktionsvize Andreas Jung aus Baden-Württemberg, die sich für die Themen Familie und Klima starkmachen sollen. Breher warf SPD und Grünen prompt vor, mit der gewünschten Abschaffung des Ehegattensplittings für eine Steuererhöhung für Familien zu sorgen. Der Musikmanager Joe Chialo, der für den Bundestag kandidiert, soll im Zukunftsteam der Kreativwirtschaft Gehör verschaffen.

Sowohl Bär, Jung, Prien als auch Chialo sagten, dass die Benennung des Teams drei Wochen vor der Wahl nicht zu spät sei. Neumann verwies darauf, dass die Stimmung in den vergangenen drei Monaten gewechselt habe. „Aber entscheidend ist, wer am 26. September vorne liegt – wir haben noch einen Zyklus, um an die Spitze zu gehen“, sagte er Reuters.

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