Neue Meldepflichten für Emittenten ab 2026
Die neuen Meldepflichten für Emittenten greifen ab dem Jahr 2026
Im Schatten von Cum-ex müssen Unternehmen umfangreiche Daten über Aktionäre liefern
Von Katharina Stüber *)
Mitten in der Corona-Pandemie wurde fast unbemerkt eine umfangreiche Meldepflicht für inländische börsennotierte Gesellschaften als Teil des Abzugssteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes verabschiedet. Was als Erleichterung daherkommt, birgt auch einen großen bürokratischen Mehraufwand in sich. Ähnlich komplex wie der Gesetzesname ist die Umsetzung des in der Praxis als MiKaDiv bezeichneten Mitteilungsverfahrens Kapitalertragsteuer auf Dividenden aus Aktien und Hinterlegungsscheinen.
Um ein Jahr verschoben
Ursprünglich sollte die Meldepflicht ab dem 1.1.2025 eingreifen. In einem nun bekannt gewordenen Schreiben des Bundesfinanzministeriums wird mitgeteilt, dass die Regelung erstmals ab dem 1.1.2026 eingreifen soll, also um ein Jahr verschoben wird. Inhaltlich sind die betroffenen Unternehmen dann unverändert verpflichtet, zum Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses der Hauptversammlung, sämtliche Aktionäre zu identifizieren und eine Vielzahl von persönlichen Daten an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln.
Die im Aktiengesetz verankerte Möglichkeit des Know Your Shareholder wird zu einer Pflicht zur Informationserhebung (§ 45b Abs. 9 Einkommenssteuergesetz (EStG)). Dies kann schnell zu mehreren hunderttausend zu identifizierenden Aktionären führen.
Unterschiedliche Datensätze
Ziel ist es, missbräuchliche Steuergestaltungen und einen erneuten Cum-ex-Skandal zu verhindern. Die vorgesehenen Identifikation- und Meldepflichten sind jedoch nur schwer zu erfüllen. Denn die nun verpflichtend zu übermittelnden Datensätze gehen über die bislang mögliche Datenabfrage hinaus. So verlangt § 93c Abgabenordnung (AO) auch Steueridentifikationsnummern und Geburtsdaten der Aktionäre, ohne dass die Emittenten solche Angaben von diesen nach dem Aktiengesetz verlangen können. Das BZSt hat dazu in einem Merkblatt die Auffassung vertreten, dass diese Informationen durch unternehmensinterne, verfügbare Daten, wie etwa solche aus Mitarbeiteraktiendepots, zu ergänzen seien.
Identifikationspflicht auch für Kleinstbestände
Gesellschaften mit Namensaktien sollen auf ihre Aktienregister zurückgreifen können – jedenfalls dann, wenn Gewissheit über die Aktionäre besteht. Doch nicht alle Aktionäre lassen sich in das Aktienregister eintragen, sodass hier lediglich eine teilweise Erleichterung eintritt. Gerade bei sog. Nominee-Beständen, also Aktien, für die sich meist Banken mit dem Hinweis auf Fremdbesitz für ihre Kunden eintragen lassen, besteht jedoch eine Identifikationspflicht und zwar auch unabhängig von der Höhe der Beteiligung.
Nachhaltige Lösung erwünscht
In der Praxis werden Emittenten spezialisierte Dienstleister einschalten. Hier entstehen aktuell neue Geschäftsmodelle. Denn nach Vorstellung des BZSt sollen die Informationen nicht nur weitergeleitet, sondern auch überprüft und ggf. korrigiert werden. Auf welcher Basis diese Kontrolle erfolgen soll, ist offen, da es für die Unternehmen eine Single Source of Truth zum Abgleich nicht gibt. Für die technischen Aspekte hat das BZSt bereits ein mehr als 80-seitiges Handbuch veröffentlicht, um die IT-Fragen der Übermittlung zu regeln.
Die umfangreichen Datenmengen führen automatisch zu Fragen des Datenschutzes. Sämtliche Aktionäre müssen über die Informationsweitergabe an das BZSt informiert werden. Hier werden pragmatische und vor allem nachhaltige Lösungen benötigt, um den postalischen Versand von hunderttausenden Briefen zu vermeiden. E-Mail-Adressen der Aktionäre sind in deutlich weniger als 50% der Fälle bekannt. Ferner wird es zu Nachfragen kommen. Eine prägnante und transparente Aktionärskommunikation ist daher von besonderer Bedeutung.
Viele Fragen offen
Die neuen Pflichten gelten nicht europaweit, sondern betreffen nur deutsche Unternehmen. Da der Zeitpunkt der verpflichtenden Aktionärsidentifikation den Gesellschaften keinen echten zusätzlichen Erkenntniswert bringt, wird das in Europa sonst oft angestrebte Level Playing Field beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass selbst die Finanzverwaltung kaum echten Erkenntnisgewinn aus den Meldungen gewinnen kann. Durch die zusätzliche parallele Mitteilungspflicht der depotführenden Banken erhält das BZSt die Datenbestände faktisch doppelt. Der Mehrwert dürfte minimal sein und steht in keinem Verhältnis zu dem Aufwand.
Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen und auch steigenden Bedeutung von ESG-Themen, wie etwa der erstmaligen Pflicht zur Erstellung eines geprüften Nachhaltigkeitsberichts, stellt sich die Frage, ob Ressourcen nicht besser allokiert werden könnten. Daher sollte Augenmaß bei der Klärung diverser offener Fragen, auch etwa zur Haftung bei Fehlern in den Mitteilungen und der Einrichtung von erforderlichen Compliance- und Organisationsmaßnahmen, verwendet werden. Bis zu den ersten Hauptversammlungen im Jahr 2026 bleibt hierfür noch Zeit. Gleichwohl sollten Unternehmen sich schon jetzt mit der Umsetzung beschäftigen.
*) Dr. Katharina Stüber ist Partnerin von Baker McKenzie und Diplom-Kauffrau. Sie berät schwerpunktmäßig börsennotierte Gesellschaften zum Aktien- und Kapitalmarktrecht.