„Für die Kryptowelt ist das ein Meilenstein“
Herr Bernau, das Fondsstandortgesetz ermöglicht Anlagen in Kryptowerte wie Bitcoin. An welche Voraussetzungen ist die Erlaubnis gekoppelt?
Zunächst ist zu betonen, dass dies für bestimmte weniger streng regulierte Spezialfondstypen bereits zuvor statthaft war und solche Fonds in der Vergangenheit auch bereits erfolgreich aufgelegt worden sind. Bemerkenswert ist also, dass die Anlageklasse jetzt auch für offene Spezial-AIFs mit festen Anlagebedingungen mit einer Quote von bis zu 20% zulässig wird. Das ist deswegen beachtlich, weil dieser Fondstypus das im Segment der Spezialfonds am strengsten regulierte Investmentvermögen ist und aufgrund bestimmter gesetzlicher Privilegien für institutionelle Investoren, insbesondere Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke, das bewährte Standardvehikel in der Fondsanlage ist. Zur Auflage bedarf es einer voll lizenzierten Kapitalverwaltungsgesellschaft, die konkret zur Verwaltung von derartigen Fonds befugt ist. Es ist aber denkbar, dass weitere Anforderungen an die Eignung der Geschäftsleiter oder das Risikomanagement seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gestellt werden.
Was bedeutet das für die Kryptowelt?
Für die Kryptowelt ist das wirklich ein wichtiger Meilenstein. Zum einen, weil es generell als ein beachtliches politisches Zeichen des Gesetzgebers zu werten ist, wenn künftig institutionelle Investoren über die streng regulierten Spezialfonds in Kryptowerte investieren können sollen. Gemessen an den beträchtlichen Anlagevolumina von inländischen Spezialfonds dürfte die Erweiterung der Anlagemöglichkeiten zum anderen dem Markt für Kryptowerte rein wirtschaftlich einen deutlichen Schub verleihen.
Können auch Publikumsfonds in Kryptowerte investieren?
Nicht direkt. Allerdings dürfen Publikumsfonds in sogenannte 1:1-Zertifikate investieren, die die Wertentwicklung einzelner Kryptowerte oder eines Pools von Kryptowerten nachbilden und als Exchange Traded Note häufig auch börsennotiert sind.
Wie risikoreich sind solche Investments? Der Bitcoin-Kurs zum Beispiel schwankt stark.
Der Markt für Kryptowerte ist noch relativ jung und entwickelt sich aktuell in vielerlei Hinsicht fort, das heißt, es bilden sich stetig neue Kryptowerte und -verfahren sowie Handelsmöglichkeiten. Es ist aber nicht zu verkennen, dass die Volatilität der bekanntesten Kryptowerte in der Vergangenheit sehr hoch war. Im Vergleich zu der Volatilität des Währungskurses von beispielsweise US-Dollar/Euro auf der einen Seite und des S&P-500-Index auf der anderen Seite zeigt sich, dass die Wertbildung von Bitcoins eher der eines Vermögenswertes als der einer Währung gleicht. Die extreme Volatilität bringt naturgemäß ein gesteigertes Risiko mit sich, korrespondierend aber natürlich gleichlaufende Chancen. Das Ausmaß des tatsächlichen Risikos hängt aber wie immer von der verfolgten Anlagestrategie und der Risikodiversifikation ab.
Welche Folgen ergeben sich für den Fondsstandort Deutschland?
Erklärtermaßen soll die Neuregelung dazu dienen, die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit deutscher Fondsprodukte zu steigern. Das kann aber nur gelingen, wenn Deutschland auch im Übrigen attraktive Rahmenbedingungen schafft, um Investitionen in Kryptowerte allgemein salonfähig zu machen. Mit den kürzlich veröffentlichten Entwürfen zu einer Kryptowertetransferverordnung und zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen setzt das Bundesfinanzministerium hier aber eher einen deutlichen Kontrapunkt.
Welche Weiterentwicklungen stehen noch aus?
In jedem Fall eine größere Harmonisierung und dadurch höhere Rechtssicherheit im EU-Binnenmarkt, und das ist auch wichtig. Die EU hat dies mit ihren beiden Gesetzgebungsvorhaben Mica (Markets in Crytpo Assets) und dem DLT Pilot Regime bereits angestoßen. Auf nationaler Ebene ist neben der bereits geschaffenen Möglichkeit von elektronischen Wertpapieren die Zulassung von elektronischen Gesellschaftsanteilen und anderen Vermögenswerten nur eine Frage der Zeit.
Dr. Timo Patrick Bernau ist Partner von GSK Stockmann in München.
Die Fragen stellte Helmut Kipp.