Immobilien

Anhaltend schlechte Stimmung bei Immo-AGs

Gesellschaften leiden unter Finanzkrise, hoher Verschuldung und Angst vor "Not-Kapitalerhöhungen"

Anhaltend schlechte Stimmung bei Immo-AGs

Von Ulli Gericke, Berlin Seit ziemlich genau zwei Jahren kennen die Kurse von Immobilien-AGs nur noch eine Richtung: gen Süden. Früher als die übrige Wirtschaft zeigten die Real-Estate-Werte damit das Ende eines langen Aufschwungs an – ohne dass bislang ein Ende des Abschwungs absehbar wäre. In dessen Verlauf verlor etwa die Patrizia Immobilien nahezu 95 % ihres früheren Werts. Notierten die Augsburger noch vor 24 Monaten bei fast 24 Euro, dümpelt die Aktie heute bei 1,55 Euro. Nicht viel besser erging es der IVG Immobilien, die in den vergangenen zwei Jahren von gut 36 auf magere 4,05 Euro wegtauchten. Gagfah brachen von 25 auf heute 2,50 Euro ein, TAG Immobilien von fast 12 auf aktuell 1,17 Euro – womit die Hamburger die letztjährige “Watchlist” geentert haben, auf der die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) alljährlich die größten Kapitalvernichter auflistet. Allein 2008 sackte der TAG-Kurs um fast 70 % ab. Preise sinken weiterNoch schlimmer aber ist, dass keinerlei Besserung in Sicht ist. Frühestens 2010, hoffen Aktienanalysten, könnte sich die Stimmung aufhellen. Zuvor erwarten jedoch alle Beobachter ein erneut äußerst schwieriges Jahr mit sinkenden Preisen und halbierten Transaktionszahlen, verglichen mit 2007.Keine Rolle spielt dabei offenbar, dass es hierzulande – anders als etwa in Großbritannien oder Spanien – keine Immobilienblase gab, aus der in den vergangenen Monaten die Luft entwich. Doch obwohl der Markt im Ausland allgemein viel massiver unter Druck geriet als in Deutschland, sackten die dort tätigen Immobilien-AGs bei weitem nicht so stark weg – was Helmut Kurz, Manager des E & G Fonds Immobilienaktien Europa des Privatbankhauses Ellwanger & Geiger, als “schreienden Widerspruch” empfindet.Zur Erklärung heißt es bei Marktbeobachtern, dass deutsche Werte durch die im Schnitt merklich geringeren Eigenkapitalquoten belastet würden. Wie zahlreiche stark fremdfinanzierte Finanzinvestoren, die bis vor geraumer Zeit Wohnungen und Gewerbeimmobilien reihenweise einsammelten, nutzten auch Immo-AGs in den vergangenen Jahren den großen Finanzhebel – zumal viele Investoren “geleveragte Aktien” bevorzugten, erinnert sich Andre Remke, Aktienanalyst bei der HypoVereinsbank/Unicredit. Branche “stark verletzt”Mit den steigenden Zinsen Anfang 2007 geriet der Markt dann außer Tritt. Lähmend wirkt sich bis heute aus, dass der ursprünglich hohe Fremdkapitaleinsatz refinanziert werden muss, was in Zeiten der globalen Finanzkrise schwierig geworden ist. Im günstigsten Fall drücken die mittlerweile geforderten höheren Kreditzinsen “nur” die operative Marge, wenn sie nicht noch schwere Cash-flow-Probleme bewirken. War die hohe Fremdfinanzierung in besseren Zeiten die verwundbare Achillessehne, ist die Branche heute “stark verletzt”, resümiert Kurz. Unter GeneralverdachtHinzu kommen die Abwertungen der Bestände. Allein in den fünf großen Bürostädten Berlin, Frankfurt, München, Hamburg und Düsseldorf gingen die Immobilienpreise von “prime offices” im vergangenen Jahr um 18 % zurück. Für 2009 erwartet Remke ein erneutes Minus von 10 % – nicht ohne sich zu fragen, “ob das schon alles gewesen ist?” Werden aber über die Abschreibungen die Aktiva weniger, verkürzt sich auch die Bilanz, in der die unveränderte Fremdkapitalbelastung an Gewicht gewinnt.”Dieser Effekt drückt überproportional auf die Aktie”, beobachtet Kurz – vor allem angesichts britischer Erfahrungen, wo nach dramatischen Bestandsabwertungen bei einigen Firmen Sanierungs- oder zutreffender “Not-Kapitalerhöhungen” durchgeführt werden mussten. Seitdem hören die Spekulationen nicht mehr auf, welcher Immobilien-AG in Deutschland Ähnliches drohen könnte. Die ganze Branche steht unter Generalverdacht. Zweifel wachsenMit der Folge, dass die Nettovermögenswerte (Net Asset Values, kurz NAV) der Immobiliengesellschaften inzwischen teilweise fast doppelt so hoch liegen, wie die Aktien notieren. Kein Wunder, dass die Zweifel auch an den NAV-Berechnungen wachsen. Umgekehrt zeigt die hohe Differenz von niedrigem Aktienkurs und hohem NAV gute Kaufgelegenheiten, erwirbt doch ein Investor mit einer Immobilien-AG im Maximum doppelt so viele Werte wie er für den Aktienkauf zahlen muss. “Es gibt viele gute Gründe, weshalb ein Unternehmenskauf fundamental Sinn macht. Es gibt aber noch mehr gute Gründe, weshalb die Konsolidierung nicht kommt”, zeigt sich HVB-Analyst Remke dennoch skeptisch. Denn bei einer Akquisition werde im Regelfall auch eine hohe Verschuldung übernommen, was sich zu einem Problem auswachsen könne. Hoffen auf Ausverkaufspreise Generell gehen Marktbeobachter aber davon aus, dass die größten Verwerfungen inzwischen passé sind. Pensionskassen, Spezialfonds oder Versicherungen wollen ihre Immobilienquote aufstocken, heißt es. Und wenn tatsächlich eine Inflation droht, wie von Wirtschaftswissenschaftlern befürchtet, “muss man Immobilien kaufen”, sagt Kurz, der die derzeitigen Aktienkurse der Immobilien-AGs in Bodennähe vermutet. Allerdings räumt er ein, dass er dieser Meinung auch schon vor drei Monaten war. “Die Käufer halten sich zurück, weil sie auf Ausverkaufspreise warten.” Zurückhaltender gibt sich Remke. Obwohl alle möglichen größeren Befürchtungen inzwischen eingepreist seien, sei ein weiterer Abschlag von 10 bis 20 % durchaus möglich.Eigentlich sollten sich die Aktienkurse “jetzt ausgependelt haben”, meint dagegen Dieter Thomaschowski vom Analysehaus IRICIC, Investment Research in Change. Nach seiner Meinung dürfte 2009 “ein Jahr des Einkaufs werden – nicht nur bei Immobilien, sondern auch bei Immobilien-AGs”.