Immobilien - Gastbeitrag

Lokales Netzwerk ist in Indien entscheidend

Von Michael Müller und Nino Lavrelashvili *) Börsen-Zeitung, 1.11.2007 Indien ist einer der Zukunftsmärkte für Immobilieninvestitionen. Die Wirtschaft in Indien boomt und das Land öffnet sich mehr und mehr ausländischen Investoren - auch auf dem...

Lokales Netzwerk ist in Indien entscheidend

Von Michael Müller und Nino Lavrelashvili *) Indien ist einer der Zukunftsmärkte für Immobilieninvestitionen. Die Wirtschaft in Indien boomt und das Land öffnet sich mehr und mehr ausländischen Investoren – auch auf dem Immobilienmarkt. Die großen Herausforderungen, vor denen Indien steht, sind ohne ausländisches Kapital und Know-how kaum zu meistern. Im Gegensatz zu China ist Indiens Wirtschaftswachstum nicht primär auf Exporte zurückzuführen, sondern auf die stetig steigende Binnennachfrage. Aus diesem Grund ist Indiens Wirtschaft besser gegen weltwirtschaftliche Schwankungen und Krisen gewappnet. Viele Wohnungen fehlenDie indische Regierung will bis 2010 allen Einwohnern eine Wohngelegenheit anbieten. Zur Zeit fehlen allerdings ca. 30 Millionen Wohneinheiten. Dies entspricht einem Investitionsvolumen von ca. 57 Mrd. Euro. Nicht nur die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist enorm. Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach Bürogebäuden sich jährlich verdoppelt. Allein in der IT-Branche wird die Nachfrage nach Büroräumen in den großen Metropolen bis 2010 auf mehr als 14 Millionen Quadratmeter geschätzt. Traumhafte RenditenDer indische Immobilienmarkt lockt mit traumhaften Renditen. Um in Indien als ausländischer Investor erfolgreich zu sein, sollte der Markteintritt sehr gründlich geplant werden. Investitionen lassen sich sowohl selbst als auch mit einem lokalen Partner durchführen. Besonderes Augenmerk sollte der Auswahl des lokalen Partners, aber auch den Vertragsverhandlungen gelten. In beiden Fällen sind vor Ort kundige Berater unerlässlich, denn in Indien sind gute Beziehungen zu den verschiedenen staatlichen Behörden für ein erfolgreiches Investment entscheidend. PricewaterhouseCoopers unterhält in allen größeren Städten eine Niederlassung mit insgesamt über 4 000 Mitarbeitern. Indiens Regierung ist besonders an der Entwicklung neuer Immobilien interessiert. Aus diesem Grund sind nur Bau- und Entwicklungsprojekte von der sogenannten automatic route erfasst, d.h. bei Erfüllung bestimmter Kriterien muss der ausländische Investor keine staatliche Genehmigung einholen. Eine reine Vermietungstätigkeit ohne vorherige Entwicklung ist grundsätzlich immer genehmigungspflichtig.Ausländer können über eine 100 %-ige indische Tochtergesellschaft eine gesicherte Eigentumsposition an Grund und Boden in Indien erwerben. In China ist dies grundsätzlich nicht möglich. In Indien kann es allerdings Monate dauern, bis mit den Kaufverhandlungen begonnen werden kann. Grund hierfür ist, dass oft kleine Landparzellen in den Händen verschiedener Familien liegen, so dass als erstes geklärt werden muss, wer überhaupt die Verkäufer sind. Indische Banken können durch ihre kosteneffiziente Struktur oft bessere Konditionen anbieten und dabei sehr zuvorkommend und kooperativ sein. Darlehen, die bei einer ausländischen Bank aufgenommen werden, unterliegen hingegen gewissen Restriktionen. Außerdem sind Genehmigungspflichten zu beachten. Komplexes SteuerrechtDas Steuerrecht in Indien ist hoch komplex. Vergleichbar mit Deutschland werden Steuern auf kommunaler, Bundesstaaten- und auf Staatsebene erhoben. Außerdem fallen bei den Steuern diverse Zuschläge an. Dieses Jahr hat die Regierung ein Steuerreformpaket verabschiedet, so dass die aktuelle Körperschaftsteuerbelastung knapp 40 % auf Ebene der Tochtergesellschaft beträgt. Leider gibt es für die Immobilienbranche im Gegensatz zum Dienstleistungsgewerbe und zur Industrie noch relativ wenige Steuervergünstigungen. In den geplanten Special Economic Zones ist eine Steuerbefreiung auch für Immobilienentwickler vorgesehen.Durch eine sorgfältige Steuerplanung kann die Steuerbelastung deutlich gesenkt werden. Aufgrund eines günstigen Doppelbesteuerungsabkommens mit Mauritius wird häufig über eine mauritische Holding in indische Immobilien investiert. Allerdings ist fraglich, wie lange diese Vergünstigung noch bestehen wird, weil Indien das Doppelbesteuerungsabkommen, das diese Vergünstigung gewährt, mit der mauritischen Regierung momentan neu verhandelt. Neue Routen werden bereits untersucht. Offene Fonds eingeschränktAus deutscher Sicht ist die Investition in indische Immobilien sowohl für offene als auch für geschlossene Fonds interessant. Deutsche offene Fonds sind jedoch durch die rigiden Regelungen des Investmentrechts in der Optimierung der Investition über mehrstöckige Holdinggesellschaften eingeschränkt, da sie nur direkt oder aber über eine Objektgesellschaft investieren können. Eine Zwischenschaltung von weiteren Gesellschaften wie beispielsweise mauritische Holdinggesellschaften ist bis dato nicht möglich. Durch die Novelle des Investmentgesetzes ist eine Auflockerung dieser wettbewerbshemmenden Regelung für Spezialfonds zu erwarten. Schon jetzt ermöglichen zum Beispiel Luxemburger Fonds eine weitaus flexiblere Gestaltung der Investitionsstrategie. Geschlossene Fonds hingegen sind in der Wahl der Investitionsroute nicht eingeschränkt. Hier ist eine steueroptimale Planung mit einer mehrstufigen Struktur möglich. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der indische Immobilienmarkt eine lukrative Investitionsmöglichkeit für ausländische Investoren bietet. Um erfolgreich in den Markt einzutreten und sich behaupten zu können, sind allerdings vor Ort kundige, kompetente Partner und Berater mit einem breiten Netzwerk erforderlich. Denn das Netzwerk ist – wie auch in den meisten anderen Ländern – die Grundlage für die Entfaltung jeder wirtschaftlichen Aktivität in Indien. *) Dr. Michael Müller ist Real-Estate-Partner bei der PricewaterhouseCoopers AG in Berlin, Nino Lavrelashvili ist Indien-Expertin im Berliner Real Estate Team von PwC.