Asset Management - Gastbeitrag

Anleger suchen Inflationsschutz

Börsen-Zeitung, 13.7.2010 Eine anziehende Inflation erwarten derzeit 73 % der Anleger in Deutschland, wie eine Umfrage von Union Investment zeigt. Sie fragen sich, wie sie ihre Ersparnisse gegen das Risiko einer Geldentwertung absichern können. Vor...

Anleger suchen Inflationsschutz

Eine anziehende Inflation erwarten derzeit 73 % der Anleger in Deutschland, wie eine Umfrage von Union Investment zeigt. Sie fragen sich, wie sie ihre Ersparnisse gegen das Risiko einer Geldentwertung absichern können. Vor dem Hintergrund überbordender staatlicher Etatdefizite, der Euroschwäche und einem sinkenden Vertrauen in die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist die Verunsicherung der Anleger groß. Es stellt sich die Frage, inwieweit diese Ängste berechtigt sind, und inwieweit Realzins- oder Inflationsanleihen (Inflation Linked Bonds) somit in der aktuellen Lage empfehlenswert sind.Allen Unkenrufen zum Trotz ist Inflation kein akutes Problem. Im Euroraum liegt die Teuerungsrate gegenwärtig bei 1,6 %. In Deutschland erhöhte sich das Preisniveau im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat zuletzt sogar nur um 1,2 %. Auch die am Anleihemarkt gehandelten Inflationserwartungen sind in jüngster Zeit nochmals deutlich gesunken. Bezogen auf eine Frist von fünf Jahren liegt die jahresdurchschnittliche Inflationserwartung bei gut 1 %, auf Sicht von zehn Jahren etwas über 1,5 %, ermittelt jeweils auf Basis inflationsgeschützter Bundesanleihen. Dazu tragen nicht zuletzt die verhaltenen Wirtschaftsaussichten in Europa und nicht ausgelastete Produktionskapazitäten bei. Daher ist in den kommenden zwei bis drei Jahren noch nicht mit einem spürbaren Anstieg der Inflationsraten in der Eurozone zu rechnen. Derzeit günstigDie Geldentwertung stellt jedoch auf Sicht von mehreren Jahren ein realistisches Szenario dar. So sind Preisanstiege von deutlich über 2 % aus einigen Gründen möglich. Sollten die Länder der Eurozone wieder auf einen steileren Wachstumspfad einschwenken, dürften auch die Teuerungsraten in die Höhe schnellen – sofern es den Zentralbankern nicht gelingt, dem Finanzsystem das überschüssige Geld rechtzeitig zu entziehen.Daran bestehen aber erhebliche Zweifel. Im Zuge der jüngsten Anleihekäufe der EZB wurde zwar von offizieller Seite nochmals hervorgehoben, dass damit keine Ausweitung der Geldmenge verbunden sei. Die Auswirkungen auf die monetäre Basis würden stattdessen neutralisiert. Die weit verbreiteten Inflationssorgen konnte die EZB aber nicht zerstreuen und legt damit nach Meinung vieler Marktteilnehmer die Saat für künftig steigende Inflationserwartungen. Diese schlagen sich im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung meist auch in höheren tatsächlichen Inflationsraten nieder.Das Misstrauen der Investoren wird nicht zuletzt durch die vielerorts explodierenden Staatsschulden gespeist. Der aus Schuldnersicht vermeintlich einfachste Weg, sich der (Nominal-)Verbindlichkeiten zu entledigen, ist deren Entwertung via Inflationierung. Daher dürfte der politische Druck auf die EZB, eine lockere Geldpolitik zu verfolgen, hoch bleiben. Darüber hinaus könnte die Rohstoffpreisentwicklung wie 2007 und 2008 die Preise in die Höhe treiben, zumal strukturelle Faktoren wie eine zunehmende Nachfrage aus den aufstrebenden Ländern und knapper werdende Ressourcen hierbei eine wichtige Rolle spielen. Ein weiterer potenzieller Preistreiber ist der schwache Euro, da eine fortgesetzte Abwertung auf Dauer importierte Inflation verursacht. Diese Faktoren deuten darauf hin, dass das Thema Inflation längerfristig wieder auf der Tagesordnung stehen wird. Weil aber viele Investoren nicht sofort mit einer höheren Geldentwertung rechnen, lässt sich Inflationsschutz mit Realzinsanleihen derzeit preisgünstig einkaufen. Realzins garantiertEine Reihe von Anlegern setzen nun auf Gold als Inflationsschutz. Jedoch bieten Realzinsanleihen den Vorteil, dass sie die Vorzüge festverzinslicher Wertpapiere wie eine geringe Schwankungsanfälligkeit und laufende Erträge mit dem höheren Inflationsschutz von Sachwerten verbinden. Zins- und Tilgungszahlungen werden laufend um die Inflationsrate nach oben korrigiert, ein wichtiger Aspekt beim Risikomanagement: Der Investor kann so bereits beim Erwerb einer Realzinsanleihe – sofern er das Wertpapier bis zum Fälligkeitstermin hält – die zukünftige Kaufkraft seiner Zuflüsse abschätzen.Trotzdem sind Realzinsanleihen in Deutschland noch ein weniger gängiges Instrument als z.B. in Frankreich oder Großbritannien. Erst 2006 hat Deutschland als letztes der großen Industrieländer seine erste Inflationsanleihe mit einem (Real-) Kupon von 1,5 % und zehnjähriger Laufzeit begeben. Durch die Marktentwicklung ist die Realrendite inzwischen gesunken, was zu entsprechenden Kursgewinnen führte. Der Kupon wird dabei regelmäßig um die tatsächliche Euroland-Inflation angehoben.Manche Ökonomen gehen jedoch nicht von einer wachsenden Inflation, sondern einer Deflation aus. In deflationären Phasen kann bei Realzinsanleihen zwar der Inflationsausgleich zwischenzeitlich auch einmal zurückgehen. Allerdings ist garantiert, dass bei Fälligkeit Kupon und Tilgungsbetrag mindestens zu pari zurückgezahlt werden – selbst wenn der unwahrscheinliche Fall einträte, dass das Preisniveau unter dem bei Emission der Anleihe läge.Eine mit der beschriebenen Inflationsanleihe vergleichbare fünfjährige Nominalzinsanleihe rentiert derzeit mit 1,5 %. Bei einer Realrendite von 0,5 % liegt die sogenannte Breakeven-Inflation bei 1 %. Wer davon ausgeht, dass über die kommenden fünf Jahre die Inflationsrate im Durchschnitt bei über 1,0 % liegt, sollte daher in Realzinsanleihen investieren. Wer dagegen mit einem dauerhaften Rückgang der Inflation unter diesen Wert rechnet, sollte in herkömmlichen Bundesanleihen anlegen, da er hier eine höhere Kompensation erhält. Fester Portfolio-BestandteilAuf Fünf-Jahres-Sicht dürften Realzinsanleihen höhere Zinsen bringen als Nominalzinsanleihen. Für langfristig orientierte und sicherheitsbedachte Anleger sollten Real-zinsanleihen fester Portfolio-Bestandteil sein, zumal sie sich aufgrund der geringen Korrelation zu anderen Anleiheklassen als Diversifikationsinstrument eignen. Sie werden zunehmend von Kapitalsammelstellen wie Pensionskassen oder Versicherungen, deren Verpflichtungen stark von der Inflationsentwicklung abhängig sind, zur Vermögensabsicherung eingesetzt. Inflationsanleihen dürften daher in den kommenden Jahren sowohl bei Privatanlegern als auch institutionellen Investoren deutlich an Bedeutung gewinnen.