GastbeitragKI-Verordnung

Vermittlung von KI-Kompetenz wird verpflichtend

Unternehmen müssen sicherstellen, dass Mitarbeiter, die im beruflichen Kontext KI einsetzen, über ausreichende KI-Kompetenz verfügen. Diese Regelung ist bereits am 2. Februar 2025 in Kraft getreten.

Vermittlung von KI-Kompetenz wird verpflichtend

Vermittlung von KI-Kompetenz wird verpflichtend

Nachweis-Regeln gelten seit 2. Februar – Mitarbeiterschulung als zentrales Element – Was Unternehmen jetzt wissen müssen

Von Dr. Markus Kaulartz
und David Rappenglück *)

Seit dem 2. Februar 2025 sind börsennotierte Unternehmen verpflichtet, die KI-Kompetenz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezielt auszubauen. Richtig umgesetzt bietet diese Vorgabe der EU-KI-Verordnung neben der Erfüllung des gesetzlichen Pflichtenprogrammes die Chance, Wettbewerbsvorteile und Vertrauen in die KI-Technologie bei den Stakeholdern nachhaltig zu stärken.

Regeln gelten ab Februar 2025

Die im August 2024 in Kraft getretene Verordnung über Künstliche Intelligenz (KI-VO) bildet den zentralen Rechtsrahmen für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz in der EU. Neben produktsicherheitsrechtlichen Vorgaben sieht Artikel 4 der KI-VO vor, dass Unternehmen, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter KI im beruflichen Kontext einsetzen, sicherstellen müssen, dass sie über ausreichende KI-Kompetenz verfügen.

Anwendungsbereich weit gefasst

Diese Regelung ist für Unternehmen in zweierlei Hinsicht besonders: Zum einen ist ihr Anwendungsbereich sehr weit gefasst, denn Artikel 4 der KI-VO gilt für alle Anbieter und Betreiber von KI-Systemen, unabhängig von deren Risikoeinstufung. Das bedeutet, dass Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden KI-Tools wie intelligente Sprachassistenten oder automatisierte Analyse- und Planungssoftware zur Verfügung stellen, verpflichtet sind, Schulungen durchzuführen. Artikel 4 der KI-VO weicht damit vom ansonsten risikobasierten Ansatz der KI-Verordnung ab, der grundsätzlich zwischen verschiedenen Risikoklassen unterscheidet.

Zum anderen ist diese Regelung bereits am 2. Februar 2025 in Kraft getreten. Das stellt die Unternehmen vor die Herausforderung, die Anforderungen rechtzeitig in die Praxis umzusetzen. Der Aufbau von KI-Kompetenz wird so zu einem zentralen Thema für alle Unternehmen, deren Beschäftigte beruflich mit KI irgendwie in Berührung kommen.

Nicht bußgeldbewehrt

Noch ist die Vorschrift nicht bußgeldbewehrt, allerdings birgt ihre Nichtbeachtung erhebliche Risiken. Fehler im Umgang mit KI-Systemen oder ein Mangel an qualifiziertem Personal können nicht nur rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Vor allem das Vertrauen von Aktionären und Kunden kann beeinträchtigt werden. Die entscheidende Frage ist jetzt, wie der notwendige Wissens- und Kompetenzaufbau im Bereich KI nicht nur umgesetzt, sondern zu einer strategischen Stärke entwickelt werden kann.

Drei Handlungsfelder

Die KI-Verordnung (KI-VO) definiert KI-Kompetenz als die „Fähigkeiten, die Kenntnisse und das Verständnis, die es Anbietern, Betreibern und Betroffenen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Rechte und Pflichten im Rahmen dieser Verordnung ermöglichen, KI-Systeme sachkundig einzusetzen sowie sich der Chancen und Risiken von KI und möglicher Schäden, die sie verursachen kann, bewusst zu werden“.

Aus dieser gesetzlichen Grundlage sollten Unternehmen drei zentrale Handlungsfelder zum KI-Kompetenz-Aufbau priorisieren:

  • die Entwicklung eines technischen Verständnisses bei den Mitarbeitenden,
  • die Sensibilisierung für die Chancen und Risiken der KI-Nutzung sowie
  • die Vermittlung grundlegender ethischer und rechtlicher Regeln für den verantwortungsvollen Einsatz von KI.

Für den Aufbau der technischen Kompetenz ist ein Verständnis von Algorithmen und maschinellem Lernen wichtig. Dazu gehört auch die Fähigkeit, potenzielle Verzerrungen (Bias) zu erkennen und zu minimieren. Außerdem sollten Datenquellen kritisch bewertet werden können, um deren Qualität einzuschätzen. IT-Abteilungen und Entwickler in börsennotierten Unternehmen sind auf diese Kompetenzen besonders angewiesen.

