Vizegouverneur Amamiya soll an die Spitze rücken
Von Martin Fritz, Tokio
Nach Informationen der Finanzzeitung „Nikkei“ hat Japans Regierung Masayoshi Amamiya, den derzeitigen Vizegouverneur der Bank of Japan, gefragt, ob er Nachfolger von Zentralbankchef Haruhiko Kuroda werden will. Daraufhin gab der Yen leicht nach, da der Finanzmarkt den 67-Jährigen zum Lager der monetären „Tauben“ zählt.
Vom neuen Gouverneur wird erwartet, dass er Japans Geldpolitik normalisiert, nachdem viele Zentralbanken ihre Zinsen in den vergangenen Monaten stark erhöht haben. Zuletzt konnte die Notenbank ihr Zielband für die Rendite der zehnjährige Staatsanleihe nur mühsam verteidigen. Wegen seiner großen Erfahrung galt Amamiya bereits als wahrscheinlichster Kandidat für den Gouverneursposten, den Kuroda nach zehn Jahren am 8. April freimacht.
Mit Amamiya würde Premierminister Fumio Kishida kein großes Risiko eingehen und Kontinuität in der Geldpolitik signalisieren. „Er wird der Politik von Kuroda folgen, jedoch flexibler auf politischen und sozialen Druck und Bewegungen des Marktes reagieren“, sagte Masamichi Adachi, Ökonom bei UBS Japan. Amamiya würde eine Anfrage der Regierung kaum ablehnen. Im nächsten Schritt würde er zusammen mit den zwei Kandidaten für die beiden frei werdenden Stellvertreterposten offiziell nominiert und müsste sich einer Anhörung und einer Abstimmung im Parlament stellen. Dabei werden keine Überraschungen erwartet. Allerdings blieb am Montag eine offizielle Bestätigung der Nachricht aus. Ein Sprecher des Kabinetts verneinte, dass man Amamiya angesprochen hat. Finanzminister Shunichi Suzuki sagte, er wisse nichts von einer Nominierung. Die Zentralbank wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. Amamiya trägt den Spitznamen „Prinz der Zentralbank“ und verbrachte den Großteil seiner Karriere mit der Planung der Geldpolitik.
Er war an fast allen Maßnahmen der Bank zur Bekämpfung der Deflation beteiligt, vom Beginn der quantitativen Lockerung im Jahr 2001 bis zur Steuerung der Renditekurve ab 2016. Amamiya unterstützt Kuroda seit 2013, zunächst als Exekutivdirektor und dann als stellvertretender Gouverneur. Der nächste Notenbankchef muss schwierige Entscheidungen treffen. Als Folge der extremen Geldpolitik der zehn Amtsjahre von Kuroda wanderte mehr als die Hälfte der japanischen Staatsanleihen in die Bilanz der Notenbank. Eine zu rasche Normalisierung der Geldpolitik könnte die Finanzmärkte erschüttern und die Deflation zurückbringen. Denn Regierung, Unternehmen und Haushalte haben sich an die Niedrigzinsen gewöhnt und könnten einen kräftigen Anstieg nur schwer verkraften.