Immobilien

Notverkäufe dominieren europäischen Hotelmarkt

In Europa ist inzwischen jede zweite Transaktion im Übernachtungsgewerbe ein "distressed sale"

Notverkäufe dominieren europäischen Hotelmarkt

Von Ulli Gericke, BerlinLange orakelte die Immobilienbranche über kurz bevorstehende Notverkäufe. Aber nichts geschah. Seit Ende 2009 dominieren sie den europäischen Hotelmarkt, beobachtet Cushman & Wakefield Hospitality. Auch für Deutschland schwant Jones Lang LaSalle Böses. Nachdem in den Boomjahren eine Vielzahl von Hotelimmobilien kurz- und mittelfristig finanziert wurden, sei 2010 Refinanzierungsbedarf zu erwarten, prognostiziert Ursula Kriegl, Executive Vice President Hotels bei LaSalle Deutschland. “Die derzeitige Marktlage ist in diesem Zusammenhang kritisch zu sehen, da die unter Druck stehende Hotelperformance zu niedrigeren Beleihungswerten führt und sich auch Loan-to-Value-Ratios entsprechend verändert haben.” Sofern kein zusätzliches Eigenkapital vorhanden sei und die Banken auf der Rückführung ihrer Kredite bestünden, könnten sich einige Investoren gezwungen sehen, ihre Immobilien zu veräußern, nachträglich Eigenkapital einzubringen oder schlimmstenfalls Insolvenz anzumelden, fürchtet Kriegl.Im näheren Ausland scheint man schon einen Schritt weiter zu sein. Notverkäufe stellen inzwischen die Hälfte aller Hoteltransaktionen in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA), registriert Cushman & Wakefield – wobei die “distressed sales” Ende 2009 “signifikant” hochschnellten. Der Immobiliendienstleister erwartet einen weiteren Anstieg 2010 – weil große, im Jahr 2005 erworbene Portfolien refinanziert werden müssen. Einen Vorteil hat das Ganze: Die Notwendigkeit, Hotelkredite aus der Zeit, als der Markt bullish war, zu refinanzieren, werde zu einem Wiederaufleben der Transaktionen in den nächsten zwölf Monaten führen, erklärt Nick Pattie, Managing Director von Cushman & Wakefield. “Wir haben eine nennenswerte Zahl von gut finanzierten Investoren, die ungeduldig gerade solche Gelegenheiten erwarten.” Schwierige FinanzierungenInsgesamt kollabierte das Investitionsvolumen bei Hotels im EMEA-Raum um die Hälfte auf 3,2 Mrd. Euro, heißt es weiter; 2007 waren noch 19,8 Mrd. umgeschlagen worden worden. Knapp ein Drittel des Transaktionsvolumens entfiel mit 935 Mill. Euro auf Großbritannien. In Deutschland waren es nur noch 338 Mill. Euro, nach knapp 1 Mrd. 2008 und jeweils mehr als 2,2 Mrd. in den Boomjahren 2006 und 2007, ermittelte Jones LaSalle. Nicht nur Übernachtungen in Hotels, sondern auch Verkäufe von Hotelimmobilien müssten mit einem reduzierten Umsatzsteuersatz beglückt werden, um das weggebrochene Transaktionsvolumen auszugleichen, scheint es.Wie auch im EMEA-Raum klappte das Interesse von ausländischen Investoren vor allem aus den USA zusammen, die hierzulande gerade noch ein Fünftel aller Käufe finanzierten – nachdem sie in den Jahren zuvor den Hotelmarkt noch klar dominierten. Für 2010 rechnet Jones LaSalle mit einem zunehmend dynamischeren Geschehen bei den Hotelinvestments. Größere Finanzierungen seien aber nach wie vor “schwierig bis gar nicht zu realisieren”.