Wie die Investition in KI-Unternehmen zum Erfolg wird
Wie die Investition in KI-Unternehmen
zum Erfolg wird
Risikoanalyse und Transaktionsstrukturierung sind entscheidende Faktoren
Von Felix Blobel und Torsten Kraul *)
Übernahmen und Beteiligungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) haben für viele Unternehmen höchste Priorität – stellt doch KI als eine der Schlüsseltechnologien der Gegenwart viele Geschäftsmodelle auf den Kopf. Um im Wettbewerb zu bestehen, ist der Zukauf von KI-Know-how deshalb oft unerlässlich. Unternehmen treten dabei in Konkurrenz zu Finanzinvestoren, die ebenfalls immer häufiger in KI-Startups investieren. Zum scharfen Wettbewerb um die besten KI-Targets kommt erschwerend hinzu, dass den erheblichen Chancen, die sich aus dem zugekauften transformativen Potenzial der KI ergeben können, Risiken gegenüberstehen, die aus M&A-Prozessen bislang so nicht geläufig waren.
Regulierung nimmt zu
Für KI-Transaktionen entsteht neue Komplexität durch die rasch zunehmenden regulatorischen Anforderungen. Nicht nur bereits bestehende Regelungen wie die europäische Datenschutzgrundverordnung wirken sich auf den Einsatz von KI aus. Eine entscheidende Rolle wird die kommende europäische KI-Verordnung, häufig AI Act genannt, spielen. Danach gelten ab Frühjahr 2026 weitreichende Pflichten, für besonders leistungsfähige KI-Systeme im Einzelfall auch schon früher. Diese reichen von potenziell kostspieligen Transparenz- und Dokumentationspflichten bis hin zu vollständigen Verboten einzelner KI-Systeme und Anwendungsfelder. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 7% des globalen Umsatzes. Im Ergebnis können diese regulatorischen Pflichten über die Wirtschaftlichkeit oder gar die Durchführbarkeit von Geschäftsmodellen entscheiden.
Compliance-Aufwand und Haftungsrisiken
Investoren müssen weitere Vorschriften berücksichtigen. Dazu gehören die kommende EU-Richtlinie über die (ausgesprochen strenge) Haftung von Entwicklern und Betreibern von KI-Systemen sowie das EU-Datengesetz, der sog. Data Act. Dieser schafft auch im KI-Umfeld weitreichende Zugangs- und Nutzungsrechte in Bezug auf nicht-personenbezogene Daten. Von Bedeutung sind auch die bestehenden und künftigen Verpflichtungen im Bereich der Cybersicherheit sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene. Sie führen zu weiterem Compliance-Aufwand und zu Haftungsrisiken, derer sich Investoren und Käufer von KI-Unternehmen im Hinblick auf die Entscheidung über den Einstieg bewusst sein sollten.
Umfassende Due Diligence
Die Prüfung des Zielunternehmens in technischer, kommerzieller, rechtlicher und steuerlicher Hinsicht ist ein entscheidender Bestandteil jeder Unternehmenstransaktion (Due Diligence). Mit Blick auf KI-Unternehmen ergeben sich Besonderheiten. Bereits auf der technischen Ebene kann die Prüfung komplexer ausfallen, als dies üblicherweise im IT- und Softwarebereich der Fall ist: Denn es bedarf eines tiefen technischen Verständnisses, um die Qualität der jeweiligen KI-Systeme zutreffend einschätzen zu können. In diesem Zusammenhang kommt es beispielsweise vor, dass KI-Start-Ups lediglich behaupten, über ein vollständig automatisiertes, selbstlernendes System zu verfügen.
Zudem reicht auch auf rechtlicher Ebene eine klassische, vergangenheitsbezogene Prüfung nicht aus. Vielmehr müssen aufgrund des sich rasant entwickelnden regulatorischen Umfelds auch zukünftige und vielleicht nur mögliche rechtliche Entwicklungen berücksichtigt werden. Hierzu gehört der AI Act und sein Zusammenspiel mit weiteren Regulierungen wie dem Datenschutz und dem sich ebenfalls zügig weiterentwickelnden IT-Sicherheitsrecht. Erforderlich ist eine umfassende Prüfung und wirtschaftliche Bewertung insbesondere des aktuell oder zukünftig unmittelbar anwendbaren rechtlichen Pflichtenkatalogs und der Rechtssituation am KI-System einschließlich der jeweiligen Trainings- und Ausgabedaten. Hinzu kommt eine Vielzahl weiterer Aspekte wie Produkthaftungsrisiken, mögliche arbeits- und mitbestimmungsrechtliche Implikationen sowie zusätzliche branchen- und länderspezifische Anforderungen.
Wertschützende Instrumente
Investoren sind gut beraten, die sich aus der KI ergebenden Besonderheiten auch im Rahmen der Transaktionsstruktur und der notwendigen Vertragsdokumente zu berücksichtigen. Denn übliche wertschützende Maßnahmen wie Garantien und Freistellungen sind im Wesentlichen vergangenheitsbezogen, können aber Risiken, die sich aus zukünftigen rechtlichen und technischen Entwicklungen ergeben, nicht adäquat abbilden. Diese lassen sich gleichwohl durch andere Instrumente abfedern. Bei Unsicherheit über die angemessene Bewertung des Zielunternehmens können etwa Earn-out- oder Meilenstein-Regelungen vereinbart werden, nach denen Teile des Kaufpreises bzw. des Investments erst in Abhängigkeit von wirtschaftlichen Erfolgszielen im weiteren Zeitverlauf fällig werden. Darüber hinaus können Investoren eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um das Potenzial erworbener KI-Unternehmen tatsächlich heben zu können. Dazu gehört neben der Compliance mit den einschlägigen Gesetzen in vielen Fällen auch die Einrichtung einer geeigneten KI-Governance-Struktur.
Vorausschauende Analyse
Investments in KI-Unternehmen bieten für den strategischen Zugang zu geschäftskritischen Anwendungen sowie für Finanzinvestoren große Opportunitäten. Voraussetzung dafür ist jedoch, die ebenfalls bestehenden Risiken umfassend und vorausschauend zu analysieren und zu berücksichtigen. Um Investitionen in KI zum Erfolg zu führen, kommt es dabei entscheidend auf das enge Zusammenspiel zwischen wirtschaftlicher, technischer und rechtlicher Kompetenz an.
*) Felix Blobel und Dr. Torsten Kraul sind Partner der Kanzlei Noerr.