RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: CHRISTOPH ABELN

BaFin knöpft sich Vergütungen von Bankern vor - Boni in Gefahr?

Vor Sonderprüfungen - Arbeitsverträge nachträglich nicht einseitig änderbar

BaFin knöpft sich Vergütungen von Bankern vor - Boni in Gefahr?

Herr Dr. Abeln, die BaFin will in Kürze 23 Banken einer Sonderprüfung zu unterziehen. Warum?Die Sonderprüfung dient der Durchsetzung der Institutsvergütungsverordnung. Sie wurde 2010 als Lehre aus der Finanzmarktkrise erlassen und soll bei systemrelevanten Banken risikobelohnende Vergütungssysteme eindämmen. Banken werden zu nachhaltigen Vergütungssystemen verpflichtet.- Wer ist betroffen?Die strengen Anforderungen gelten für Geschäftsleiter und sogenannte Risk Taker, deren Tätigkeit einen wesentlichen Einfluss auf das Gesamtrisikoprofil der Banken hat. Tatsächlich sind daher nur vergleichsweise wenig Mitarbeiter betroffen, auch wenn einige Banken unter dem Deckmantel der Verordnung versucht haben, die Vergütungsansprüche fast all ihrer Angestellten zu reduzieren. Sie haben dazu einfach einen Großteil ihrer außertariflich Beschäftigten zum Risk Taker ernannt, obwohl diese keinerlei risikorelevanten Stellen besetzen.- Wird sich die Untersuchung auf die Vergütung auswirken?Die BaFin hält sich verständlicherweise sehr bedeckt und gibt keine Informationen vorab heraus. Tatsächlich hat sie jedoch keine Befugnis, einseitig in die Vergütungsansprüche einzugreifen. Die Institutsvergütungsverordnung verlangt für bestehende Arbeits- und Dienstverträge lediglich eine Anpassung, soweit dies rechtlich zulässig ist. Einseitige, für den Mitarbeiter negative Vergütungsänderungen sind damit nicht möglich. Wenn Banken die aufsichtsrechtlichen Vorgaben bei Neuverträgen oder bei jährlich abzuschließenden Bonusvereinbarungen nicht einhalten, drohen Bußgelder und Verbote für die Auszahlung der Boni.- Können Arbeitgeber jetzt die Verträge ändern, um die neuen Anforderungen zu erfüllen?Ein einmal geschlossener Arbeitsvertrag kann nachträglich nicht einfach einseitig geändert werden. Dazu müsste der Mitarbeiter seine Zustimmung erteilen. Niemand ist jedoch verpflichtet, eine für sich nachteilige Regelung zu akzeptieren. Leider nutzen einige Banken mit der Institutsvergütungsverordnung auch die Gunst der Stunde und versuchen, ihren Mitarbeitern erheblich schlechtere Vergütungssysteme unterzuschieben, die von der Verordnung überhaupt nicht gefordert werden. Vom Siegel der angeblich staatlichen Anordnung sollte sich keine Führungskraft beeindrucken lassen.- Was geschieht, wenn der Mitarbeiter seine Zustimmung zur Änderung nicht gibt?Um die Vergütung zu ändern, müsste der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen. Da auch Führungskräfte und leitende Angestellte Kündigungsschutz genießen, bräuchte der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund. Verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe scheiden von vornherein aus, es bleibt also nur eine betriebsbedingte Änderungskündigung. Die Umsetzung der Institutsvergütungsverordnung ist jedoch kein solcher betriebsbedingter Grund.- Was geht noch?Ein Arbeitgeber könnte sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) berufen, um eine Vertragsanpassung durchzusetzen. Dazu müssten sich nach Vertragsschluss die Umstände schwerwiegend geändert haben, die zur Grundlage geworden sind. Der Bank müsste das Festhalten am bisherigen Vertrag unzumutbar geworden sein. Dies dürfte nur krassen Ausnahmefällen möglich sein, denn das eigene Versagen der Bank, angemessene Vergütungsmodelle zu vereinbaren, kann nicht dazu führen, es zu Lasten der Mitarbeiter zu reparieren. Zuvor wäre zu klären, ob die jeweiligen Mitarbeiter tatsächlich Risk Taker sind. Eine solche Prüfung dürften Banken meist scheuen.- Wie sollten sich Mitarbeiter verhalten?Jeder, dem eine Änderung seiner Bezüge vorgeschlagen oder gar angeordnet wird, sollte das hinterfragen. Meist ist der Arbeitgeber zu solchen Änderungen nicht berechtigt. Geschäftsleiter oder echte Risk Taker könnten jedoch in Einzelfällen verpflichtet sein, Anpassungen ihrer Vergütung im Sinne der Institutsvergütungsverordnung hinzunehmen. Wer voreilig einer Änderung zustimmt, kann diese meist nicht mehr rückgängig machen.—-Dr. Christoph Abeln ist Geschäftsführer der Abeln Rechtsanwaltsgesellschaft. Die Fragen stellte Walther Becker.