Immobilien - Gastbeitrag

Nachbesserungsbedarf bei Solvency II und Immobilien

Börsen-Zeitung, 5.8.2010 Das auf EU-Ebene geplante Regelwerk Solvency II hat Immobilienverantwortliche bei Versicherungsunternehmen in ganz Europa nachdenklich gestimmt. Auch bei risikoarmen Investitionen in Core-Immobilien sollen künftig bis zu 25...

Nachbesserungsbedarf bei Solvency II und Immobilien

Das auf EU-Ebene geplante Regelwerk Solvency II hat Immobilienverantwortliche bei Versicherungsunternehmen in ganz Europa nachdenklich gestimmt. Auch bei risikoarmen Investitionen in Core-Immobilien sollen künftig bis zu 25 % an Eigenkapital vorgehalten werden. Für Staatsanleihen in Deutschland, aber auch in Griechenland und Portugal gäbe es weiterhin keine solchen Anforderungen.Zahlreiche deutsche Versicherer haben in den vergangenen Jahren entschieden, die meist sehr niedrigen Immobilienquoten anzuheben. Diese Neuausrichtung der Asset-Allokation bei Versicherungen führte in den letzten Jahren zu einer verstärkten Internationalisierung der Immobilienportfolios unter Nutzung indirekter Anlageformen. Allerdings zeigte sich im Zuge der Finanzmarktkrise, dass diese Anlageformen ähnlich der Aktienanlage korrelieren. Die Vermischung von Immobilien- und Währungsrisiken mit Leverage-Effekten erschwerte die Erreichung der prognostizierten Renditen zusätzlich.Die überwiegend national ausgerichtete Immobilien-Direktanlage hat sich hingegen in der Krise wegen ihrer niedrigen Korrelation mit Aktien und Anleihen als sehr sinnvoll erwiesen. Zudem kommt eine aktuelle Studie der IREBS (International Real Estate Business School) an der Universität Regensburg zu dem Ergebnis, dass bei der Optimierung von Mixed-Asset-Portfolios gerade bei längeren Anlagehorizonten Immobilien einen substanziellen Anteil ausmachen sollten. Doppelter Salto rückwärtsDaher hat sich die Immobilie bei deutschen institutionellen Investoren in den vergangenen Jahren als dritte Assetklasse etabliert. Es ist folglich nicht verwunderlich, dass viele Versicherungen ihre Immobilienquote tendenziell erhöhen möchten. Die Branche hat zudem aus den negativen Erfahrungen insbesondere mit internationalen und indirekten Immobilienanlagen während der Finanzkrise gelernt und verwendet inzwischen zunehmend quantitative Modelle, um den Immobilienanlageprozess weiter zu optimieren.Durch das geplante Regelwerk Solvency II verliert die Immobilie für Versicherungen jedoch ihren Reiz, weil teilweise deutlich mehr Eigenkapital hinterlegt werden muss als bei Anleihen. Solvency II würde somit wieder deutlich niedrigere Immobilienquoten von Versicherungen bewirken, sollte die Richtlinie 2012 in nationales Recht umgesetzt werden.Das Problem von Solvency II: Das Regelwerk ist an vielen Stellen zu schematisch. Es wird nicht auf das unterschiedliche Risikoprofil von einzelnen Immobilieninvestitionen eingegangen. Alle Immobilien werden pauschal gleich behandelt. Bei Unternehmensanleihen hingegen ist eine abgestufte Regelung geplant: Bei einem “AAA”-Rating müssen nach derzeitigem Stand 5,5 % an Eigenkapital unterlegt werden, bei einem “BBB”-Rating 10,5 % und bei einer Bonität von “B” oder darunter 31,5 %.Wie bei den anderen Assetklassen kann auch bei Immobilien nach Risikostufen unterschieden werden. So gibt es einerseits Immobilien, bei denen eine Unterlegung von 25 % an Eigenkapital nicht ausreicht. Auf der anderen Seite existieren aber auch Objekte, die deutlich unter diesem Wert liegen dürften. Benachteiligte AnlageklasseDas Risiko einer Immobilienanlage hängt von zahlreichen Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem der Standort und die Nutzungsart. Eine Immobilie in Deutschland hat nicht dasselbe Risikoprofil wie eine Immobilie in Asien. Ein Büroobjekt muss mit mehr Eigenkapital unterlegt werden als eine Wohnimmobilie. Ein Hotel kann nicht mit einem Shoppingcenter gleichgesetzt werden.Das mit Immobilien einhergehende Risiko zu bestimmen ist nicht so einfach wie bei anderen Assetklassen. Häufig fehlen für interne Modelle der Versicherungen Immobilienindizes, die als verlässliche Basis herangezogen werden können. Dieses Manko darf der Assetklasse Immobilie jedoch nicht zum Nachteil gereichen.Von Solvency II würden nach aktuellem Stand Staatsanleihen insbesondere aus Ländern wie Portugal und Griechenland sowie Unternehmensanleihen der oberen Bonitätsstufen profitieren – Aktien und Immobilien würden jedoch benachteiligt. Es ist wichtig, dass alle Assetklassen gleichbehandelt werden und dadurch keine Marktverzerrungen entstehen können. Dazu gehört es, Immobilieninvestitionen wie auch alle anderen Assetklassen nur entsprechend ihrem Risiko mit Eigenkapital zu unterlegen. Diesen Aspekt sollte der Gesetzgeber berücksichtigen, wenn auf Basis der Ergebnisse der fünften quantitativen Auswirkungsstudie Anfang 2011 die endgültigen Parameter für die Eigenkapitalanforderungen festgelegt werden.