Pietro Labriolas schwierige Mission
Vor der Hauptversammlung bei TIM
Pietro Labriolas schwierige Mission bei Telecom Italia
Muss die Investoren, Kunden und Italiens Regierung überzeugen: TIM-CEO Pietro Labriola
Telecom Italia steht vor schwierigen Weichenstellungen
Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand
Bei der Hauptversammlung am 23. April geht es für Telecom-Italia-CEO Pietro Labriola (56) um die Wurst. Zwar hat er keinen Gegenkandidaten für die anstehende Verlängerung seines Mandats. Doch die jüngste Entwicklung hat die Unsicherheit über seinen Verbleib an der Spitze des früheren Monopolisten erheblich verstärkt: Sowohl der französische Großaktionär Vivendi (23,75%) als auch andere Anteilseigner etwa um Merlyn Partners dringen auf eine andere Strategie. Sein neuer Strategieplan, den er im März vorgestellt hat, fiel bei den Investoren durch. Der Aktienkurs stürzte daraufhin massiv ab und größere Aktienpakete wechselten den Besitzer. Das hat die Unsicherheit für Labriola deutlich verstärkt. Zweifel gibt es insbesondere im Hinblick auf die Strategie zur Reduzierung der Schulden, aber auch an der Überlebensfähigkeit des Servicegeschäfts nach der geplanten Abtretung des Festnetzgeschäfts an den US-Investor KKR und den italienischen Staat, die bis Sommer realisiert werden soll.
Labriola hat ein Himmelfahrtskommando übernommen, als er im November 2021 CEO von Telecom Italia (TIM) wurde. Labriola, der zuvor Chef des hochrentablen Brasiliengeschäfts von TIM war, musste als Nachfolger von Luigi Gubitosi nach zwei Gewinnwarnungen den Karren aus dem Dreck fahren und startete gleich mit einer dritten Gewinnwarnung. Seither hat er das Unternehmen deutlich stabilisiert und insbesondere die Umsatz- und Ertragserosion im Inland gestoppt. Das Brasilien-Geschäft blieb mit einem Bruttobetriebsbeitrag von 45% jedoch klar die Cashcow im Konzern.
20 Jahre TIM-Erfahrung
Labriola, der aus Altamura in Apulien stammt und in Bari Wirtschaft und Handel studiert hat, hilft bei seiner schwierigen Aufgabe, dass er seit 20 Jahren bei TIM arbeitet und den Laden sehr gut kennt. Dazu gehört auch das schwierige Verhältnis zum italienischen Staat, der über die mehrheitlich staatliche Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) 10% der Anteile kontrolliert, über eine Goldene Aktie alle strategischen Entscheidungen blockieren kann und künftig auch im Festnetz mitreden will, das Rom als strategisch erachtet.
Die Aufgabe für Labriola könnte durchaus einfacher sein, denn es kommt hinzu, dass der Markt sehr wettbewerbsfähig ist. Durch die Übernahme von Vodafone Italia durch die Swisscom, die in Italien bereits durch die Tochter Fastweb vertreten ist, dürfte die Situation nicht leichter werden, denn das neue Gebilde setzt gerade auf das attraktive Geschäft mit Business-Kunden. Unter besonderem Druck steht auch die Geschäftssparte mit den Privatkunden, die unter der scharfen Konkurrenz des französischen Anbieters Iliad leidet.
Labriola muss jonglieren zwischen dem Staat, den Aktionären, die teilweise Zweifel an seiner Strategie haben, und einem sehr schwierigen Markt, in dem sich Telecom Italia behaupten muss. Je länger es dauert, bis er die prekäre Lage in den Griff bekommt, desto schwieriger wird es. Und bei der Hauptversammlung Ende April wird es auch auf die Präsenz der Aktionäre ankommen: Neben den Großaktionären Vivendi und CDP gibt es viele internationale Anteilseigner, aber auch eine große Anzahl von KIeinanlegern, die ebenso wie etwa Vivendi viel Geld verloren haben und das Zünglein an der Waage sein könnten.
Überbrückungskredit
Immerhin ist es Labriola jüngst gelungen, ein Bankenkonsortium für einen Überbrückungskredit über 1,5 Mrd. Euro zusammenzubringen und den Aktienkurs wieder etwas zu stabilisieren. Binnen zwölf Monaten hat der Wert aber 25% verloren und mit einer Kapitalisierung von 3,6 Mrd. Euro ist das Unternehmen weniger wert als die brasilianische Mobilfunktochter allein.