E-Sports entwickelt sich zum Milliardengeschäft
Von Daniel Gellrich und Martin Brandenburger-Nonnast *)
Sowohl für digitale Athleten als auch für Unternehmen des Wirtschaftszweiges stellen sich zahlreiche steuerliche Fragen – von Zurechnung der Einkünfte bis hin zur Haftung. Eine frühzeitige Auseinandersetzung lohnt, denn längst spielt auch der Fiskus mit.
Wer als Profi im E-Sport aktiv ist, kann sich finanziell mittlerweile mit den Stars der großen analogen Sportarten messen. Astronomische Gehaltsangebote – zuletzt 20 Mill. Dollar für Lee „Faker“ Sang-hyeok –, Preisgelder im zweistelligen Millionenbereich und jüngst Unternehmensakquisitionen in Milliardenhöhe – die Branche mausert sich und ist für Investoren längst einen ernsthaften Blick wert.
Diese finanziellen Dimensionen rufen nicht nur allerlei Interessierte, sondern auch den Fiskus auf den Plan. Doch eingetretene Pfade rund um das Thema E-Sport-Besteuerung sind selten zu finden. Dem Geld folgend lohnt sich der Blick in die Welt der Spieler und auf Unternehmen, die hinter den digitalen Wettkämpfen stehen.
Fragen hinter der Bühne
Große Spieleentwickler nutzen E-Sport-Events als Chance zur reichweitenstarken Vermarktung ihrer eigenen Titel. Ausverkaufte Stadien und Live-Performances namhafter Popstars sollen Generationen von Jugendlichen an die hauseigenen Gaming-Titel binden.
Abseits des Bühnenlichts stellen sich für Beteiligte wirtschaftlich entscheidende Fragen: Werden Vereinbarungen direkt mit den Spielern geschlossen oder mit deren Team-Organisationen? Wer ist Eigentümer der Bild- und Markenrechte, und wem sind die Einkünfte von internationalen Spielern und Teams zuzurechnen? Wird das Turnier selbst vermarket oder soll eine (Dritt-)Gesellschaft dafür eingeschaltet werden? Multinational aufgestellte Unternehmen haben nämlich die Möglichkeit, Gesellschaften aus verschiedenen Ländern zu verwenden und so steuerliches Optimierungspotenzial zu nutzen – zum Beispiel mit Blick darauf, welches Land die steuerlich „freundlichste“ Regelung für die Geltendmachung von Lizenzaufwendungen bietet.
Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass gerade diese Internationalität Finanzverwaltungen verschiedener Staaten auf den Plan ruft, die Stücke vom steuerlichen Kuchen einfordern. So erhebt im Grundsatz auch der deutsche Staat Steuern auf die Vergütung von ausländischen Sportlern, die in Deutschland Darbietungen – auch solche elektronischer Natur – erbringen. Hier trifft den Veranstalter die Verpflichtung, diese Steuer zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. Andernfalls kann eine Haftung gegenüber dem Finanzamt drohen. Welche Vergütungsbestandteile konkret unter diese Verpflichtung fallen, ist gerade bei E-Sportlern mit Unsicherheit behaftet. Gleichwohl droht im Falle von Zuwiderhandlungen sogar die Verwirklichung von Steuerstraftatbeständen.
Auch kann es für Spieleentwickler nachteilig sein, Spieler zu nah an sich zu binden. So können aus „Freelancern“ Arbeitnehmer im steuerlichen Sinn werden, ohne dass die Beteiligten dies merken. Neben den dann geltenden Schutzvorschriften für Arbeitnehmer werden Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben fällig, die sich an den teils üppigen Gehältern und Antrittsgeldern der teilnehmenden Spieler orientieren könnten.
Wer als E-Sportler in verschiedenen Ländern tätig wird, weckt dort fiskalische Begehrlichkeiten. Hier steht neben der Erfüllung aller steuerlicher Pflichten auch die Vermeidung der doppelten Besteuerung desselben Einkommens durch die Nutzung von Verrechnungsmöglichkeiten sog. Doppelbesteuerungsabkommen im Vordergrund.
Bei einem so vernetzten Tätigkeitsfeld wie dem E-Sport liegt zudem der Gedanke nahe, den Wohnsitz in die sonnigen Regionen der Erde zu verlegen. Beachtet werden sollte dabei allerdings, dass der deutsche Staat bei einem solchen Wegzug nicht tatenlos zusieht. Er kann bis zu zehn Jahre nach der Auswanderung Steuern auf Teile des Einkommens erheben, das außerhalb Deutschlands erwirtschaftet wird.
Diverse Einnahmequellen
Charakteristisch für den Typus des modernen E-Sportlers sind neben der Vergütung durch sein Team diverse weitere Einnahmequellen. Anlass für Streit mit dem Finanzamt bietet hier insbesondere die Gewerblichkeit und damit Gewerbesteuerpflicht von Antrittsgeldern, Streaming-Erlösen sowie Einnahmen aus Bild-, Merchandising- und Markenrechten. Ebenso streitbehaftet sind Fragen um die Verlustverrechnung, sei es aus einer Beteiligung am Team oder weil etwa Turniererlöse in nicht wertstabiler Kryptowährung ausgezahlt wurden. Hier bietet es sich an, Vertragsbestandteile bereits im Vorfeld kritisch würdigen zu lassen und die diversen Einnahmesphären möglichst deutlich voneinander zu trennen.
In den nächsten Jahren wird eine intensivere Befassung von Rechtsprechung und Verwaltung mit der Besteuerung des Phänomens E-Sport zu erwarten sein. Die weitere Entwicklung bleibt daher mit Spannung abzuwarten.
*) Daniel Gellrich und Martin Brandenburger-Nonnast sind Rechtsanwälte im Kölner Büro der Kanzlei Oppenhoff.