GastbeitragBesteuerung

Deutschen Investoren droht Verdopplung der Steuersätze in den USA

Die America-First-Politik des US-Präsidenten Donald Trump könnte eine Antwort auf die sogenannten Registerfälle auslösen.

Deutschen Investoren droht Verdopplung der Steuersätze in den USA

Deutschen Investoren droht Verdopplung
der Steuersätze in den USA

Trumps America-First-Politik könnte eine Antwort auf die Registerfälle auslösen

Von Ulf Andresen *)

Neben der Absage an das globale Mindeststeuerprojekt der OECD und der latenten Drohung der Einführung von Zöllen ist eine weitere Regelung aus den präsidentiellen Dekreten in den USA bisher weitgehend unbemerkt geblieben, die sich für deutsche Investoren und Konzerne unter Umständen nachteilig entwickeln könnte.

Das Dekret „America First Trade Policy“ vom 20. Januar 2025 enthält unter § 2 Buchstabe j) die Aufforderung an den Finanzminister, den Wirtschaftsminister und den United States Trade Representative untersuchen zu lassen, ob ein bestimmter ausländischer Staat Bürger oder Unternehmen aus den USA einer diskriminierenden oder extraterritorialen Besteuerung im Sinne des § 891 des US-Einkommensteuergesetzes unterwirft. Die Rechtsfolgen dieser Vorschrift hätten im Anwendungsfall das Potenzial, eine gewisse Sprengkraft für ausländische Konzerne zu entfalten. Sie sieht vor, dass die Steuersätze in acht Paragrafen des US-Einkommensteuergesetzes mehrfach verdoppelt werden können bis zu einer maximalen Steuersatzhöhe von 80% der jeweiligen steuerlichen Bemessungsgrundlage.

Diskriminierende Besteuerung

Die Verdopplung beginnt in dem Jahr, in dem der US-Präsident die Feststellung trifft („the President shall so proclaim“), dass eine diskriminierende oder extraterritoriale Besteuerung von US-Bürgern oder -Unternehmen in einem anderen Staat stattfindet. Die Verdopplung setzt sich Jahr um Jahr fort, bis der vorgenannte Grenzsteuersatz von 80% erreicht ist. Weshalb sollten sich in Deutschland ansässige natürliche und juristische Personen darüber Gedanken machen, dass die genannte Vorschrift ihnen gegenüber zur Anwendung gebracht werden könnte?

In Diskussion seit 2020

Seit nunmehr 2020 werden in Deutschland die sogenannten „Registerfälle“ diskutiert, nachdem die US-Dependancen internationaler Wirtschaftsprüfungsgesellschaften eine Regelung aus dem deutschen Einkommensteuergesetz zu einem wesentlichen Gegenstand der Prüfung der Jahresabschlüsse von US-Konzernen zum Abschlussstichtag 31. Dezember 2019 gemacht haben. Diese Regelung unterwirft Lizenzzahlungen für in ein inländisches Register eingetragene Schutzrechte der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland.

Freistellungsbescheinigungen

Im Kern geht es bei der in Rede stehenden Vorschrift um die Festsetzung einer deutschen Quellensteuer auf Lizenzzahlungen zwischen zwei Personen oder Gesellschaften, obwohl keine dieser Personen in Deutschland ansässig ist und daher auch keine Zahlung direkt aus Deutschland zwangsläufig abfließt (extraterritoriale Besteuerung). Alleiniger Anknüpfungspunkt für die Besteuerung dieser extraterritorialen Lizenzzahlungen in Deutschland ist die Eintragung von Schutzrechten in ein inländisches öffentliches Buch oder Register, etwa beim Deutschen Patent- und Markenamt.

Ausgehend von dieser Prüfungssituation haben hunderte Unternehmen vornehmlich US-amerikanischer Provenienz mehrere tausend Steueranmeldungen abgegeben und Freistellungsbescheinigungen beantragt; letzteres in den Fällen, in denen Deutschland nach einem abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebers kein Besteuerungsrecht an den getätigten Lizenzzahlungen hat.

Drei BMF-Schreiben

Nachdem es über viele Jahrzehnte seit Bestehen der Regelung keinen einzigen Erklärungsfall unter der genannten „Register“-Regelung gegeben hat, sind die deutschen Finanzbehörden einschließlich des Bundesfinanzministeriums von dieser Steuererklärungswelle zunächst überrascht und auch überrollt worden, haben dann jedoch mit drei BMF-Schreiben reagiert, die Anwendungsregelungen enthalten. Gleichzeitig ist ein Gesetzesentwurf, der die Streichung der Regelung zum 1. Januar 2023 vorgesehen hatte, vom Bundesfinanzministerium wieder zurückgezogen worden. Eine partielle Entschärfung der Regelung durch das Jahressteuergesetz 2022 hat an deren Fortbestand nichts geändert. Das könnte zu einem Problem in der Zukunft werden.

Rücknahme erst im Folgejahr

Dies liegt daran, dass eine Rücknahme der Verdopplung der Steuersätze nach § 891 Satz 3 U.S. Internal Revenue Code erst im Folgejahr erfolgen kann, und zwar nach einer erneuten Feststellung des Präsidenten, dass die diskriminierenden oder extraterritorialen Steuern im Ausland aufgehoben worden sind. Die US-amerikanische Steuerbehörde hatte in den vergangenen Jahren mehrfach an das deutsche Bundesfinanzministerium appelliert, die kontroverse Regelung abzuschaffen, und ist dem Vernehmen nach von deutscher Seite zum Teil brüsk zurückgewiesen worden.

Angesichts der Tatsache, dass eine weltweit einheitliche Anwendung dieser Vorschrift ohnehin nicht sichergestellt und eine Steuerzahlung nur dann erwartet werden kann, wenn ausländische Unternehmen sich freiwillig steuerlich erklären, hätte es Deutschland auch aus rechtlichen Gründen gut zu Gesicht gestanden, diese Regelung in ihrer zeitlichen Anwendung zu begrenzen und die Besteuerung wieder auf ein gewissermaßen territoriales Maß zurückzuführen.

Streichung sinnvoll

Eine neue Bundesregierung täte gut daran, die Streichung der Registerfälle aus dem ursprünglichen Gesetzesentwurf zum Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz jedenfalls mit Wirkung für Lizenzeinkünfte zu beschließen, die ab dem 1. Januar 2025 zufließen, um damit einen denkbaren Schaden für deutsche Investoren in den USA abzuwenden.

*) Dr. Ulf Andresen, Steuerberater und Chartered Accountant (Australien), ist Partner im Frankfurter Büro von DLA Piper.

Dr. Ulf Andresen, Steuerberater und Chartered Accountant (Australien), ist Partner im Frankfurter Büro von DLA Piper.