Immobilien

Einzelhandel wird zu Investors liebstem Kind

Im ersten Halbjahr mehr Umsatz als mit Büros - Aber großer Revitalisierungsbedarf bei Bestandsobjekten

Einzelhandel wird zu Investors liebstem Kind

tl Frankfurt – Einzelhandelsimmobilien sollten in einem gut diversifizierten Immobilienportfolio ein größeres Gewicht erhalten. Denn sie bieten attraktive Renditen, stabile Cash-flows und sind mit anderen Nutzungsarten wie Büros gering oder gar nicht korreliert. Diese Ansicht vertraten Branchenexperten auf einer Fachveranstaltung in Frankfurt.Einzelhandelsobjekte im Wert von 3,9 Mrd. Euro wurden im ersten Halbjahr in Deutschland verkauft, sagte Hanns-Joachim Fredrich vom Makler DTZ. Damit überholten sie erstmals Büros, die es nur auf 2,9 Mrd. Euro brachten. Als Gründe für diesen Trend nannte Kobe die besseren Finanzierungsmöglichkeiten, da Einzelhandelsobjekte langfristiger vermietbar seien als zum Beispiel Büros und so einen relativ sicheren Cash-flow böten. Außerdem wiesen insbesondere Fachmarktzentren attraktive Renditen auf. DTZ nennt für Berlin und Düsseldorf Anfangsrenditen zwischen 6,9 und 8 %.”Große deutsche Institutionelle sind bei Einzelhandelsimmobilien unterinvestiert und versuchen jetzt aufzuholen, stehen dabei aber im Wettbewerb mit ausländischen Investoren”, sagte DTZ-Geschäftsführer Hubertus Kobe. Als Beispiele nannte er offene und geschlossene Fonds – so erwarb Union Investment im Februar 91 % des Alexa Einkaufszentrums in Berlin -, Versicherungen (meist über Spezialfonds) und Investoren aus Großbritannien, Israel, Asien und Osteuropa. “Außerdem beobachten wir einen Anstieg der Portfoliodeals.” Schwerpunkt stimmt nichtNach Angaben von Thomas Gütle, Geschäftsführer des Investors Cordea Savills haben die deutschen Spezialfonds im Durchschnitt weniger als 20 % ihres Fondsvolumens in Einzelhandelsimmobilien investiert. Vom gesamten institutionellen Immobilienmarkt in Europa entfielen aber 30 % auf diese Nutzungsart. Nach eigenen Untersuchungen ist die Korrelation mit Büros niedrig oder negativ. “Insbesondere Einzelhandelsimmobilien in Frankreich und Großbritannien sind negativ mit den Gesamtrenditen deutscher Büros korreliert.”Schließlich sprächen für Einzelhandelsimmobilien auch die deutlich höheren Renditen. “In den vergangenen zehn Jahren lagen sie im europäischen Durchschnitt für den Anleger fast drei Prozentpunkte höher als bei Büroimmobilien.” Allerdings rangierte die durchschnittliche Gesamtrendite von Einzelhandelsobjekten in Deutschland mit etwa 4 % im europäischen Vergleich ganz hinten. Frankreich nahm mit 10 % die Spitzenposition ein.Bereits seit mehreren Jahren gebe es den Trend von der grünen Wiese in 1A-Lagen der Innenstädte. “Investoren gehen von den Großstädten in die Mittelstädte Westdeutschlands”, sagt Kobe. “Damit werden die Einkaufszentren aber auch kleiner.” In deutschen B- und C-Städten sind nach Beobachtung von Hans Volkert Volckens, des für Immobilienfonds zuständigen Geschäftsführers bei Hannover Leasing, Renditen von 5 % und mehr erreichbar, allerdings bei geringerer Fungibilität. “Deshalb sind die Objekte kleiner, also zum Beispiel statt 100 Mill. Euro nur noch 25 Mill. Euro.” So könnten auch Familien aus der Region für die Anlage gewonnen werden.Etwa 35 % der rund 400 deutschen Shoppingcenter über 10 000 Quadratmeter Nutzfläche müssen nach Angaben von Kobe in den nächsten Jahren revitalisiert werden. “Wer in Zukunft erfolgreich sein will, muss neben einer guten Lage ein besonderes Einkaufserlebnis bieten”, ist Kobe überzeugt. Als Beispiele für neue Konzepte nannte er das Modelabel Hollister, eine Tochter von Abercrombie & Fitch, sowie das britische Billigkaufhaus Primark. Hollister ist erstmals in Deutschland im Frankfurter MyZeil vertreten und will hierzulande weitere zehn bis 15 Läden eröffnen. Primark ist im Frankfurter Nordwestzentrum und in Bremen zu finden.Auch für Georg Glatzel, Gründer und Vorstandsvorsitzender der IFM Immobilien AG, sind Einkaufserlebnis und Wohlfühlambiente entscheidend für den Erfolg einer Einzelhandelsimmobilie – neben der Lage. Glatzel, der mit der IFM auf die Revitalisierung von Immobilien in guter Lage setzt und in Frankfurt die Zeilgalerie betreibt, zeigte sich enttäuscht, dass Anleger bei Fondsangeboten zu wenig auf die Drittverwendungsfähigkeit der Objekte achteten. “Ein Fonds mit Immobilien an unbekannten Orten kann nichts Gutes sein.”Aus leidvoller Erfahrung warnte Glatzel davor, einseitig auf gut dotierte, langfristige Mietverträge zu vertrauen. “Ich habe selbst erlebt, wie bisher bonitätsstarke Adressen plötzlich in Schwierigkeiten geraten sind.” Entscheidend sei vielmehr das Produkt an sich. Der Gewinn liegt im EinkaufHannover-Leasing-Manager Volckens stößt ins gleiche Horn. Für ihn sind die entscheidenden Erfolgskriterien beim Einkauf Mieterbonität, Drittverwendungsfähigkeit und nicht zuletzt ein angemessener Kaufpreis.Nach Beobachtung von DTZ-Manager Kobe hat der Widerstand der Städte und Gemeinden gegen innerstädtische Einkaufszentren nachgelassen. “Aufgrund des knappen Platzangebots gibt es in Shoppingcentern immer häufiger Wohnungen, Hallenbäder, öffentliche Bibliotheken, Kinderbetreuungsstätten und Altenheime. Ein gutes Beispiel sind die Fünf Höfe in München, wo seit 2001 die Kunsthalle der Hypo Kulturstiftung ihr Domizil gefunden hat.”