„Kryptowährungen können einen zusätzlichen Kaufanreiz setzen“
Helmut Kipp
Frau Hugendubel, Kryptowährungen finden zunehmend Verbreitung. In den Vereinigten Staaten gehen die meisten Einzelhändler laut einer Umfrage davon aus, dass digitale Zahlungsmittel in fünf Jahren in ihren Branchen gang und gäbe sein werden. Unlängst hat der Luxusgüterhändler Gucci seinen Kunden die Bezahlung in Kryptowährungen angeboten. Welche Kryptos können genutzt werden?
Gucci hat der aktuellen Berichterstattung zufolge um die zehn Kryptowährungen ausgewählt. Konkret sollen Kunden in bestimmten Staaten mit Kryptowährungen wie Bitcoin (BTC), Ethereum (ETH), Litecoin (LTC), sogar auch mit den Memecoins Dogecoin (DOGE) und Shiba Inu (SHIB) sowie einigen wertstabilen, sogenannten Stablecoins zahlen können. Interessant bei Gucci und anderen Anbietern von Luxusprodukten ist, dass sie neben Kryptowährung auch Non-fungible Tokens (NFTs) akzeptieren, also auf einer Blockchain basierende Token, die einzigartig sind und mit Werten außerhalb der Blockchain verknüpft werden, zum Beispiel Kunst und Collectibles. Im Fall von Gucci werden digitale Produkte, wie digitale Mode, mit NFTs verknüpft, zum Beispiel Designermode für Avatare.
Was verspricht sich das Unternehmen von dem Angebot?
Naheliegendes Ziel ist die Steigerung der Kundenattraktivität, vielleicht auch gepaart mit einem gewissen Marketing-Gag. Kunden, die Inhaber von Kryptowährungen sind, müssen diese nicht mehr in Fiat-Währung wie Euro und Dollar umtauschen. Außerdem zeigt es, dass Gucci sich intensiv mit der digitalen Transformation befasst.
Welche Hürden und Fallstricke gibt es?
Auch wenn der Einsatz in der Praxis in vielen Ländern bereits gelebt wird, gibt es Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf Compliance. Zudem ist die Auswahl der Anbieter wichtig, mit denen zusammengearbeitet wird. Des Weiteren spielt natürlich die Nutzerfreundlichkeit des jeweiligen Angebots eine große Rolle, die sich gerade rasant entwickelt.
Gibt es rechtliche Voraussetzungen, die unbedingt zu beachten sind?
Die rechtlichen Voraussetzungen hängen insbesondere von der Rechtsordnung des jeweiligen Landes ab, auf das ein Angebot zugeschnitten ist. Für die rechtliche Beurteilung sind dabei drei Punkte relevant: Erstens muss zunächst geklärt werden, ob das Unternehmen eine Erlaubnis der BaFin benötigt. Zweitens sind zivilrechtliche Aspekte zu klären, insbesondere die Vertragsgestaltung mit den Kunden und Dienstleistern. Drittens gibt es natürlich steuerrechtliche Fragen.
Spielen Kryptowährungen bereits jetzt im Handel eine größere Rolle?
Gucci ist global betrachtet nicht der erste Anbieter, der neben staatlich anerkannten Währungen nun auch Kryptowährungen als Zahlungsmittel akzeptiert. Microsoft, AT&T und Starbucks ermöglichen ebenfalls an verschiedenen Standorten bzw. für unterschiedliche Produkte Bezahlungen mit Kryptowährungen. In Mexiko gibt es beispielsweise bereits eine Einzelhandelsgruppe, die unter anderem Elektrogeräte für Verbraucher vertreibt und ihren Kunden das Bezahlen mit Kryptowährungen gestattet. In wenigen Ländern sind Kryptowährungen als gesetzliches Zahlungsmittel (Legal Tender) anerkannt, zum Beispiel in El Salvador und in der Zentralafrikanischen Republik. In einigen Ländern/Kommunen werden Kryptowährungen akzeptiert, um Steuern oder Verwaltungsgebühren zu bezahlen, etwa in der Schweiz, Panama und Brasilien.
Welche Chancen ergeben sich für Einzelhändler in Deutschland?
Gucci ist mit der Einführung der Möglichkeit, mit Kryptowährungen zu bezahlen, einer der Vorreiter. Das Unternehmen zeigt, wie Kryptowährungen in den Kaufprozess einbezogen werden können. Wenn Verbraucher zunehmend Kryptowährungen nutzen, können Unternehmen so einen zusätzlichen Kaufanreiz setzen und sich gegenüber weniger technologieoffenen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil schaffen.
Dr. Julia Hugendubel ist Senior Associate von CMS.
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