RECHT UND KAPITALMARKT

BaFin übernimmt Aufsicht über Finanzanlagenvermittler

Vereinheitlichung des Regimes - Strukturaufbau verursacht hohe Kosten

BaFin übernimmt Aufsicht über Finanzanlagenvermittler

Von Alexander Lehnen *)Derzeit wird die Tätigkeit der ca. 38 000 Finanzanlagenvermittler durch die Gewerbeämter und die Industrie- und Handelskammern (IHKs) beaufsichtigt. Aufgrund dieser Zersplitterung der Aufsicht sieht der Koalitionsvertrag die Übertragung der Aufsicht auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor, um eine einheitliche und qualitativ hochwertige Finanzaufsicht zu erreichen.Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) haben am 23. Juli 2019 ein gemeinsames Eckpunktepapier mit neuen Regeln vorgestellt. Die Erlaubnis wird zukünftig gesetzlich im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) geregelt werden, die bisherigen Erlaubnisvoraussetzungen und die Regelungen der Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) – Letztere werden aktuell überarbeitet – sollen dort unverändert aufgenommen werden.Die Finanzanlagendienstleister – als solche werden Vermittler und Honorarberater im neuen Gesetz gruppiert – sollen weiterhin eine eigenständige Aufsichtskategorie bilden. Die Zuständigkeit soll per Stichtag 1.1.2021 auf die BaFin übertragen werden. Die bestehenden Erlaubnisse nach GewO sollen zunächst weiter gelten, aber in einem Zeitraum von zwei bis maximal fünf Jahren durch die BaFin überprüft werden. Die Durchführung der Sachkundeprüfungen soll weiterhin bei den IHKs verbleiben.Die bisherigen Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater sollen in die Gruppen Finanzanlagendienstleister mit eigener Erlaubnis (zum Beispiel für den Strukturvertrieb), Vertriebsgesellschaften mit erweiterten Anforderungen und vertraglich gebundene Vermittler ohne eigene Erlaubnis eingeteilt werden. Letztere sind solche – in der Regel kleine Einzelunternehmen, die ausschließlich für Rechnung und unter Haftung einer Vertriebsgesellschaft tätig werden, die ihrerseits über eine Erlaubnis verfügt. Voraussetzung ist, dass der für ein Haftungsdach erforderliche Versicherungsschutz am Markt zu erhalten ist. Noch offen ist, ob für Schwarmfinanzierungen im Sinne des § 2a Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) gegebenenfalls eine weitere Kategorie eingeführt wird. NachweisverfahrenDie nachzuweisenden Voraussetzungen sollen nicht über die in § 34f Gewerbeordnung (GewO) geregelten Anforderungen hinausgehen, sollen aber dennoch durch die BaFin – im Rahmen des Übergangs – überprüft werden. Das Nachweisverfahren soll bei Vertriebsgesellschaften innerhalb von sechs Monaten nach Übernahme der Aufsicht, bei sonstigen Finanzanlagendienstleistern innerhalb von sechs Monaten nach entsprechender Aufforderung durch die BaFin stattfinden.Die Zuständigkeit der IHKs für die Durchführung der Sachkundeprüfung soll auch weiterhin bestehen bleiben. Inhaber einer Erlaubnis nach § 34f oder § 34h GewO sollen ihre Sachkunde nicht erneut nachweisen müssen. Für die sukzessive, risikoorientierte Durchführung der Nachweisverfahren soll ein Zeitraum von zwei bis maximal fünf Jahren angesetzt werden. Neuanträge auf Erteilung einer Erlaubnis sollen jederzeit gestellt werden können und vorrangig bearbeitet werden.Die Zuständigkeit für die Prüfung der Einhaltung der bisher in §§ 12 bis 23 FinVermV geregelten Verhaltenspflichten soll zum 1.1.2021 auf die BaFin übergehen. Die Prüfung der Finanzanlagendienstleister mit eigener Erlaubnis soll durch die BaFin selbst ohne festen Turnus anlass- und risikobezogen erfolgen. Die Risikoabwägung soll hierbei anhand jährlich einzureichender Selbsterklärungen erfolgen, die wichtige Parameter des Unternehmens beschreiben. Für Vertriebsgesellschaften soll dagegen eine regelmäßige jährliche Prüfung vorgesehen werden.Die Finanzierung der Beaufsichtigung soll durch Gebühren für Erlaubnisse, Erstattung entstandener Prüfungskosten und eine Umlage erfolgen.Die Implementierung der notwendigen Strukturen und der Aufbau des dafür erforderlichen Personals bei der BaFin wird sehr hohe Kosten verursachen. Die Kosten sollen durch die Beaufsichtigten selbst getragen werden, dies wäre insbesondere für die vielen (kleinen) Einzelunternehmen eine Belastung; für die großen Vertriebsgesellschaften sind die Kosten hingegen materiell unwesentlich. Hier ist eine ähnlich starke Auswirkung auf den Markt wie im Jahr 2011 bei Einführung des § 34f GewO zu erwarten.Bis dato wurde nicht berücksichtigt, dass viele Vermittler eine Doppelfunktion haben – sie sind sowohl nach § 34f und § 34d GewO registriert, sie vermitteln also Finanzanlagen und Versicherungen. Diese würden in Zukunft unter Umständen zwei verschiedenen Aufsichtsregimes mit zwei verschiedenen Anlaufstellen unterliegen.Spannend wird, wie die BaFin – mit sicher begrenztem Personal – die Überprüfung der fast 38 000 Finanzanlagenvermittler in der Breite ohne die Mithilfe von Wirtschaftsprüfern bewerkstelligen will; der Weg zu einer kompletten Digitalisierung der Prüfungsverfahren ist sicher noch weit. Falls die Überprüfung der sogenannten alternativen Sachkundenachweise nach § 4/5 FinVermV zukünftig bei der BaFin stattfindet, könnte dies für die Vermittler vorteilhaft sein. Denn die Anerkennung dieser ist in der Praxis mit vielen IHKs schwierig. Es bleibt abzuwarten, wie das Eckpunktepapier im WpHG bzw. in den entsprechenden Verordnungen konkret umgesetzt wird. *) Alexander Lehnen ist Partner von Arnecke Sibeth Dabelstein.