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BaFin lichtet Depotbank-Dschungel

Richtlinienentwurf stellt Aufgaben und Pflichten klar - Branchenvertreter befürchten steigende Kosten

BaFin lichtet Depotbank-Dschungel

Von Julia Roebke, FrankfurtDer Betrugsfall Madoff hat bei einer ganzen Reihe von Investmentfonds zu hohen Verlusten geführt und das Thema Aufgaben und Haftung der Depotbank wieder ganz oben auf die Agenda gebracht. Parallel zu den Diskussionen, die derzeit dazu auf EU-Ebene laufen, will die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit einem neuen Rundschreiben die Aufgaben und Pflichten von Depotbanken klarer fassen. Ein Entwurf, der Licht in den Dschungel bringen soll, wurde vor wenigen Tagen fertig gestellt, Stellungnahmen werden noch bis Anfang Februar entgegengenommen. Das finale Rundschreiben, das dann auch rechtskräftig ist, könnte somit in wenigen Monaten stehen.Damit legt die Behörde einen strammen Zeitplan vor; erst im Oktober 2009 war eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema ins Leben gerufen worden. In der Branche stößt der Vorstoß der BaFin grundsätzlich auf Zustimmung. Zu Details wird jedoch Kritik laut. Zudem könnte die neue Regelung für Depotbanken zum Teil Mehraufwand bei der täglichen Arbeit bedeuten, was die Kosten in die Höhe schnellen lässt.”Es gab einige Themen, bei denen wir einfach einen Standard gebraucht haben”, erläutert Stefan Oser, Head of Depotbank Operations bei BNP Paribas Securities Services und Sprecher des Praxisforums Depotbanken, die Situation. BNP Paribas gehört neben State Street, BHF Asset Servicing und J.P. Morgan zu den großen Depotbanken in Deutschland (siehe Tabelle). Als positiv bezeichnet Oser zum Beispiel, dass “erstmals klar vorgegeben wird, dass es einen Vertrag zwischen Depotbank und Kapitalanlagegesellschaft (KAG) geben soll und was darin enthalten sein muss”. Derzeit existierten in Deutschland Verträge verschiedener Ausprägungen, die mal eine Seite, mal aber auch 50 Seiten umfassen könnten.Zudem würden bisher bestimmte operative Tätigkeiten in sogenannten Service Level Agreements zwischen den Vertragspartnern geregelt. Nun sieht die BaFin unter anderem vor, dass in dem Vertrag auch klargestellt werden muss, was die entsprechende Depotbank nicht leisten kann, zum Beispiel die Prüfung bestimmter Erwerbsvorgaben bei Ethikfonds. “Diese Anforderungen gehen sehr viel weiter als das, was bisher zwischen Depotbank und KAG geregelt wurde”, so Oser. Zurückgerudert”Die Einhaltung der Anlagegrundsätze der KAG müssen wir nach dem Entwurf nicht kontrollieren, was Anlagegrundsätze sind, war in den vergangenen Jahren immer unklar”, erläutert er. Unzufrieden ist Oser jedoch damit, dass in dem Rundschreiben keine Unterscheidung zwischen Publikumsfonds und Spezialfonds vorgenommen wird. “Das hätte ich mir gewünscht.” Dies mache sich nach Osers Ansicht insbesondere bei den zeitlichen Vorgaben zur Prüfung der Anlagegrenzen bemerkbar.”Nach dem Rundschreiben in der derzeitigen Fassung müssten beide, Depotbank und KAG, faktisch täglich die Einhaltung der vorgegebenen Anlagegrenzen prüfen”, erläutert Oser. Das Investmentgesetz habe dem Spezialfondsinvestor in erheblichem Umfang die Entscheidung überlassen, welches Prüfungs- und Schutzniveau er haben möchte. “Ich habe den Eindruck, man rudert mit dem Rundschreiben wieder etwas zurück”, urteilt Oser. Bei Publikumsfonds sei eine tägliche Prüfung “in Ordnung”, bei Spezialfonds aber stehe sie “in keinem ausgewogenen Kosten-Nutzen-Verhältnis”. Ein höheres Schutzniveau koste auch mehr, was nicht unbedingt im Interesse aller Anleger und des Finanzplatzes sein müsse. “Bleibt es bei der vorgesehenen Regelung, wird sich der bestehende Wettbewerbsnachteil zum europäischen Ausland noch