Schottland

Schlammschlacht um die Regierungsspitze

Im Kampf um die Nachfolge von Nicola Sturgeon an der Spitze der schottischen Regierung hat Kate Forbes ihre Spitzenposition verloren. Ihre religiösen Ansichten kommen in der SNP nicht gut an.

Schlammschlacht um die Regierungsspitze

Von Andreas Hippin, London

Der Kampf um die Nachfolge von Nicola Sturgeon als First Minister wird unter den regierenden schottischen Nationalisten mit harten Bandagen geführt. Im Zentrum der medialen Debatte steht das Verhältnis zur gleichgeschlechtlichen Ehe und einem von Sturgeon vorangetriebenen Gesetz, das den Wechsel des Geschlechts stark vereinfachen sollte. Sowohl Gesundheitsminister Humza Yousaf (37) als auch Finanzministerin Kate Forbes (32) mussten sich wiederholt für ihre religiösen Ansichten rechtfertigen. Dabei hatten beide klargemacht, dass sie sich in ihrem politischen Handeln nicht davon leiten lassen.

„Ich kann nicht in Ihr Programm kommen und Ihnen sagen, dass ich ändern kann, was der Islam über die gleichgeschlechtliche Ehe oder gleichgeschlechtlichen Sex sagt oder was die Ansicht des islamischen Mainstreams ist“, sagte Yousaf dem Sender „Times Radio“. Die Sicht des islamischen Mainstreams sei allgemein bekannt. Die Frage sei doch, ob er auf dieser Grundlage Gesetze mache. „Ich habe das nicht getan, und ich würde es auch nicht tun, weil ich nicht glaube, dass das die Aufgabe von Abgeordneten oder politischen Entscheidern ist“, sagte Yousaf, der in der Scottish National Party (SNP) für eine Politik der Kontinuität steht. Dem Sender „Channel 4“ sagte er, er persönlich unterstütze die gleichgeschlechtliche Ehe. Als das schottische Regionalparlament 2014 über deren Legalisierung abstimmte, war er jedoch nicht dabei. Yousaf ist der erste schottische Minister, der einer Minderheit angehört. Er legte seinen Amtseid zuerst in Englisch und dann in Urdu ab.

Forbes ist Mitglied der evangelikalen Free Church of Scotland. Ihr wird die Aussage vorgeworfen, dass sie 2014 nicht für die gleichgeschlechtliche Ehe gestimmt hätte. Sky News sagte sie, dass es Sache jedes Einzelnen sei, ob er außereheliche Kinder haben wolle. Sie würde es jedoch vermeiden. „Mein Glaube würde sagen, dass Sex für die Ehe ist“, sagte Forbes. „Und das ist die Herangehensweise, die ich praktizieren würde.“ All das entspricht so gar nicht dem bislang von der SNP verfolgten liberalen Ansatz. Forbes verlor ihre Spitzenposition bei den Buchmachern und wurde mit den Taliban verglichen. „Love not Kate“ titelte das Massenblatt „Daily Record“.

Ash Regan (48), die dritte Kandidatin, trat im vergangenen Jahr aus Protest gegen Sturgeons Gender Recognition Reform Bill zurück. Sie war zuvor im schottischen Kabinett für das Thema öffentliche Sicherheit zuständig. Das umstrittene Gesetz trat nie in Kraft. Schottlandminister Alister Jack stoppte es unter Berufung auf Section 35 des Scotland Act. Der Abschnitt ermöglicht der Londoner Zentralregierung, Gesetze aus Holyrood aufzuhalten, die zu rechtlichen Veränderungen im gesamten Land führen könnten. Yousaf will dagegen juristisch gegen Westminster vorgehen.

Alle drei Kandidaten streben die Unabhängigkeit an. Ein erneutes Referendum wollen nicht alle. Für Regan würde es schon reichen, wenn nationalistische Parteien bei Wahlen 50 % plus eine Stimme erhalten. Dann könne man mit Westminister über die Loslösung verhandeln.

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