Im Hintergrund werkelte Michael Baur als Sanierungskoordinator bereits seit einigen Wochen bei der Baywa, seit dieser Woche tritt er nun als Chief Restructuring Officer (CRO) und Generalbevollmächtigter öffentlich in Erscheinung. Die Rolle des erfahrenen Restrukturierers wurde damit deutlich aufgewertet – sicherlich auch auf Druck der Gläubigerbanken, bei denen der amtierende Vorstand viel Vertrauen eingebüßt hat. Baywa-CEO Marcus Pöllinger ist angezählt, und auch der Stuhl von CFO Andreas Helber wackelt.

Als Generalbevollmächtiger erhält Baur die Verantwortung für die weitere Sanierung des Agrarhändlers und ist damit künftig auch der entscheidende Ansprechpartner für Investoren und Gläubiger. Baur arbeite direkt mit dem Vorstand zusammen und sei „für alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der Restrukturierung der Baywa Gruppe verantwortlich“, teilte der Konzern bei der Berufung mit. Baur kommt von der Unternehmensberatung Alix Partners, für die er seit mehr als 20 Jahren tätig ist. Vom Münchener Büro aus fungiert er als Managing Director und Global Vice Chair.

Wie wichtig bei Sanierungsmandaten eine gute Zusammenarbeit mit den Vorstandskollegen ist, hat Baur selbst in einem Post auf dem Berufsnetzwerk Linkedin betont: In Restrukturierungssituationen gewinne und verliere man als Managementteam zusammen, schrieb er als Fazit zur Sanierung des Autozulieferers Benteler. Von 2021 an begleitete Baur den Automotive-Konzern zwei Jahre lang bei der Neuausrichtung. Der CRO-Posten bei Benteler (Umsatz 2023: 8,8 Mrd. Euro) zählt zu Baurs prominentesten Mandaten. Die effektive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Vorstandskollegen sei bei der Neuaufstellung ein essentieller Erfolgsfaktor gewesen, schreibt Baur.

In der deutschen Restrukturierungsbranche ist Baur eine feste Größe. In den vergangenen Jahren hat er Sanierungen in unterschiedlichen Wirtschaftssektoren begleitet. Von 2010 bis 2014 war er Interim-CEO des Windparkprojektes „Bard Offshore 1“, das im August 2013 schließlich mit 80 Windturbinen fertiggestellt wurde. 2008 war er CRO bei Neckermann, im Jahr zuvor war er in gleicher Position bei dem Kabelnetzbetreiber EWT Multimedia. Von 2004 bis 2005 leitete Baur das Group Treasury und Group Controlling bei dem damaligen Handelskonzern Karstadt-Quelle.

Bevor er 2004 zu Alix Partners kam, arbeitete Baur unter anderem als CFO und COO bei dem Medienunternehmen Edel Germany und sammelte Beratungserfahrung bei Roland Berger Strategy Consultants und Arthur Andersen. Seit Jahren engagiert er sich zudem im Restrukturiererverband TMA Deutschland und ist dort Vorstandsmitglied.

Nun kann er seine Branchenerfahrung um ein Mandat im Agrarhandel erweitern. Baywa-Aufsichtsratschef Gregor Scheller sagt über Baur: „In der jetzigen Situation ist er die richtige Wahl.“ Von Baywa-CEO Pöllinger hieß es, man arbeite bereits seit Wochen „intensiv“ mit Baur an der Stabilisierung der Baywa. Er freue sich, diese Zusammenarbeit „auf ein neues Level heben zu können“. Baur betonte, nach einer Phase der Stabilisierung stehe nun die Arbeit am „umfangreichen Restrukturierungskonzept“ im Mittelpunkt.

Die mit 5,5 Mrd. Euro hoch verschuldete Baywa war durch kreditfinanzierte Zukäufe in Schieflage geraten und musste kürzlich von ihren genossenschaftlichen Haupteigentümern und Gläubigerbanken mit einem Rettungspaket über fast 550 Mill. Euro gestützt werden. Bis Ende dieses Monats soll Baywa zufolge das bei Roland Berger beauftragte Sanierungsgutachten vorgelegt werden.