NFTs sind mehr als ein Hype in der Kryptoszene
Von Markus Kaulartz und Alexander Schmid*)
Non-Fungible Token (NFTs) sind spätestens seit Anfang 2021 in aller Munde. Der Verkauf des digitalen Kunstwerks mit dem Namen „Everydays: The first 5000 days“ für rund 69 Mill. Dollar stellt dabei nur die (vorläufige) Spitze des Eisbergs dar. Auch die Deutsche Börse und die Commerzbank steigen laut Medienberichten in den Handel mit NFTs ein und investieren dafür in das Fintech-Unternehmen „360X“.
Non-Fungible Token basieren auf der Blockchain-Technologie. Sie bietet eine Alternative zur herkömmlichen, zentralisierten Speicherung von Daten, indem Informationen dezentral von zigtausenden Teilnehmern, sogenannten Nodes, gespeichert und zum Abruf bereitgehalten werden. Damit kann nicht nur ein besonders hoher Grad an Verfügbarkeit, sondern mit einer kryptografischen Verkettung von neuen und alten Informationen auch an Integrität der Daten sichergestellt werden.
Digitale Unikate
Die bekannteste Anwendung, die auf der Blockchain-Technologie basiert, sind Kryptowährungen wie Bitcoin. Smart Contracts und Decentralized Finance (DeFi) sind weitere Anwendungsgebiete, die derzeit hauptsächlich auf der Blockchain Ethereum basieren und auch den Austausch anderer Assets ermöglichen. Diese werden auf der Blockchain durch sogenannte Token repräsentiert. Zu unterscheiden sind Non-Fungible Token und Fungible Token. Während Fungible Token (beispielsweise Bitcoins) frei handel- und austauschbar sind, es also identische Token in beliebiger Menge gibt, sind Non-Fungible Token digitale Unikate. NFTs sind zwar frei übertragbar, aber nicht durch identische Token austauschbar. Das Besondere an der Blockchain: Mit Token ist es nun möglich, digitale Einheiten tatsächlich zu verschieben, und nicht, wie bisher, nur zu kopieren. Damit wird die Grundlage für einen volldigitalen Wertetransfer gelegt.
Mehrwert und Anwendungen
Der Mehrwert von NFTs lässt sich am besten anhand eines Vergleichs von digitaler zu traditioneller Kunst erklären. In der traditionellen Kunst gibt es ein Original eines Werks, beispielsweise das Gemälde, das der Künstler mit eigenen Händen erschaffen hat. Das Original ist von Reproduktionen unterscheidbar. Daher kann der Schöpfer des Werks über das Eigentumsrecht am Original und über das urheberrechtliche Verwertungsrecht frei verfügen, auch getrennt voneinander.
Bei rein digital erschaffenen Werken gibt es bislang kein „digitales Original“, da alle Kopien identisch zur Vorlage sind. Dies führt zu dem Problem, dass an digitalen Werken zwar Urheberrechte bestehen können, nicht aber auch eigentumsähnliche Rechte. Zudem führt die freie Reproduzierbarkeit von digitalen Daten zu zahlreichen Missbrauchsgefahren.
NFTs schließen diese Lücke und ermöglichen die „Prägung eines digitalen Originals“ an einem Werk. Dieses kann entweder zusammen mit urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechten wie Recht zum Druck, zur Vervielfältigung, zur öffentlichen Zugänglichmachung oder eigenständig weiterveräußert werden. Da NFTs auf Smart Contracts basieren, kann auch bestimmt werden, dass der Urheber bei jedem Weiterverkauf des digitalen Originals an dessen Wertsteigerung partizipiert.
Der Anwendungsbereich von NFTs ist nicht auf digitale Kunstwerke beschränkt. Auch virtuelles Land kann mittlerweile als NFT erworben, weiterverkauft, vermietet (zum Beispiel für virtuelle NFT-Kunstausstellungen) oder gar mit einer Hypothek belastet werden. Zudem sind traditionelle Assets wie (physische) Immobilien und Kunstwerke, Anteile und Mitbestimmungsrechte an Unternehmen, Oldtimer, Uhren oder Rohstoffe als NFT tokenisierbar sowie fraktionalisierbar. So können auch Bruchteile an Assets gehandelt werden.
Eigentum nur an Sachen
Die rechtlichen Dimensionen von NFTs sind bislang noch weitestgehend ungeklärt. Es stellt sich etwa die Frage, ob NFTs unter die finanzrechtlichen Prospekt- und Erlaubnispflichten fallen. Aus urheberrechtlicher Sicht muss geklärt werden, welche Nutzungsrechte mit dem Verkauf eines NFTs übergehen und ob es hierfür spezieller Lizenzbestimmungen bedarf. In zivilrechtlicher Hinsicht ist fraglich, wie das eigentumsähnliche Recht an NFTs geschützt werden kann. Eigentum kann nach derzeitigem BGB nur an „Sachen“ und damit nur an „körperlichen Gegenständen“ bestehen. Der Entwurf des Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren und Kryptowertpapieren sieht erstmalig vor, dass bestimmte Tokens mit Inhaberschuldverschreibungen als „Sachen“ gelten können.
NFTs stellen nicht nur einen vorübergehenden Hype in der Kryptoszene dar, sondern werden die Zukunft von Assetklassen mitgestalten. Neben dem regulatorischen Rahmen sollte bei Investitionen in NFTs ein Augenmerk auf den Vertrag gelegt werden, um sicherzugehen, dass man als Investor tatsächlich eigentumsähnliche Rechte erhält.
*) Dr. Markus Kaulartz ist Counsel und Dr. Alexander Schmid Associate bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland.