Rumäniens Präsident wird als überzeugter Europäer geehrt
Von Andreas Heitker, zzt. Aachen
Nein, sagt Klaus Iohannis, an die Vereinigten Staaten von Europa glaube er nicht. Aber er hoffe sehr auf eine stärkere Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten. Der rumänische Staatspräsident war am Freitag nach Aachen gereist, wo er am nächsten Tag den Internationalen Karlspreis für sein Wirken für die Einheit Europas erhalten sollte. Wie üblich stand im Vorfeld der Preisverleihung eine Fragerunde vor ausgewähltem Publikum auf dem Programm. „Die Europäische Union muss einen tieferen Integrationsprozess durchlaufen“, betonte der Politiker, der der rumäniendeutschen Volksgruppe der Siebenbürger Sachsen angehört.
Iohannis ist ein Mustereuropäer und in Osteuropa so etwas wie ein Gegenentwurf zu den Fidesz- oder PiS-Regierungsvertretern in Ungarn und Polen, die der EU seit Jahren das Leben schwer machen. Vielleicht hat er nun auch deshalb den Karlspreis erhalten. „Während Andere nationalkonservative, sogar rechtspopulistische Haltungen gegenüber der Europäischen Union einnehmen, führte Iohannis mit großem Einsatz und Erfolg Rumänien zu einer proeuropäischen, rechtsstaatlichen Politik“, hieß es lobend in der Begründung des Direktoriums der Karlspreis-Gesellschaft.
Seit seinem Amtsantritt im Dezember 2014 hat sich Iohannis, der nach seinem Physikstudium zunächst lange Jahre als Gymnasiallehrer und Schulinspektor in seiner Heimatstadt Sibiu (Hermannstadt) gearbeitet hatte, einen Namen im Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft in seinem Land gemacht. Er hat es verhindert, dass 2019 auch in Rumänien eine umstrittene Justizreform umgesetzt wurde. Die Karlspreis-Gesellschaft sieht in dem 62-Jährigen einen „wichtigen Mittler und Brückenbauer zwischen west- und osteuropäischen Gesellschaften“ und zudem einen herausragenden Streiter für die europäischen Werte, für Freiheit und Demokratie, den Schutz von Minderheiten und kulturelle Vielfalt. Des Weiteren habe er sich bedeutende Verdienste um die Rechtsstaatlichkeit erworben.
Dass Iohannis den renommierten, schon seit 1950 vergebenen Karlspreis erhält, stand eigentlich schon seit Ende 2019 fest – kurz nachdem er mit deutlichem Vorsprung erneut die Präsidentenwahl gewonnen hatte. Aber wegen der Pandemie musste die Zeremonie im ehrwürdigen Krönungssaal des Aachener Rathauses zwei Mal verschoben werden. Jetzt reiht der Rumäne sich in die Liste der Preisträger ein, in die zuletzt auch António Guterres (2019), Emmanuel Macron (2018) und Timothy Garton Ash (2017) aufgenommen worden waren. Die bislang letzten Deutschen, die für ihre europäischen Verdienste ausgezeichnet wurden, waren der damalige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (2015), Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble (2012) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (2008).
Klaus Iohannis ist der erste Rumäne, der den Preis erhält. Für ihn ist er Ansporn im Kampf gegen den auch bei jungen Menschen immer verbreiteteren Euroskeptizismus. Die EU, sagt er, stehe schließlich vor „nie dagewesenen Herausforderungen“.