Online-Lehrmeister Chen seines Geschäfts beraubt
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Der Feldzug der Pekinger Regierung gegen Internet- und Technologiefirmen hat jetzt auch in Chinas privatem Erziehungssektor Halt gemacht und führt zu gewaltigen Einschnitten für Anbieter jeder Form von Online-Schulungen. Plötzlich ist es auch verboten, Dienste mit Bezug zu schulischen Lehrplaninhalten auf einer profitorientierten Basis zu betreiben. Damit wird ein ganz wesentlicher Ausschnitt des Geschäfts zur gemeinnützigen Veranstaltung umfunktioniert. Die bislang boomende Branche Education Technology (Edutech) steht praktisch vor dem Ruin und mit ihr auch ein Dutzend zu Milliardenreichtum gekommener chinesischer Firmengründer.
Am härtesten hat es wohl den in China landesweit bekannten Gründer, Chairman und Chef des Anbieters Gaotu Techedu, Larry Chen, getroffen. Die an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq notierte Gesellschaft hat zuletzt dramatisch an Wert eingebüßt. Der im Januar noch bei 149 Dollar stehende Kurs ist auf 2,52 Dollar heruntergekommen.
Allerdings war Gaotu auch schon vor Bekanntwerden der neuen Regulierungsattacke in Verruf geraten und wurde von der US-Wertpapierbehörde wegen Bilanzierungsunregelmäßigkeiten untersucht. Mehrere Hedgefonds hatten sie zudem mit Shortselling-Attacken unter Druck gesetzt.
Nach Berechnungen des Bloomberg Billionaire Index hat Chen in diesem Jahr ein Papiervermögen von mehr als 15 Mrd. Dollar eingebüßt und kann noch auf einen Reichtum von lumpigen 235 Mill. Dollar taxiert werden. Auch damit lässt es sich noch gut leben, aber Chen hat zweifelsohne ein annus horribilis durchgemacht und seinen Kultstatus eingebüßt. Der aus einem ärmlichen Dorf stammende Pädagoge hatte zunächst den in China hoch angesehenen Lehrerberuf ergriffen, sich dann selbständig gemacht und mit der 2014 gegründeten Gaotu eine Bilderbuchkarriere in Sachen Tech-Entrepreneurtum hingelegt. Nun ist er um die Erkenntnis reicher, dass Tech-Gründererfolge im Reich der Mitte in erster Linie vom Wohlwollen der Regierung abhängen.