GastbeitragBundesfinanzhof

Fondsbesteuerung endgültig entschieden

Die Versagung der Steuerbefreiung für ausländische Spezialimmobilienfonds verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. In Umsetzung dieses EuGH-Urteils hat der Bundesfinanzhof bemerkenswerte Aussagen getroffen.

Fondsbesteuerung endgültig entschieden

Keine Steuerpflicht ausländischer Fonds
in den Jahren 2004 bis 2017

Endgültige Regelung des Bundesfinanzhofs – Befreiung unabhängig von Anlegerbesteuerung

Von Konrad Rohde *)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11. Oktober 2023 (Az.: I R 23/23) endgültig entschieden: Ausländische Fonds unterliegen nicht der Steuerpflicht in Deutschland in den Jahren 2004 bis einschließlich 2017. Der entschiedene Fall betraf einen luxemburgischen Spezialimmobilienfonds, der mit seinen inländischen Immobilieneinkünften zur Besteuerung in Deutschland herangezogen wurde. Hiergegen wehrte sich der Fonds mit der Begründung, dass er kein Steuersubjekt sei. Selbst wenn dies so wäre, müsste der klagende Fonds wie deutsche Fonds von der Steuer befreit sein.

Bemerkenswerte Entscheidung

Das beklagte Finanzamt gewann den Fall in der ersten Instanz, der BFH legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vor. Der EuGH entschied mit Urteil vom 27. April 2023, dass die Versagung der deutschen Steuerbefreiung für ausländische Spezialimmobilienfonds gegen die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit verstoße. Das Urteil des EuGH wurde nunmehr vom BFH in das deutsche Steuerrecht umgesetzt.

Die Entscheidung des BFH ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen hat sich der BFH in seiner Nachfolgeentscheidung grundsätzlich mit der Rechtsform des klagenden Fonds auseinandergesetzt. Hierbei handelte es sich um einen sog. fonds commun de placement nach Luxemburger Recht, der einem deutschen Fonds in Form eines Sondervermögens vergleichbar war. Bislang war ungeklärt, ob die treuhänderische Verwaltung des Fondsvermögens als auch die Rückgaberechte der Anleger eine Steuerpflicht ausschließen.

Sämtliche Zweifelsfragen ausgeräumt

Dem erteilte der BFH eine klare Absage. Ausländische Fonds, die einem deutschen Sondervermögen vergleichbar sind, sind in Deutschland stets steuerpflichtig. Dies gelte unabhängig von der Form der Verwaltung des Fondsvermögens, sei es in einer Treuhandlösung oder in einer Miteigentumslösung. Auch ändere die Ausgestaltung der Rückgaberechte nichts an der Steuerpflicht, da Rückgaberechte grundsätzlich den Fondsbestand nicht berühren. Sämtliche Zweifelsfragen bei der Qualifikation ausländischer Fonds sind damit für steuerliche Zwecke ausgeräumt.

Gesetzlich nicht vorgesehen

Zum anderen hat der BFH entschieden, dass die Steuerbefreiung für inländische Fonds auch auf den klagenden ausländischen Spezialimmobilienfonds anwendbar sei. Auf den ersten Blick erscheint dies im Nachgang zum Urteil des EuGH vom 27. April 2023 wenig überraschend. Die Finanzverwaltung hatte aber vorgetragen, dass die Gewährung der Steuerbefreiung des klagenden Fonds von der Voraussetzung abhängig gemacht werden sollte, dass es zu einer mit inländischen Strukturen vergleichbaren Anlegerbesteuerung kommen müsse. Diese war gesetzlich nicht vorgesehen und sollte aber nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Konsequenz des Urteils des EuGH sein.

Neue Aussage

In der Rechtsprechung des BFH war bislang nicht geklärt, wie konkret ein Urteil des EuGH umzusetzen ist. Der BFH entschied, dass dies im Rahmen einer geltungserhaltenden Reduktion erfolgen müsse, indem die Beschränkung der Steuerbefreiung nur auf inländische Fonds unbeachtet bleibe. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts könne nicht zu einer eingriffsverschärfenden Ausweitung einer anderen Norm führen. Konkret bedeute dies, dass die Steuerbefreiung dem klagenden Fonds unabhängig von einer Anlegerbesteuerung zu gewähren sei.

Diese Aussage ist neu. Sie schiebt dem Versuch der Finanzverwaltung die Europarechtswidrigkeit einer Norm für eine Steuerschärfung an anderer Stelle – nämlich für eine an sich nicht vorgesehene Besteuerung von ausländischen Anlegern eines ausländischen Spezialimmobilienfonds zu nutzen – einen Riegel vor. Dies würde ansonsten gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung verstoßen. Für die Finanzverwaltung bedeutet dies über den entschiedenen Fall hinaus, dass im Falle einer Europarechtswidrigkeit einer Steuernorm sich daraus ergebende Steuerausfälle, ggf. sogar eine Nichtbesteuerung von Einkünften, hinzunehmen sind.

Folgen für andere Fonds

Dies ist vor allem für die beim BFH noch anstehenden Entscheidungen zu der Frage der Steuerbefreiung von Kapitalerträgen ausländischer Fonds von enormer Bedeutung (im Urteilsfalls wurde nur zu Immobilieneinkünften entschieden). In diesen Musterverfahren haben ausländische Fonds auf Erstattung von deutscher Kapitalertragsteuer aus inländischen Dividenden geklagt. Aufgrund des Urteils vom BFH vom 11. Oktober 2023 ist davon auszugehen, dass diesen Klagen stattgegeben werden wird und die Kapitalertragsteuer zu erstatten ist.

Die Erstattungen sind, obwohl Kapitalertragsteuern bei Erstattung grundsätzlich nicht verzinst werden, nach allgemeinen Grundsätzen zu verzinsen, da sie auf einem Unionsrechtsverstoß basieren. Hierzu muss rechtzeitig ein Antrag gestellt werden. Aufgrund der seit vielen Jahren zurückliegenden Steuerzahlungen ist es möglich, dass die Zinszahlungen zugunsten der Steuerpflichtigen sehr erheblich sein werden.

*) Dr. Konrad Rohde ist Rechtsanwalt und Steuerberater im Frankfurter Büro von DLA Piper.

Dr. Konrad Rohde

Rechtsanwalt und Steuerberater im Frankfurter Büro von DLA Piper

*) Dr. Konrad Rohde ist Rechtsanwalt und Steuerberater im Frankfurter Büro von DLA Piper.