„Prinzipiell bestimmt der Arbeitgeber den Arbeitsort“
Herr Devey, muss ein Angestellter seinem Arbeitgeber auf eigene Initiative offenbaren, wo er sein Homeoffice aufschlägt?
Jeder Arbeitnehmer sollte mit seinen Vorgesetzten umgehend die Pläne, das Homeoffice auf das Ausland zu verlagern, erörtern. Prinzipiell bestimmt der Arbeitgeber den Arbeitsort – abgesehen von der derzeitigen Covid-19-bedingten Homeoffice-Pflicht. Wenn der Vorgesetzte Homeoffice gestattet hat und nicht weiß, dass man gerade nicht im „Home“-Office, sondern am Strand in Italien sitzt, ist das ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten.
Inwieweit dürfen Mitarbeiter im Ausland im Homeoffice arbeiten – etwa im Ferienhaus?
Grundsätzlich dürfen die Arbeitsvertragsparteien den Arbeitsort der Beschäftigten frei vereinbaren, also auch ins Ausland verlagern. Arbeitgeber und Beschäftigte sollten dabei auch vereinbaren, dass weiterhin deutsches Arbeitsrecht gelten soll. Sofern der Arbeitgeber nicht nur einzelnen Mitarbeitern, sondern größeren Teilen der Belegschaft die Arbeit im – inländischen oder ausländischen – Homeoffice ermöglichen möchte, ist – soweit vorhanden – zudem an die Beteiligung des Betriebsrats zu denken. Neben dem Arbeitsrecht sind außerdem die sozialversicherungs- und die steuerrechtliche Situation im Blick zu behalten.
Welche Aspekte sind relevant?
Sofern die Beschäftigten lediglich für einen begrenzten Zeitraum aus dem EU-Ausland arbeiten, also etwa einige Wochen pro Jahr, ändert sich daran nichts. Komplizierter wird es, wenn die Beschäftigten länger als ein halbes Jahr im Ausland arbeiten, da in diesem Fall gegebenenfalls der Arbeitslohn nach dem lokalen Steuerrecht zu versteuern ist. Im Übrigen kann ein Wechsel in das lokale Sozialversicherungssystem stattfinden.
Darf der Arbeitgeber verpflichtend vorgeben, in welchem Zeitintervall ein Mitarbeiter aus dem Homeoffice am Präsenzarbeitsplatz abrufbar sein muss?
Grundsätzlich ja. Allerdings muss er nach billigem Ermessen vorgehen, das heißt darf nicht etwa unverhältnismäßig kurze Intervalle vorgeben, insbesondere wenn der Arbeitgeber mit Büro in der Frankfurter Innenstadt weiß, dass der Arbeitnehmer etwa im Taunus wohnt oder er eine Tätigkeit aus dem Ausland erlaubt hat. Derzeit ist zudem die Covid-19-bedingte Homeoffice-Pflicht zu beachten. Demnach ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, bei Bürotätigkeiten Homeoffice anzubieten, außer es stehen dem zwingende betriebsbedingte Gründe entgegen. Solche zwingenden Gründe können sicherlich auch einen kurzfristigen „Rückruf“ aus dem Homeoffice erforderlich machen. Für die meisten Bürotätigkeiten dürfte es Arbeitgebern allerdings während der Homeoffice-Pflicht untersagt sein, Beschäftigte kurzfristig ins Büro zu beordern.
Wie weit reicht der Arbeitsschutz im Homeoffice?
Der Arbeitgeber ist zuständig für den Arbeitsschutz. Wenn der Arbeitsplatz im Homeoffice zu Hause oder im Ausland ist, wird es dem Arbeitgeber schwerfallen, den Arbeitsplatz zu kontrollieren. In jedem Fall muss der Arbeitnehmer einer Kontrolle durch den Arbeitgeber zustimmen. Gleichwohl sollte der Arbeitgeber eine sogenannte „Unterweisung“ vornehmen und die Beschäftigten über typische Gefährdungen, die sich etwa aus Bildschirmarbeit ergeben, informieren und Vorgaben für die „richtige“ Gestaltung des Arbeitsplatzes machen. In der Homeoffice-Vereinbarung sollte zudem stehen, ob und wie oft der Arbeitgeber berechtigt ist, den häuslichen Arbeitsplatz zu kontrollieren.
Darf der Arbeitgeber Verhaltensregeln vorgeben, etwa Alkohol im Homeoffice untersagen?
Bereits ohne Weisung gilt, dass der Arbeitnehmer auch am häuslichen Schreibtisch nicht während der Arbeitszeit Alkohol trinken darf. Denn genauso wie im Betrieb ist er zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Arbeitsleistung verpflichtet, und das schließt parallelen Alkoholkonsum grundsätzlich aus. Allerdings ist zu empfehlen, solche Verhaltenspflichten in der Homeoffice-Vereinbarung ausdrücklich zu regeln, etwa dass parallel keine Kinderbetreuung erfolgen sollte oder Hausarbeit auf die Pausen zu beschränken ist.
Matthew Devey ist Partner und Fachbereichsleiter für Arbeitsrecht bei Linklaters.
Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.