Zoom-Chef Yuan kann Gehaltskürzung wegstecken
Der Chef des Videokommunikationsdienstes Zoom, Eric Yuan, will sein Unternehmen im Zuge des post-pandemisch nachlassenden Wachstumstempos verschlanken und auch selbst einen Teil zum eingeleiteten Sparkurs beitragen. Neben der Tatsache, dass rund 1300 Mitarbeitende oder 15 % der Belegschaft entlassen werden sollen, kündigte Yuan in einem Schreiben an die Angestellten − die er trotz der bitteren Botschaft liebevoll „Zoomies“ nannte − an, sein Gehalt im kommenden Geschäftsjahr um 98 % zu kürzen und auf seinen Bonus für das Geschäftsjahr 2023 zu verzichten.
Um die in der Pandemie schnell gewachsene Zahl von Zoom-Nutzern und deren Bedürfnisse managen zu können, habe man das Personal entsprechend schnell aufstocken müssen, erklärte Yuan. „Innerhalb von 24 Monaten sind wir auf das Dreifache gewachsen“, so der 52-Jährige. „Wir haben aber auch Fehler gemacht. Wir haben uns nicht die Zeit genommen, die wir gebraucht hätten, um unsere Teams gründlich zu bewerten oder um festzustellen, ob wir nachhaltig wachsen.“ Als CEO und Gründer von Zoom trage er die Verantwortung für diese Fehler, führte Yuan weiter aus. Auch die Mitglieder in der Geschäftsführung würden im kommenden Geschäftsjahr auf 20 % ihres Grundgehalts sowie auf ihren Bonus für den laufenden Turnus verzichten.
Yuan ist bei Weitem nicht der erste Tech-Manager, der vor dem Hintergrund des massiven Werteverfalls in der US-Branche auch beim eigenen Einkommen Abstriche macht. So hatte etwa der iPhone-Konzern Apple seinem Vorstandschef Tim Cook Mitte Januar − auf dessen Geheiß, aber auch auf Druck von Investoren − das Gehalt für das laufende Geschäftsjahr um mehr als 40 % gekürzt. Ende Januar erklärte zudem Google-Chef Sundar Pichai, dass es im höheren Management des Suchmaschinenkonzerns zu einer „sehr deutlichen Verringerung der diesjährigen Bonuszahlungen“ kommen werde. Wenige Tage zuvor hatte der Mutterkonzern Alphabet verkündet, 12 000 Stellen streichen zu wollen. Auch Pat Gelsinger, dem Chef des Chipkonzerns Intel, wurde das Gehalt zuletzt um 25 % gekürzt.
Dass die Tech-CEOs und betroffene Führungskräfte durch die Sparmaßnahmen nun womöglich in finanzielle Nöte geraten könnten, steht aber eher nicht zu befürchten. Denn der Hauptteil der Vergütung im oberen Management speist sich in der Branche meist aus Aktienpaketen oder -optionen. Und auf die Bekanntgabe von Entlassungsrunden reagiert der Aktienmarkt nun mal oft besonders wohlwollend. Im Falle von Zoom ging der Börsenkurs am Tag der Ankündigung beispielsweise um fast 10 % nach oben. Bei Alphabet waren es immerhin noch gut 5 %.
Wie viel der Zoom-Gründer aktuell genau an seinem Unternehmen hält, ist zwar nicht bekannt. Zum Zeitpunkt des Börsengangs im Jahr 2019 sollen es laut dem US-Magazin „Forbes“ aber 22 % gewesen sein. Aus Pflichtdokumenten geht hervor, dass Yuan im Jahr 2021 Aktien im Wert von gut 6 Mrd. Dollar an einen unbekannten Empfänger transferiert hat.
Das Wirtschaftsmagazin beziffert Yuans Vermögen derzeit auf 3,7 Mrd. Dollar. Das ist zwar weit entfernt von den fast 18 Mrd. Dollar, auf die der aus China stammende Programmierer und Mathematiker im Jahr 2020 und damit zu Hochzeiten der Pandemie gekommen war. Dennoch ist es eine beachtliche Summe, die zum einen das Ergebnis von Ausdauer und Hartnäckigkeit ist, zum anderen aber auch schlicht aus einem glücklichen Timing resultiert. Von seinem Idol Bill Gates angezogen, siedelte Yuan laut „CNBC“ im Jahr 1997 mit 27 Jahren von China nach Kalifornien über, wobei sein Visa-Antrag zunächst acht Mal abgelehnt wurde. Den ersten Job trat er beim Webkonferenzen-Anbieter Webex an, der 2007 von Cisco Systems gekauft wurde. Als Vice-President versuchte Yuan im Jahr 2011 seine Vorgesetzten davon zu überzeugen, dass es im Smartphone-Zeitalter eine neue und einfachere Form der Videokonferenz brauche. Doch er stieß damit auf taube Ohren und verfolgte die Idee fortan allein. Auch als frischer Gründer wehte ihm anfangs Skepsis von Investoren entgegen, die den Markt als bereits gesättigt ansahen. Am Ende gelang es Yuan dennoch, genug Kapital zu beschaffen, um seine Vision zu verwirklichen. Der „Financial Times“ sagte er später, dass es genau der passende Zeitpunkt gewesen sei: „Hätte ich das Unternehmen zehn Jahre früher gestartet, hätte es nicht Fuß gefasst“, so der Vater dreier Kinder. „Das Smartphone hat eine große Industrie entstehen lassen, die Cloud hat eine große Industrie entstehen lassen. (…) Es passierte mir zur richtigen Zeit.“