Wework-Insolvenz könnte für Gründer Neumann zum Segen werden
Wework-Insolvenz als möglicher Segen für Gründer Neumann
Von Alex Wehnert, New York
Die Insolvenz der Büroplattform Wework könnte einen unerwarteten Gewinner hervorbringen: den einst vom Hof gejagten Unternehmensgründer Adam Neumann. Denn bevor der heute 44-Jährige seine Firma Ende 2019 nach einem verpatzten Börsengang verließ, handelte er umfangreiche Zugeständnisse für sich heraus. Darunter war auch ein rund 430 Mill. Dollar schwerer Kredit des Technologieinvestors Softbank, der nun besonders in den Fokus rückt.
Denn Neumann ist für diesen nicht persönlich haftbar. Stattdessen sehen die Konditionen vor, dass Softbank bei Zahlungsausfall Neumanns verbleibende Anteile an Wework beansprucht. Deren Wert hat sich seit Herbst 2021 aber von 500 auf 4 Mill. Dollar reduziert. Bei Softbank geht nun die Sorge um, dass Neumann die Aktien einreichen und auf die Rückzahlung des Kredits verzichten könnte.
Schwerer Schlag für Softbank
Der in Israel geborene Unternehmer soll 2022 zwar einen Teil seiner Verbindlichkeiten abgebaut haben, dem Technologieinvestor aber immer noch mehrere 100 Mill. Dollar schulden. Für Softbank, die in der abgelaufenen Woche den vierten Quartalsverlust in Folge vermeldete, droht damit ein weiterer schwerer Schlag. Neumann, dessen Vermögen einst auf rund 10 Mrd. Dollar beziffert wurde und der laut dem Bloomberg Billionaires Index zuletzt 1,7 Mrd. Dollar schwer war, äußert sich zu seinen Absichten bisher nicht. In einem Statement betonte er lediglich, es sei schwierig für ihn, den Niedergang von Wework von außen zu beobachten.
Die einst mit 47 Mrd. Dollar bewertete Plattform expandierte über Jahre aggressiv und war zuletzt der größte Einzelmieter von Büros in London und New York. Doch spätestens 2019 kamen bei Investoren Zweifel am Geschäftsmodell auf, Büroflächen langfristig anzumieten und kurzfristig weiterzuvermieten. Nachdem das angepeilte Initial Public Offering in der Folge platzte, suchte Wework durch die Hintertür den Weg an die Börse: Im Oktober 2021 debütierte das Unternehmen durch Rückwärtsfusion mit einer Mantelgesellschaft (Spac) zu deutlich reduzierter Bewertung in New York.
Jahrelange Mittelvernichtung
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Corona-Pandemie und der Homeoffice-Trend die Nachfrage auf der Büroplattform bereits erodieren lassen, Wework verbrannte quartalsweise regelmäßig liquide Mittel im Volumen von mehr als 500 Mill. Dollar. Die langfristigen Mietverpflichtungen machen den bedeutendsten Teil des Schuldenbergs von 18,65 Mrd. Dollar aus, den Wework in einem ersten Antrag beim Insolvenzgericht in New Jersey offenlegte. Demgegenüber stehen Assets von 15,06 Mrd. Dollar.
Seit Jahren versuchte Wework mit begrenztem Erfolg, die Kostenbelastung durch Neuverhandlungen oder Auflösungen von Mietverträgen zu drücken. Durch die Insolvenz kann das Unternehmen Mietvereinbarungen in den Vereinigten Staaten und Kanada nun aber einseitig aufkündigen. Bei 50 bis 100 Vereinbarungen will das Unternehmen Gebrauch von dieser Option machen.
Neben dem potenziellen Gewinner Neumann bringt die Insolvenz der Plattform also eine lange Reihe an Verlierern hervor: die Vermieter, denen Einnahmen wegbrechen, die Mieter, die sich kurzfristig neue Büros suchen müssen – und die Aktionäre, die bereits in den vergangenen Jahren massive Wertverluste verkraften mussten.
Milliarden versenkt
Der mit Abstand größte Verlierer ist indes Softbank. Der Mischkonzern steckte schon während Neumanns Zeit als CEO mehr als 10 Mrd. Dollar in Wework. Zusammen mit anderen Investoren zahlte Softbank dabei gestaffelt wohl über 1 Mrd. Dollar an eine Gesellschaft, die sich unter Kontrolle und zu weiten Teilen auch im Besitz Neumanns befand. Nachdem der Gründer seinen Abschied nehmen musste, baute Softbank ihre Anteile noch aus und besicherte bis zu 5 Mrd. Dollar an neuen Krediten für die Büroplattform. Insgesamt hat der Konzern von den rund 16 Mrd. Dollar, die er in Wework gesteckt hat, bisher mehr als 14 Mrd. Dollar verloren.
Neumann indes ließ sich seinen Abschied 2019 vergolden. Softbank stimmte damals nicht nur dem nun in den Fokus gerückten Kredit, sondern auch direkten Zahlungen von 200 Mill. Dollar an den Unternehmer zu. Zudem standen die Japaner für 1,75 Mill. Dollar ein, die der Gründer Wework unter anderem für die persönliche Nutzung von Privatjets schuldete. Neumann ist weiter im Immobiliensektor aktiv. Einen Teil der Einkünfte aus seiner Zeit bei Wework steckte er in den Kauf von Wohngebäuden. Im vergangenen Jahr lancierte er sein Vermiet-Start-up Flow – gestützt wird es durch ein 350 Mill. Dollar schweres Investment der Venture-Firma Andreessen Horowitz.