US-Finanzministerin wirbt für neues Bündnis zwischen USA und Europa
US-Finanzministerin wirbt für ein
starkes Bündnis zwischen USA und Europa
lz Frankfurt
Wenn es um die Klimawende geht, so akzeptiert die US-Finanzministerin keine Relativierungen oder Ausflüchte: „Wir haben keine Alternative, als unsere Wirtschaft auf regenerative Energien umzustellen“, sagte Janet Yellen am Dienstag in Frankfurt bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Frankfurt School of Finance. Sie verweist dabei auf das gigantische US-Subventionsprogramm Inflation Reduction Act (IRA), das Steuergutschriften für umweltfreundliche Branchen wie Wasserstoff, Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien vorsieht und der US-Wirtschaft die Klimawende schmackhaft machen soll. Dass europäische Unternehmen diese Subventionierung beklagen, spielt für sie keine Rolle, weil es der Klimawende und den davon betroffenen Menschen dient. „Der IRA hilft dabei, die Energierechnungen der Haushalte zu reduzieren“, sagte Yellen am Nachmittag bei einer Veranstaltung des Techquartiers in Frankfurt.
Der frühere Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte seiner Ex-Kollegin die Ehrendoktorwürde angetragen. Er preist in seiner Rede die intellektuelle Brillanz, ihre Durchsetzungskraft auch gegen Widerstände und ihren Kurs gegen den ökonomischen Mainstream. Gerade als Frau in einer Männerdomäne, so EZB-Präsidentin Christine Lagarde, sei dies ein Zeichen besonderer Stärke und Mut. Immerhin hat sie als Frau das ökonomische Triple geschafft: erste Frau als präsidiale Chefökonomin, erste Frau im Präsidentenamt der Notenbank und erste Frau als Chefin des US-Finanzministeriums.
Menschen hinter der Statistik
Bei allem Handeln, so zeigt sich, geht es Yellen stets um die Menschen, für die sie sich einsetzt: „Hinter jeder trockenen ökonomischen Statistik stehen Leben“, sagte sie einmal. Das war auch so nach der Finanzkrise oder der Covid-Pandemie, als die Arbeitslosenrate nach oben schoss. Ihr Fokus lag auf Verbesserungen am Arbeitsmarkt. Das Zwei-Prozent-Ziel bei der Inflation stand demgegenüber eher im Hintergrund, wie Nils Stieglitz, Präsident der Frankfurt School, darlegte. Er verwies auf Yellens Studium bei Nobelpreisträger James Tobin, der deutlich machte, dass die Zentralbanken sehr wohl in der Lage seien, etwas gegen die Arbeitslosigkeit zu tun. Auch die Zentralbanken, so interpretierte Stieglitz Yellens Credo, sollten „beitragen zum Wealth of Nations“.
Dass ihr die Menschen wichtig sind, die unter den obwaltenden ökonomischen Bedingungen leben, hatte sie bereits bei der deutschen Einheit gezeigt, als sie von der Bundesregierung gebeten wurde, ihre Expertise zur Lage in den neuen Bundesländern abzugeben. Bundesfinanzminister Christian Lindner schilderte, dass sie sich dabei nicht von Statistiken habe leiten lassen, sondern das Land tatsächlich bereist habe. Und sie sei zu einem desaströsen Ergebnis gekommen: Außer Meißner Porzellan werde wohl kaum ein anderes ostdeutsches Unternehmen überleben. Sie riet u.a. zu einem großen Infrastrukturprogramm für die Transformation. Das hat die damalige Bundesregierung auch umgesetzt. Und weil sie auch Bitterfeld bereist hatte, das in Deutschland als Chemie-Kloake bekannt war, lud sie Linder wieder an den Ort ein, um zu zeigen, was sich durch die Transformation inzwischen alles zum Besseren gewandelt hat.
Wichtige Entscheidungen im Sinne der Menschen stehen nach Ansicht von Yellen auch jetzt an, etwa wenn es um die Einhegung Russlands geht. Oder Chinas Versuch, die Welt durch subventionierte Güter zu dominieren, indem andere Unternehmen über den Preis schlicht verdrängt werden. Yellen: „Wenn sich die Diktatoren immer neue Territorien einverleiben könne ohne Widerstand, werden sie es weiter tun.“ Daher müsse sich der Westen zusammenschließen. Gleiches gilt ihrer Ansicht nach im Hinblick auf China. „Wenn die USA und Europa hier nicht strategisch und einig reagieren, steigen die Risiken in den USA und Europa.“
Einladung zum Klima-Bündnis
Das gemeinsame Vorgehen von USA und Europa ist Yellen ein persönliches Anliegen. Das dringt auch in ihrer Rede immer wieder durch. Das gute transatlantische Verhältnis sei als Grundlage für globalen Frieden auf beiden Seiten als „gegeben“ hingenommen worden. Doch der damalige US-Präsident Donald Trump hatte es dann geschwächt. US-Präsident Joe Biden habe es wiederbeleben müssen. Um diese gemeinschaftlichen Werte und Errungenschaften abzusichern, sei deshalb nun „entschlossenes Handeln“ nötig. Yellen denkt dabei natürlich auch an die Menschen hinter der globalen Politik, ihre Sorge um Frieden, Sicherheit und Gerechtigkeit und warb für ein regelrechtes Bündnis, das angesichts des Klimawandels ohnehin wichtiger denn je sei.