Finanzen persönlich

Der Kauf einer Immobilie schützt nur eingeschränkt vor der Finanzkrise

Häuser und Wohnungen schirmen vor Auswirkungen der Inflation ab - Aber entscheidend ist die Lage des Objekts

Der Kauf einer Immobilie schützt nur eingeschränkt vor der Finanzkrise

Von Marc Lehmann – Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik haben die Deutschen Angst um ihr Geld. Trotz Staatsgarantie für die Spareinlagen, trotz Rettungspaket fürchten sie als Folge der weltweiten Finanzkrise um die Kontenguthaben. Kopfkissen, Bundeswertpapiere, Gold – an den Stammtischen der Nation werden viele Strategien diskutiert. Was ist davon zu halten, schnell eine Immobilie zu kaufen? Flucht in die SachwerteDie selbst bewohnte oder vermietete Immobilie wird zu den Sachwerten gezählt: Das Geld auf dem Konto oder unter dem Kopfkissen kann vollkommen wertlos werden, das Recht an seiner Immobilie behält der Eigentümer immer, egal ob eine einzelne Bank pleitegeht oder das gesamte Finanzsystem zusammenbricht. Anders als Geld ist Grund und Boden außerdem nicht vermehrbar.Für Schwarzseher könnte es daher naheliegend sein, mit dem Geld auf dem Konto nun eine Immobilie zu kaufen und so jedenfalls einen Teil des Vermögens in Sicherheit zu bringen. Dafür gibt es sowohl Pro- als auch Kontra-Argumente. Argumente für den Kauf – Günstige Preise Die deutschen Immobilienpreise sind im europäischen Vergleich eher niedrig, wüste Spekulationen wie etwa in Großbritannien oder Spanien sind in den vergangenen Jahren ausgeblieben. Ein Beispiel: Im Zentrum von Madrid ist eine gebrauchte Eigentumswohnung weiterhin kaum unter 5 000 Euro pro Quadratmeter zu bekommen, in den besten Bezirken sind selbst 8 000 oder 10 000 Euro pro Quadratmeter keine Seltenheit. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf lässt sich schon für 2 500 bis 3 000 Euro pro Quadratmeter ein Topobjekt finden. Ob sich allerdings das deutsche Preisniveau dem internationalen annähert und wenn ja wie weit, ist offen. – InflationsschutzDie selbst bewohnte oder vermietete Immobilie hat den Ruf, einen Schutz vor Inflation zu bieten. Der Grund: Steigt das allgemeine Preisniveau, ziehen die Mieten grundsätzlich mit. Der Selbstnutzer hat dann einen Inflationsschutz, weil er keine steigende Miete fürchten muss. Allerdings steigen die Nebenkosten im Zeitablauf (nicht nur inflationsbedingt) ebenso wie die Kosten für Modernisierungen und Renovierungen. Der Vermieter hat den Inflationsschutz, weil er mehr Miete fordern kann. Allerdings setzen hier die gesetzlichen Vorgaben gerade in Deutschland enge Grenzen. Mit dem höheren Mietertrag steigt automatisch der Wert der Immobilie, da ein Investor einen höheren Preis zahlt, wenn er einen höheren Ertrag erzielt. – Schonvermögen Wie kein anderes Vermögen ist die selbst genutzte Immobilie in Notlagen geschützt, sofern die Größe angemessen ist. Wird der Eigentümer etwa wegen längerer Arbeitslosigkeit bedürftig, kann die Sozialbehörde nicht fordern, dass die Wohnung oder das Haus verkauft und der Erlös verbraucht wird. Vielmehr besteht sogar ein Anspruch darauf, dass bei einer noch nicht abbezahlten Immobilie zumindest teilweise die Raten vom Staat weitergezahlt werden. – Kreditzins Wer einen Teil der Anschaffungskosten finanzieren muss, hat jetzt wieder Chancen, sehr günstig Baugeld zu bekommen. Die Kreditzinsen sind in den vergangenen Wochen abgerutscht, auch langfristige Zinsbindungen liegen mittlerweile deutlich unter der 5 %-Marke. “Zu erwarten ist allerdings, dass die klammen Banken ihre Bonitätsansprüche bei den Kunden nach oben schrauben und sehr selektiv vorgehen”, sagt Ralf Nomrosky, zertifizierter Finanzplaner aus Düsseldorf. rgumente gegen den Kauf ³ – Klumpenrisiko Wenn das gesamte Vermögen oder ein Großteil davon in eine Immobilie gesteckt wird, geht man ein sogenanntes Klumpenrisiko ein. Das bedeutet: Ein Fehlgriff ist gleich ein großer, kaum zu korrigierender Fehler. “Gerade wenn eilig eine Immobilie gekauft wird, kann es leicht passieren, dass man eine schlechte Gegend erwischt oder ein Objekt mit vielen Macken”, warnt Nomrosky. Die Faustregel: Vor allem auf eine gute Lage achten, Ausstattung lässt sich nachträglich noch verbessern. – Wertentwicklung Auf Jahr für Jahr verlässliche Wertsteigerungen bei Immobilien, wie es die Immobilienmakler mitunter suggerieren, sollte man nicht unbedingt setzen. In den vergangenen Jahren haben Immobilienbesitzer teilweise sogar Verluste hinnehmen müssen. Ein Grund dafür dürfte sein, dass in der Euphorie der Wiedervereinigung das Preisniveau in spekulative Höhen gestiegen war, was ab Mitte der neunziger Jahre zu Preisstillstand oder – vor allem in Ostdeutschland – zu Preisrückgängen führte. Sollte es aufgrund der Finanzkrise zu einem längeren Konjunkturabschwung kommen, wären für die nächsten Jahre wegen geringer Nachfrage weitere Einbußen möglich. – Geringe Liquidität Eine Immobilie wieder zu verkaufen kann einige Zeit dauern. Wer dringend Geld braucht und sonst nichts flüssig hat, kann in die Klemme geraten. Kommt es wegen schlechterer Wirtschaftslage als Folge der Finanzkrise zu einem Konjunktureinbruch, wird es schwer werden, seine Immobilie zu einem angemessenen Preis loszuwerden. Der Immobilienkauf sollte daher als Langfristinvestition gesehen werden, nicht allein als vorübergehender Schutz fürs Vermögen. – KreditrisikoWie es mit der Finanzbranche weitergeht, welche Banken in ein paar Jahren noch am Markt sein werden, ist derzeit überhaupt nicht absehbar. Wahrscheinlich aber ist, dass die Institute mit schlechten Kreditkunden weniger Geduld zeigen werden als bisher. Bleiben Kreditraten aus, könnte die Zwangsvollstreckung viel schneller kommen, als sich der Kunde das vorstellt. Wird die Immobilie also teilweise finanziert, sollte die Kreditrate mit Luft kalkuliert sein – also noch Spielraum lassen für unvorhergesehene Ausgaben.