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Venture Capital wählt statt Esel oder Elefant das Einhorn

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 27.9.2016 Im Silicon Valley kennt man sich mit seltenen Fabeltieren aus. Immerhin ist die Mehrzahl der sogenannten Unicorns, junge Unternehmen, deren Bewertungen oberhalb der Milliarden-Dollar-Grenze...

Venture Capital wählt statt Esel oder Elefant das Einhorn

Von Stefan Paravicini, New YorkIm Silicon Valley kennt man sich mit seltenen Fabeltieren aus. Immerhin ist die Mehrzahl der sogenannten Unicorns, junge Unternehmen, deren Bewertungen oberhalb der Milliarden-Dollar-Grenze liegen, zwischen San Francisco und San Diego angesiedelt. Doch ein rares “political animal” wie der US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump, dessen Umfragewerte vor der für Montag nach Redaktionsschluss der Börsen-Zeitung anberaumten Fernsehdebatte mit der Konkurrentin Hillary Clinton so weit nach oben geklettert waren, dass er bei den Wahlen im November wieder als ernsthafter Herausforderer gilt, ist nicht nach dem Geschmack des Silicon Valley, auch wenn Trump sein politisches Kapital ganz nach dem Vorbild von jungen Technologie-Start-ups meist zu fabelhaften Bewertungen einsammelt, ohne mit seinen politischen Vorstellungen auch nur einen Cent zu erwirtschaften.Das jüngste Beispiel für die Abneigung gegen Trump in der Venture-Capital-Szene lieferte der Linkedin-Chairman und Greylock-Partner Reid Hoffman. Der angesehene Gründer und Angel Investor kündigte an, eine Crowdfunding-Initiative für US-Militärveteranen mit einer Spende von bis zu 5 Mill. Dollar zu unterstützen, sofern Trump bis zum Termin der letzten Fernsehdebatte mit Clinton am 19. Oktober seinen Steuerbescheid veröffentlicht. Da Trump seinen Verpflichtungen gegenüber den Wählern bisher nicht nachkomme, “müssen wir ihm zeigen, dass wir Verantwortlichkeit und Transparenz hoch schätzen”, teilte Hoffman in einem Blogpost mit, ohne sich explizit für Clinton auszusprechen.Andere Vertreter der Unternehmer- und Investorenszene im Valley haben sich klarer positioniert. Einige Tage vor Hoffmans Spendenofferte teilte Facebook-Mitgründer Dustin Moskovitz mit, die Demokratische Partei und ihre Spitzenkandidatin mit 20 Mill. Dollar zu unterstützen. Bereits im Juli hatten mehr als 100 Unternehmer und Investoren aus der Technologieszene Trump in einem offenen Brief vorgeworfen, mit seinen Vorstellungen zur Immigrationspolitik eine Bürde für Innovation zu sein. Zu den Unterzeichnern zählten Ev Williams, Mitgründer von Twitter, Box-CEO Aaron Levie und Vinod Khosla von der gleichnamigen Venture-Capital-Gesellschaft.Weitere Investoren haben sich in noch deutlicheren Worten Luft gemacht. “Für die Klugen und Reichen im Silicon Valley ist Trump ein Verlierer”, ließ Michael Moritz, Chairman von Sequoia Capital, bereits im Juli in einem Beitrag für die “Financial Times” wissen. Andere Milliardäre wie Michael Bloomberg oder der Immobilienentwickler Stephen Ross, beide wie Trump in New York beheimatet, würden dessen Leistung in den Schatten stellen, schrieb Moritz weiter. Viele erfolgreiche Unternehmer aus dem Silicon Valley gehörten derweil zu den Gruppen, denen Trump in Zukunft den Zutritt zu den USA verweigern wolle, kritisierte der Grandseigneur der Venture-Capital-Szene. Noch expliziter äußerte sich vor knapp einem Monat Charles Rivers Ventures in einem Blogeintrag. “F**ck Trump” lautete die Überschrift über dem Posting von Ende August. Trumps Äußerungen stünden unternehmerischen Werten diametral entgegen, kritisierte die Venture-Capital-Gesellschaft.Deutlich unaufgeregter kommentiert Nino Marakovic von der SAP-nahen Sapphire Ventures den US-Präsidentschaftswahlkampf. Beide Kandidaten hätten sich zuletzt dafür ausgesprochen, die Besteuerung für sogenannte Carried Interests zu erhöhen, womit die Rahmenbedingungen für Investoren und Start-ups nicht nur im Silicon Valley verschlechtert würden. Insofern habe die Venture-Capital-Szene nach Lage der Dinge weder von Trump noch von Clinton Gutes zu erwarten, sagte Marakovic im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Im Übrigen neige Kalifornien im politischen Spektrum traditionell nach links, was sich auch im Valley wiederspiegle.Eine Ausnahme macht Peter Thiel, Mitgründer des Bezahldienstes Paypal und des Big-Data-Unternehmens Palantir, der es außerdem als früher Investor von Facebook zu internationaler Bekanntheit gebracht hat und heute mit seinem Founders Fund auch in Berlin in Start-ups investiert. Thiel, dessen libertäre politische Einstellung selbst im Silicon Valley nicht mehrheitsfähig ist, trat auf dem Delegiertenkongress der Republikanischen Partei als Unterstützer von Trump auf und wurde in den vergangenen Tagen als möglicher Kandidat Trumps für eine Nominierung als Höchstrichter gehandelt. Thiels schlechter Track RecordDoch so sicher die Unterstützung Thiels bisher fast immer ein Zeichen für den späteren Erfolg eines Start-ups war, so regelmäßig hat der Investor bei Präsidentschaftswahlen auf das falsche Pferd gesetzt. Sowohl 2008 als auch 2012 unterstützte er den libertär eingestellten Außenseiter im republikanischen Bewerberfeld Ron Paul, der jeweils in den Vorwahlen scheiterte. Aber egal, ob 2016 mit Trump auch der Elefant – das inoffizielle Wappentier der Republikaner – oder Clinton und der Esel der Demokraten gewinnen, für Thiel steht wie für die meisten anderen Risikokapitalgeber die Suche nach dem nächsten Einhorn im Vordergrund.