Dr. Markus Kaulartz (Foto: CMS)

Neben der technischen Expertise spielt das Bewusstsein für die Chancen und Risiken von KI eine zentrale Rolle. Während KI zahlreiche Vorteile wie Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen mit sich bringt, müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch die damit verbundenen Risiken verstehen. Zentrales Thema hier: Datenschutz und Fairness. Gerade börsennotierten Unternehmen empfehlen wir zudem, im Rahmen der Investor Relations transparent über den Einsatz von KI zu berichten.

Aber auch rechtliche und ethische Kenntnisse sind entscheidender Bedeutung. Die Einhaltung rechtlicher Vorgaben und ethischer Standards ist ein Muss, denn Verstöße führen nicht nur zu rechtlichen Sanktionen, sondern auch potentiell auch zu erheblichen Reputationsverlusten.

Mitarbeiterschulung als zentrales Element

Um die erforderlichen Kompetenzen effizient zu vermitteln, empfehlen wir Unternehmen auf modulare, zielgruppenspezifische und regelmäßige Schulungsstrategien setzen.

Basistrainings vermitteln Mitarbeitenden ohne technische Vorkenntnisse ein Grundverständnis für KI-Systeme sowie die wichtigsten rechtlichen Anforderungen. Workshops für Führungskräfte und die Rechtsabteilung legen den Fokus auf strategische Entscheidungsfindungen, rechtliche Risiken und die ethische Verantwortung des Unternehmens. Hier gilt es sicherzustellen, dass KI strategisch sinnvoll in den Unternehmenskontext integriert wird.

Vertiefungstrainings

Für Entwickler und IT-Spezialisten sind praxisorientierte Vertiefungstrainings sinnvoll. Hier werden Themen wie maschinelles Lernen, Datenverarbeitung und die Implementierung von KI-Modellen behandelt. Auch externe Dienstleister sollten regelmäßig geschult werden, damit sie die unternehmensinternen Anforderungen an den Einsatz von KI-Systemen kennen.

Ergänzende Maßnahmen

Neben gezielten Schulungen empfehlen wir auch interne Richtlinien zum Umgang mit KI-Systemen. Auch die Benennung eines KI-Beauftragten erleichtert in der Praxis die Umsetzung und Kontrolle unternehmensweiter Standards erheblich. Der KI-Beauftragte übernimmt dabei eine Schlüsselrolle: Er koordiniert Schulungsmaßnahmen, überwacht die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und fungiert als zentrale Ansprechperson für Fragen und Herausforderungen im Zusammenhang mit KI.

Transparente Governance

Für börsennotierte Unternehmen ergibt sich daraus die Chance, eine klare und transparente Governance-Struktur zu etablieren. Diese entspricht nicht nur den gesetzlichen Anforderungen, sondern stärkt auch das Vertrauen von Aktionären und weiteren Stakeholdern.

Durch die Einrichtung einer internen Revision können Unternehmen die Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen zudem überprüfen. Ein weiterer Schritt ist der Aufbau einer internen Wissensdatenbank, in der Best Practices und relevante Informationen zentral gesammelt und für die Mitarbeitenden zugänglich gemacht werden.

Wettbewerbsvorteil

Die Anforderungen der KI-VO gehen über die bloße Erfüllung gesetzlicher Pflichten hinaus. Sie bieten börsennotierten Unternehmen die Chance, sich als Vorreiter im verantwortungsvollen Umgang mit KI zu positionieren. Durch den Aufbau von Kompetenzen und die Etablierung transparenter Prozesse können Unternehmen nicht nur ihre Compliance stärken. Sie sichern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit durch den effektiven Einsatz von KI-Technologien.

David Rappenglück (Foto: CMS)

Langfristig wird der Aufbau von KI-Kompetenz zu einem entscheidenden Faktor für die Innovations- und Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Besonders börsennotierte Unternehmen, die frühzeitig in diesen Bereich investieren (müssen), können sich nicht nur rechtlich absichern, sondern auch neue Geschäftsfelder erschließen. Das Vertrauen ihrer Stakeholder wird auch besonders im Bereich der Zukunftsfähigkeit gestärkt.

Mehr als eine Notwendigkeit

Jetzt haben Unternehmen die Chance, sich als Innovationsführer zu positionieren und so ihre Marktposition ausbauen. Entscheidend für den langfristigen Erfolg wird nach unserer Einschätzung die Kombination aus Rechtssicherheit, ethischer Verantwortung und technologischer Exzellenz sein. KI-Kompetenz ist nicht nur eine regulatorische Notwendigkeit, sondern auch ein Schlüssel für Unternehmenserfolg.

*) Dr. Markus Kaulartz und David Rappenglück sind Rechtsanwälte der Wirtschaftskanzlei CMS.

Dr. Markus Kaulartz und David Rappenglück sind Rechtsanwälte der Wirtschaftskanzlei CMS.

*) Dr. Markus Kaulartz und David Rappenglück sind Rechtsanwälte der Wirtschaftskanzlei CMS.