Oliver Blume steht im gleißenden Scheinwerferlicht
Von Joachim Herr, München
Als künftiger Vorstandsvorsitzender des Volkswagen-Konzerns steht Oliver Blume nun noch mehr im Rampenlicht. Diese Erfahrung musste der 54 Jahre alte Porsche-Chef gleich in den ersten Tagen nach seiner Ernennung zum Nachfolger von Herbert Diess machen. Es geht um einen angeblich engen Austausch mit dem FDP-Vorsitzenden Christian Lindner. VW und Politik ist ohnehin ein heißes Thema, die Beteiligung des Landes Niedersachsen und dessen starke Stimme ein umstrittenes Konstrukt.
Und jetzt wird Blume eine besondere Nähe zu Lindner nachgesagt. Fest steht: Lindner ist Porsche-Fan, verriet einmal in einem Interview, er habe sich seinen ersten Sportwagen aus Stuttgart im Alter von 19 Jahren gekauft, und bezeichnete lachend seinen Porsche 911 SC als Eckpfeiler seiner Altersversorgung.
Weniger zum Lachen fanden er und Blume bestimmt die Satiresendung „Die Anstalt“ im ZDF am vergangenen Dienstag. Darin hieß es, Blume habe Ende Juni in einer Betriebsversammlung gesagt, Porsche habe einen sehr großen Anteil daran, dass das Festhalten an synthetischen Kraftstoffen im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung enthalten sei. Blume wurde mit den Worten zitiert: „Da sind wir Haupttreiber gewesen, mit ganz engem Kontakt an die Koalitionsparteien. Der Christian Lindner hat mich in den letzten Tagen fast stündlich auf dem Laufenden gehalten.“
Vielleicht übertrieb Blume vor der Belegschaft, vielleicht berauschte ihn die Nähe zur Macht. Schnell war in sozialen Medien der Begriff „Porsche-Gate“ erfunden. In einer Stellungnahme sagte Blume, er habe falsche Worte gewählt. Dass ein falscher Eindruck entstanden sei, tue ihm leid. Immerhin: Ein Funken Demut steht auch einem Spitzenmanager gut und lässt menschliche Regungen erahnen.
Unabhängig davon, wie es mit Lindner wirklich war, wird Blume jedoch seine Lehren aus dieser Sache ziehen und als Vorstandsvorsitzender von Volkswagen stärker auf seine Wortwahl achten. Wie sensibel besonders die Arbeitnehmerseite in Wolfsburg reagiert, erfuhr der mitunter undiplomatisch agierende Diess immer wieder.
Kritik an der Doppelrolle
Mit Blume verbindet die Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo die Hoffnung, dass er im Gegensatz zu Diess in der Transformation der Branche und des Unternehmens die gesamte Belegschaft mitnimmt. Blume gilt als teamorientiert und ist in der Konzernzentrale gut bekannt, da er seit 2018 dem Konzernvorstand angehört und dort für die Produktion verantwortlich ist.
Eine Doppelrolle in Stuttgart und Wolfsburg kennt der gebürtige Braunschweiger und Maschinenbauingenieur also schon seit einiger Zeit. Vorstandsvorsitzender der Porsche AG ist Blume, der seine Karriere 1994 bei Audi gestartet hatte, seit 2015. Künftig an der Spitze von zwei börsennotierten Autokonzernen – wenn das angestrebte IPO von Porsche gelingt – wäre allerdings einige Nummern größer.
Aktionäre murren schon. Mit der Doppelrolle von Blume stehe die Eigenständigkeit von Porsche in Frage, moniert Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka. Das sei Gift für den Börsengang. Mancher Branchenbeobachter rechnet damit, dass Blume nach einer Übergangszeit den Chefsessel von Porsche verlässt und sich ganz auf die Aufgaben in Wolfsburg konzentriert. Dort hat Diess den Wandel zur Elektromobilität längst eingeleitet. Für Porsche zeichnet Blume den Weg vor: Im Jahr 2030 sollen 80% der dann produzierten Autos vollelektrisch fahren, der 911er dank synthetischer Kraftstoffe aber noch länger mit Verbrennungsmotor aus der Fabrik rollen. Christian Lindner könnte das gefallen.