Nachhaltigkeit in PersonIngo Speich

Lieber Portfoliomanager als Weltretter

Wer das Handwerk der Kapitalanlage beherrscht, kann auch mit Nachhaltigkeitskriterien besser umgeht, wie Deka-Nachhaltigkeitschef Ingo Speich sagt. „Wir sind Assetmanager. Wir sind keine NGO.“

Lieber Portfoliomanager als Weltretter

Lieber Portfoliomanager als Weltretter

Klar, der Umgang mit der nachhaltigen Kapitalanlage sensibilisiere für die Bedeutung sozialer und ökologischer Themen, sagt Ingo Speich. Der Head of Sustainability & Corporate Governance von Deka Investment nutzt etwa in Frankfurt nur selten das Auto und bewegt sich viel. Die heimische Wohnung sei gut gedämmt, vieles kaufe er gebraucht und auch seine Kinder sensibilisiere er für Nachhaltigkeit, sagt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Gleichwohl pflege er ein normales Leben und schränke sich nicht übertrieben ein. Je nachdem, welche Haltung ein Mensch zur Nachhaltigkeit habe, sei eine Nichtregierungsorganisation eher passend als eine Rolle im Portfoliomanagement. „Wir sind Assetmanager. Wir sind keine NGO.“

Erfahrungen als Portfoliomanager seien in der nachhaltigen Kapitalanlage essenziell. Wer bereits Geschäftszahlen analysiert und Portfolios aufgebaut habe, bringe auch ein besseres Gespür für die Folgen von Nachhaltigkeitskriterien und des Wandels von Unternehmen mit – und zwar mit Blick auf die künftige Entwicklung, sagt der 46-jährige Manager. Im Kern gehe es um eine Einbindung von Nachhaltigkeitskriterien im Portfoliomanagement, um ein sicheres Urteil über Unternehmen zu treffen. Dazu gehörten eine gemeinsame Sprache und eine Einbettung der ESG-Fachleute in die Firmenkultur. „Stallgeruch ist uns wichtig.“ 

Medienrummel als Instrument

Mit Nachhaltigkeit habe er zu Beginn seiner Karriere nichts zu tun gehabt, erst als Portfoliomanager kam er damit nach und nach in Berührung. Durch regulatorische Vorgaben und wissenschaftliche Studien zur Nachhaltigkeit seien viele Portfoliomanager für das Thema sensibilisiert, auch wenn nicht jeder von der Bedeutung der Kriterien überzeugt sei. Speich selbst war bis März 2019 für die Deka-Rivalin Union Investment tätig, zuletzt als Head of Sustainability & Engagement. Dann folgte der Wechsel aus der Finanzgruppe der Kreditgenossenschaften zum Sparkassenhaus.

Für die Deka führt er die Rolle als ESG-Sprachrohr fort. Speich zählt zu den häufig zitierten ESG-Fürsprechern der Branche: Schon früh habe er sich mit dem Thema auseinandergesetzt, er sei von Haus aus Portfoliomanager und habe auf vielen Hauptversammlungen gesprochen, sagt er. All das habe seine Bekanntheit gestützt. Eine Medienpräsenz sei ein Werkzeug, um eine Öffentlichkeit zu erreichen und um Druck aufzubauen. So trete die DekaBank etwa auch mit Andreas Thomae und Cornelia Zimmermann auf Hauptversammlungen auf. Damit erreiche eine Fondsgesellschaft oft mehr als bei Gesprächen in Hinterzimmern. Speich: „Wenn wir nicht wahrgenommen würden, hätten wir etwas falsch gemacht.“

Governance ist Steckenpferd

Im Akronym ESG – dem Dreiklang aus Klima und Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) – sind Governance-Themen sein „Steckenpferd“, wie er sagt. Die europäischen Vorgaben konzentrierten sich hingegen auf Klimakriterien, weil hier bereits früh ein politischer Konsens möglich gewesen sei, sagt er. Doch der Fokus sei zu eng, denn Sozialthemen wie die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten seien ebenfalls wichtig und die Governance von Unternehmen schließlich das entscheidende Bindeglied. Speich ist seit Kurzem Mitglied im Deutschen Corporate Governance Kodex, einer Regierungskommission. „Wenn die Governance stimmt, dann geht auch alles andere häufig in die richtige Richtung.“

Als Ingo Speich als Portfoliomanager anfing, war Nachhaltigkeit noch kein Thema für ihn. Heute ist der Experte der Deka Investment ein wichtiger Fürsprecher für ESG-Kriterien.

Von Jan Schrader, Frankfurt