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Inflationsentwicklung erfordert taktische Anlagestrategie

Experten sind sich uneins über den weiteren Trend der Teuerungsraten - Vontobel-Studie: Vorteile für Aktien bei geringem Kaufkraftschwund

Inflationsentwicklung erfordert taktische Anlagestrategie

Von Armin Schmitz, FrankfurtDie Angst vor Inflation hat schon fast hysterische Formen angenommen. Die Wurzeln für dieses Verhalten liegen tief. Es entstammt den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Hatte zu Beginn des Ersten Weltkriegs ein Brot noch 32 Pfennig gekostet, mussten Deutsche auf dem Höhepunkt der Hyperinflation im Jahre 1923 die kaum vorstellbare Summe von 399 Mrd. Mark für das Nahrungsmittel bezahlen.Gründe für die aktuelle Furcht vor einer derartigen Beschleunigung der Teuerungsraten gibt es viele. So sind die Staatsschulden in den vergangenen Jahren explodiert, die Leitzinsen haben historische Tiefstände erreicht, und die Zentralbanken haben Milliarden in das Finanzsystem gepumpt. Doch seitdem die Konjunkturerholung weltweit an Tempo verliert, gibt es offenbar ebenso viele Marktteilnehmer, die von einer massiven Inflation ausgehen, wie Akteure, die wegen des Ausmaßes der Wirtschaftskrise eine Deflation wie seinerzeit in den frühen dreißiger Jahren erwarten.Während Rohstoffexperte Jim Rogers davon überzeugt ist, dass die aktuelle Geldpolitik den Boden für ein inflationäres Desaster bereitet, ist nach Ansicht von Thomas Steinemann von Vontobel der Zusammengang zwischen Geldmengenentwicklung und Inflation seit geraumer Zeit kaum noch existent. Die Liquiditätsüberschüsse liegen in den Bankguthaben bei den Zentralbanken und fließen nicht in die Wirtschaft. Gleichzeitig ist die Kreditnachfrage schwach. Geht es nach dem Chefstrategen von Vontobel, wird es in den kommenden Jahren zu einem Umfeld mit niedrigen Inflationsraten und leicht steigenden Zinsen kommen. “Dies gilt jedoch unter der Annahme, dass die Zentralbanken keine drastischen Fehler machen, die Exit-Strategie rechtzeitig umgesetzt wird und das Deleveraging des privaten Sektors noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird,” sagt Steinemann.Dennoch lassen Äußerungen von US-Notenbankpräsident Ben Bernanke die Interpretation zu, dass der Fed die aktuelle jährliche Inflationsrate von 1,8 % zu niedrig ist. Vor diesem Hintergrund dürfte auch das Quantitative Easing II, also die erneute Lockerung der Geldpolitik zu sehen sein.Ob es zu einer Deflation oder einer Inflation kommt, hängt nach Meinung von anderen Volkswirten davon ab, ob es noch einmal zu einer kräftigen Abkühlung der Konjunktur, einem sogenannten “Double Dip”kommt. Die amerikanische Notenbank will das mit ihrer Geldpolitik verhindern. Staatsanleihen leidenAnleger stehen also vor dem Problem, dass eine Expertenfraktion mehr Inflation erwartet, die andere eine Deflationsphase vorhersagt. Vontobel hat in einer Studie untersucht, welche Anlageklassen in inflationären und deflationären Phasen positive Rendite erwirtschaften. Dabei analysierten sie für die USA die Anlageklassen Cash, Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Aktien, Rohstoffe, Gold und Immobilien für den Zeitraum von 1900 bis heute. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass in den sechs inflationären Phasen, in denen die Jahresteuerung über 5 % stieg, Staatsanleihen am schlechtesten abschnitten, gefolgt von Gold, Cash und Unternehmensanleihen, die negative Realrenditen erzielten. Positive reale Renditen hingegen wiesen Immobilienanlagen und Rohstoffe auf. Die höchsten Erträge erzielten Aktien mit einer inflationsbereinigten Rendite von durchschnittlich knapp 4 %.Die Analyse zeigt außerdem, dass Gold kein einheitliches Bild liefert. Es gab seit 1900 drei nennenswerte Haussen. Die erste in den 30er Jahren während einer Deflationsphase, die zweite in den 70er Jahren in einer Inflation und der dritte Aufschwung seit 2002 in einem Umfeld niedriger Inflation. Deflationsperioden gab es entsprechend der Vontobel-Studie seit 1900 zwei Mal. Entsprechend der Ergebnisse