Asset Management

Markowitz gibt sich die Ehre

Wie der Begründer der modernen Portfoliotheorie aktuelle Fragen pariert

Markowitz gibt sich die Ehre

Von Christina Rathmann, Frankfurt Sein Name steht für ein Axiom des Portfoliomanagements: Harry Markowitz, der seit den fünfziger Jahren seine Erkenntnisse zur optimalen Asset-Allokation veröffentlicht, hat den Nutzen der Portfoliodiversifikation wissenschaftlich begründet. Im Jahr 1990 erhielt er für seine Arbeit zusammen mit zwei weiteren Ökonomen den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Vergangene Woche amüsierte der 80-Jährige ein weltweites Publikum, das ihn bei einer Videokonferenz zu seiner Meinung über die gegenwärtige Finanzkrise, über Spezialitäten der Kapitalmarktforschung, Sinn und Nutzen von Computermodellen sowie die Zinsentscheidung der US-Notenbank befragte. Auch in Frankfurt waren Kunden des österreichischen Hedgefondsmanagers Superfund zugeschaltet. Vorbilder Gates und Buffett Dabei schimpft Markowitz zunächst mal auf diejenigen Hedgefonds, die mit Fremdkapitaleinsatz versuchen, ihre Rendite zu hebeln. “Mit Leuten, die Leverage einsetzen, will ich nichts zu tun haben”, stellt Markowitz klar und kritisiert die “Hybris” seiner “Kollegen”, die einst mit dem kollabierenden Hedgefonds LTCM die Märkte erschütterten. “Bill Gates hat sein Geld auch nicht gemacht, indem er geleveraged hat. Und Warren Buffett investiert mit einem Anlagehorizont von einem Jahrzehnt”, analysiert Markowitz die Erfolgsrezepte seiner Vorbilder.Mit konkreten Prognosen zur Konjunktur hält sich Markowitz entspannt zurück. “Ich bin nur der Mathematiker”, hieß es auf die Frage, welche Auswirkungen ein Abschwung in den USA auf die deutsche Volkswirtschaft haben dürfte. Gefragt, was er denn von der Entscheidung der Federal Reserve Bank halte, den Leitzins um 50 Basispunkte zu senken, konnte sich Markowitz dann aber doch einen Kommentar nicht verkneifen. “Nach der alten Philosophie hieß es, die Fed sollte den Punchingball wegnehmen, wenn die Party zu wild wird – das hätten sie auch diesmal tun sollen.” Jetzt sei die Fed offenbar der Ansicht, ihr Job sei es, Liquidität bereitzustellen – ganz gleichgültig, was der Markt damit anfange. Rechtzeitig ausgestiegenEr selbst ist bei den jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten offenbar glimpflich davongekommen. “Eine Woche nach Bear Stearns habe ich alle meine Exchange Traded Funds (ETFs) verkauft”, berichtet Markowitz freimütig aus seinem privaten Portfolio. Nachdem die Probleme bei den Hedgefonds der US-Bank bekannt geworden waren, hatte der Abwärtstrend an den Aktienmärkten erst so richtig eingesetzt. Mit den ETFs habe er seine Aktienposition zwar nicht komplett aufgelöst, aber doch zu einem großen Teil. Warum er diesen Zeitpunkt zum Verkauf gewählt habe? Er habe gesehen, wie die Herde angefangen habe zu rennen, sagt Markowitz. “Ich werde in den Markt wieder einsteigen, wenn die Herden anfangen, sich vor- und zurückzubewegen.” Was in einer solchen Marktphase geschieht, illustriert er mit der Aussage des schottischen Publizisten Charles Mackay, der Mitte des 19. Jahrhunderts feststellte: “Die Menschen fangen an durchzudrehen, wenn sie sich in einer Herde befinden. Zur Besinnung kommen sie nur langsam und einer nach dem anderen.” Das Herdenverhalten könne auch bei Computermodellen zum Problem werden, warnt Markowitz. Mit solchen Modellen versuchen Asset Manager, ihre Portfolien gemäß einem bestimmten Investmentansatz zu steuern. “Wenn sie funktionieren, ist es gut. Aber was passiert, wenn alle Modelle dasselbe sagen?” “Nur eine Doktorarbeit”Anfang der fünfziger Jahre arbeitete der Student Markowitz an seiner Abschlussarbeit für die Universität, die 1952 unter dem Titel “Portfolio Selection” erscheinen sollte. Ob er damals schon gedacht habe, dass seine Theorie noch Jahrzehnte später ein weltweiter Maßstab sein würde, fragt der Moderator bei der Videokonferenz den Nobelpreisträger. Der überlegt nicht lange: “Eigentlich wollte ich nur eine Doktorarbeit schreiben.”