Vorstandschef von Knorr-Bremse in Erklärungsnot
Mit Fragen zu Hella musste Jan Mrosik (56) rechnen. Der Vorstandsvorsitzende von Knorr-Bremse bemüht sich in der Telefonkonferenz am Freitag auch um Antworten. Doch überzeugen kann er nicht. Warum hat sich der Weltmarktführer für Bremsen in Schienen- und Nutzfahrzeugen überhaupt für den Autozulieferer interessiert, der mehr als 80% des Umsatzes im Pkw-Geschäft erzielt, schwächere Margen und eine geringere Kapitalrendite erwirtschaftet?
Ein verantwortungsvolles Management müsse sich immer die Frage stellen, wie sich ein Unternehmen weiterentwickeln lasse, sagt Mrosik. Deshalb müssten Chancen analysiert werden. „Die Software und die Elektronik von Hella sind es wert, sich das anzuschauen“, meint er. Zieht Knorr-Bremse einen Einstieg ins Pkw-Geschäft generell in Erwägung? Mrosik, seit Anfang dieses Jahres im Unternehmen, antwortet ausweichend: „Wir würden nicht um der Größe willen ins Pkw-Geschäft einsteigen.“ Entscheidend für Akquisitionen sei, Wert zu schaffen. Es gebe klare wirtschaftliche Anforderungen. „Daran messen wir uns.“ Nochmals die Nachfrage, und wieder gibt es weder ein klares Ja noch Nein: „Der Einstieg ins Pkw-Geschäft per se und für sich stellt kein strategisches Ziel für Knorr-Bremse dar.“ In einem besonderen Fall also schon?
Mrosik verweist auf den Kapitalmarkttag des Unternehmens, der am 29. November stattfinden soll. Dort werde das Unternehmen seine M&A-Strategie und Details der Anforderungen an eine Akquisition vorstellen. „Ich bin sehr zuversichtlich, die erfolgreiche Strategie der Knorr-Bremse und ihre weitere Entwicklung für den Kapitalmarkt überzeugend darstellen zu können.“
Erklärungsbedarf scheint es reichlich zu geben. Nachdem das Interesse an Hella Ende Juni durchgesickert und bestätigt worden war, verlor die Aktie von Knorr-Bremse innerhalb einer Woche ein Fünftel an Wert. Die Marktkapitalisierung schrumpfte um 3,6 Mrd. Euro, ehe das Unternehmen das Ende der Gedankenspiele für Hella bekannt gab. Davon hat sich die Aktie bis heute nicht richtig erholt.
Seit dem Zweimonatstief bei 90 Euro hat der Kurs fast 10% zugelegt, doch bis zur Spitze vom Juni (113 Euro) fehlen noch rund 15%. Mrosik versucht Investoren zu beruhigen: „Außer Frage steht, dass wir in Bezug auf M&A auch künftig sehr diszipliniert sein werden.“ Doch der Markt traut dem nicht so recht.