sollten Anleger Anleihen von Staaten als auch von Unternehmen vorziehen, Aktien und Rohstoffe hingegen untergewichten.Egal, welche Wirtschaftsentwicklung sich in den kommenden Monaten durchsetzt: Der Anleger sollte weniger dem “Buy-and-hold”-Ansatz anhängen, sondern eine taktische Anlagestrategie verfolgen. Anleger, die steigende Inflationsraten befürchten, haben die Möglichkeit, inflationsgeschützte Anleihen, die Linkers genannten Inflation Linked Bonds, zu kaufen. Der Vorteil dieser Bonds liegt darin, dass Kupon und Rückzahlungskurs an die Inflation gekoppelt sind. Dadurch ist der Anleger gegen Inflationsrisiken weitgehend geschützt.Es gibt eine Reihe von aktiv oder passiv gemanagten Produkten, die versuchen, die Entwicklung dieser Linker abzubilden. Die Société-Générale-Tochter Lyxor bietet beispielsweise mit dem ETF EuroMTS Inflation Linked (FR0010174292) ein passiv gemanagtes Produkt an, das die Entwicklung von inflationsgebundenen Staatsanleihen der Mitgliedstaaten der Eurozone abbildet, die ein Volumen von mehr als 2 Mrd. Euro und eine Laufzeit von mindestens einem Jahr aufweisen. Der Exchange Traded Funds (ETF) wies in den vergangenen zwölf Monaten einen Gewinn von 2,5 % auf. Die Inflationsrate konnte damit mehr als ausgeglichen werden. Dabei spielt sicherlich eine Rolle, dass die Inflationserwartungen zu Kursgewinnen bei den Linkern geführt haben. Aktiv gemanagte Fonds wie der Schroder ISF Global Inflation Linked Bond I (LU0188096647) erreichten deutlich bessere Renditen als der passive Indexfonds. Seit Anfang des Jahres erwirtschaftete der Fonds eine Rendite von 10,7 %, die Ein-Jahres-Performance liegt bei 13,3 %. Zielvorgabe erfülltVon der Flucht in Sachwerte profitierte auch der Sachwerte-Fonds der DWS (DE000DWS0W32), ein Mischfonds, der in inflationsindexierte Anleihen bzw. Geldmarktprodukte, in Immobilien über offene Immobilienfonds und Reits sowie in Aktien und Rohstoffe wie Gold investiert. Zuletzt lag der Schwerpunkt des Portfolios auf Immobilienfonds. Der Goldanteil lag per Ende August bei 13 %. Der Fonds hat seit Auflegung im Oktober 2009 rund 7,3 % zugelegt. Die Volatilität liegt bei 7,4 %. Der Fonds konnte damit sein Ziel, eine Rendite zwischen langfristiger Aktien- und Anleihenanlage bei niedriger Volatilität zu erzielen, erfüllen.Von der Politik des “Easy Money” der Notenbanken hat in den vergangenen Monaten Gold profitiert. Der Feinunzenpreis hat in Dollar seit dem Jahresanfang um mehr als 17 % zugelegt. Neben dem Kauf von physischem Gold bieten Gesellschaften auch Exchange Traded Funds an, bei denen sich die Investoren das physische Gold ausliefern lassen können. So werden von der Züricher KantonalbankETF auf Gold angeboten, die in Schweizer Franken (CH0024391002), Euro (CH0047533523) und Dollar (CH0047533549) notieren. Es handelt sich dabei um Anlagefonds schweizerischen Rechts. Sie sind damit Sondervermögen. Das gesamte Kapital der Fonds ist in Gold physisch vollständig hinterlegt. Zusätzlich besteht der Schutz durch das Sondervermögen.Xetra-Gold von Deutsche Börse Commodities (DE000A0S9GB0) ist das am häufigsten gehandelte Goldprodukt an der Deutschen Börse. Es handelt es sich um eine physisch gedeckte Schuldverschreibung in Form einer Nullkuponanleihe. Jeder Anteil verbrieft einen Lieferanspruch auf 1 Gramm des Edelmetalls. Die Kosten bei Auslieferung entsprechen der Handelsspanne, die beim Direkterwerb von Gold anfällt. Die Performance der zurückliegenden neun Monate liegt bei 25,4 %. Attraktiv sind derzeit auch Aktien mit hohen Dividendenrenditen. So liegt die Dividendenrendite von Werten wie Deutsche Telekom, RWE oder Eon häufig doppelt so hoch wie die Rendite der Anleihen der selben Unternehmen. Neben der Direktanlage können die Anleger auch über Indexfonds in dividendenstarke Titel investieren. So warf der von Lyxor angebotene ETF auf den Stoxx Europe Select Dividend 30 Index (FR0010378604), der 30 dividendenstarke Werte aus dem Stoxx 600 Universum abbildet, in den vergangenen zwölf Monaten eine Rendite von 2,3 % ab. Der Euro Stoxx 50 verlor dagegen 1,4 %.