verstärken”, so Oser.Hinsichtlich der faktisch täglichen Überprüfung der Anlagegrenzen von Spezialfonds auch von Seiten der KAG äußert sich André Jäger, Leiter Risikocontrolling der Universal Investment, zurückhaltend. “Wir überprüfen diese aus Gründen der Praktikabilität sowieso bereits täglich, das sind automatisierte Prozesse”, so Jäger, der zudem die Klarstellungen der Kontrollpflichten der Depotbanken mit dem Entwurf begrüßt.Die tägliche Überprüfung der Anlagegrenze sei “allenfalls der einzige Punkt”, wo es zu einer Einschränkung speziell der Spezialfonds im Rahmen des Entwurfs komme, urteilt Annke von Tiling, Wirtschaftsprüferin bei Deloitte. Für sie ist das Hauptthema bei dem Entwurf vielmehr, wie die Depotbanken die Kontrolle der Anlagegrenzen vornehmen sollen. In der Praxis sei es derzeit so, dass entweder die Depotbank selbst die Anlagegrenzen berechne (eigenes System) oder aber dass sie Zugriff auf das Buchhaltungssystem der KAG habe. Dies sei typischerweise die Konstellation bei größeren deutschen KAG, die eine Depotbank als Mutter hätten. Ein dritter, relativ weit verbreiteter Weg sei, sich als Depotbank die Listen und Auswertungen der KAG zusenden zu lassen und daran eine Prüfung vorzunehmen. “Dieser dritte Weg war in der Praxis üblich, nunmehr erfolgt eine Klarstellung hinsichtlich der Bedingungen, unter denen er begangen werden kann.”Die dritte Variante habe die BaFin ursprünglich abschaffen wollen. “Schließlich könnte man argumentieren, dass auf diesem Wege die Aufgaben zum Teil an denjenigen ausgelagert werden, der eigentlich kontrolliert werden soll, da sich die Depotbank in diesem Fall auf die Funktionstüchtigkeit des zugrunde liegenden Systems und die Vollständigkeit und Richtigkeit der daraus generierten Listen verlässt”, erläutert von Tiling. Im Rundschreiben-Entwurf hat die BaFin diesbezüglich jedoch die Tür nicht ganz geschlossen. Die “Kontrolle der Anlagegrenzen anhand von Listen” sei “unzulässig”, wenn die Depotbank bestimmte Prüfungshandlungen hinsichtlich der Funktionalität der KAG unterlasse, heißt es dort. So muss die Bank zum Beispiel laufend Stichproben vornehmen. “Diesbezüglich wird bei vielen Depotbanken nun einiges getan werden müssen”, urteilt von Tiling.Als weiteren wichtigen Punkt zählt sie die Klarstellung der BaFin zu sogenannten Nebenvereinbarungen auf. Bisher, so die Expertin, sei es gerade bei Spezialfonds durchaus üblich gewesen, parallel zu den allgemeinen und den besonderen Vertragsbedingungen etwa in Anlagerichtlinien zusätzlich Dinge zu regeln. Zum Beispiel, dass bei Investments ein bestimmtes Mindestrating notwendig ist. “Solche besonderen Bedingungen einzelner Kunden wurden von den Depotbanken bisher häufig nicht als zu überwachender Vertragsbestandteil betrachtet”, berichtet von Tiling. Jetzt stelle die BaFin klar, dass diese auch dazugehören. Dies könnte wiederum für die Depotbanken mit zusätzlichen Kosten verbunden sein, da sie, würde man obiges Beispiel weiterdenken, ja auch den Zugriff auf die Ratingeinstufungen der Investments haben muss – diese im Zweifel also kaufen müsste -, um ihre Überwachungsfunktion korrekt auszuüben. Konkretisierung war nötig”Die Konkretisierung der Aufgaben der Depotbank bringt dort höhere Kosten mit sich, wo die Depotbanken ihren Kontrollfunktionen bislang nicht ausreichend nachgekommen sind. Da den Depotbanken eine wichtige Rolle beim Anlegerschutz zukommt, sind die höheren Kosten hinzunehmen”, sagt Anahita Sahavi, bei der BaFin zuständig für Grundsatzfragen der inländischen und internationalen Investmentaufsicht. Zum Teil seien die Regelungen zur Depotbank im Investmentgesetz (§ 20ff.) auch unklar formuliert und von der Branche sehr unterschiedlich ausgelegt worden. “Eine Konkretisierung der Funktionen war daher notwendig.”